Ein Spiel auf Zeit am Gritscheneck

25.02.2009 | Stand 03.12.2020, 5:10 Uhr

Schrobenhausen (mck) Was den Erhalt der Kastanien am Gritscheneck betrifft, sind sich die Firma Höcht und die BN-Ortsgruppe alles andere als einig. Nach einem Besuch der Naturschützer im Rathaus – mit 200 Unterschriften im Gepäck – sitzt Bürgermeister Karlheinz Stephan nun zwischen den Stühlen.

Den vier Kastanien am Gritscheneck, Erinnerungen an den ehemaligen Gritschenbiergarten und die mit einem geschätzten Durchmesser von bis zu 160 Zentimetern vielleicht größten Kastanien Schrobenhausens, droht offenbar die Säge. Dagegen will sich der Bund Naturschutz (BN), Ortsgruppe Schrobenhausen, mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln zur Wehr setzen. Die Bäume, die auf einem Grundstück der Firma Höcht stehen, seien nach Angaben von Diplom- Landschaftsplanerin Renate Schwäricke vom BN „ortsbildprägend“, da sie „ein schönes Ensemble mit der Vorstadtkirche bilden“. Die Firma Höcht auf der anderen Seite teilte dem Landratsamt nun offenbar schriftlich mit, dass die Bäume bis Ende Februar gefällt werden sollen – einer Anregung des Landratsamtes zum Trotz, damit noch zu warten, bis im Frühjahr oder -sommer gesicherte Erkenntnisse über ein dort vermutetes Fledermausquartier vorlägen.

Zweifel an Gutachten

Grundlage einer bestehenden Fällgenehmigung ist nach Angaben der BN-Ortsgruppe ein von der Firma Höcht in Auftrag gegebenes Gutachten über die Erhaltenswürdigkeit der Bäume im Hinblick auf die Verkehrssicherheit. An diesem Gutachten üben Schwäricke und BN-Ortsvorsitzende Brigitte Streber nach Einsichtnahme Kritik. Es bestünden „massive Einwände gegenüber den getroffenen Aussagen, dass alle vier Bäume“ gefällt werden müssten. Einer davon ist laut Schwäricke „wirklich marode, gefährlich und muss weg“. Die anderen seien aber durchaus gesund und erhaltenswert. Das Gutachten sei in ihren Augen in vielen Punkten zu oberflächlich und gehe auf Dinge wie Alter, Gesundheit, Seltenheit, historischen Bezug und den ortsbildprägenden Charakter der Kastanien gar nicht ein – und habe außerdem den Beigeschmack eines „Gefälligkeitsgutachtens“.

Rettender Aufschub

Eine drohende Fällung der Kastanien zum Monatsende will die unter Zeitdruck geratene BN-Ortsgruppe nun verhindern. Die Naturschützer spielen auf Zeit und übergaben gestern bei einem Besuch im Rathaus 200 teils kurzfristig gesammelte Unterschriften an Schrobenhausens Bürgermeister Karlheinz Stephan: Würde Stephan den Bäumen einen Ortsbild prägenden Charakter zusprechen oder zumindest soweit Schützenhilfe signalisieren, dass er sich dem Landratsamt nicht in den Weg stellen wolle, könnte dieses die Fällgenehmigung vorübergehend aussetzen und ein neues Baumgutachten in Auftrag geben – darauf hat sich die BNOrtsgruppe nach eigenen Angaben mit dem Landratsamt verständigt. „Dann muss Frau Höcht den Weg gehen, den alle anderen Bürger auch gehen müssen“, betonte Schwäricke. Gemeint sind damit Ausgleichspflanzungen für den gerodeten Baumbestand.

Der Bürgermeister, der zwischen den Stühlen des Naturschutzes und seiner Parteikollegin und Bezirksrätin Annemarie Höcht sitzt, drückte sich in der Frage diplomatisch aus: „Wir werden sorgfältig abwägen.“ Er verwies darauf, dass es sich um Bäume auf Privatgrund handele und die Firma Höcht ebenfalls eine eigene Argumentation in der Sache habe. Ein kleines Zugeständnis machte er den Naturschützerinnen dann doch: „Wenn der Landrat Stopp sagt, werde ich mich nicht dagegen spreizen.“ Er wolle in der Frage mit Landrat Roland Weigert in Verbindung treten. „Ich bin für ein Moratorium, bis die Sachlage geklärt ist“, sprach sich Stephan für einen Aufschub der Fällung aus.

Wie die Absprache zwischen Stephan und Weigert ausgeht und ob drei der vier Bäume noch eine vielleicht rettende Schonfrist bekommen, bleibt abzuwarten. Schwäricke zeigt solange Kampfgeist: „Wenn das weiter geht, habe ich gar keine Probleme, mich an die höhere Landesplanungsbehörde zu wenden.“ Auch wolle sie im Zweifelsfall dafür kämpfen, dass die Kastanien sogar als Naturdenkmal anerkannt werden.