Schrobenhausen
Ein Haus für Kinder

Vor 125 Jahren wurde die Katholische Waisenhausstiftung Schrobenhausen gegründet

16.11.2018 | Stand 02.12.2020, 15:14 Uhr
  −Foto: Wöhrle, Katholische Waisenhausstiftung Schrobenhausen

Schrobenhausen (SZ) Das Kinder- und Jugendhilfezentrum St. Josef kann heuer auf eine 125-jährige Geschichte zurückblicken. Es wurde im Jahr 1893 als Kinderheim von der Katholischen Waisenhausstiftung Schrobenhausen gegründet. Die Stiftungsurkunde mit Datum vom 18. Dezember 1893 wurde vom damaligen Stadtpfarrer Josef Linsenmeyer unterzeichnet, der das Projekt maßgeblich vorangetrieben hatte.

Es war ein langer Weg vom damaligen Waisenhaus, in dem in erster Linie elternlose Kinder untergebracht waren, bis zur heutigen Einrichtung, in der derzeit ausschließlich Kinder und Jugendliche aus belasteten Familien leben. Stadtpfarrer Linsenmeyer hat den Plan, für die Waisenkinder der Stadt ein eigenes Haus zu erwerben, über viele Jahre verfolgt. Als die Gründungsurkunde für die Waisenhausstiftung unterzeichnet wird, steht bereits ein Gebäude für die künftige Einrichtung zur Verfügung: das Anwesen Nummer 210, ein neben der Jakobskirche gelegenes Haus, das im Jahr 1977 abgerissen wurde. Die Waisenhausstiftung hatte es für 14000 Mark gekauft. Jedoch vergingen Jahre, bis das Waisenhaus die ersten Kinder aufnehmen konnte. Erst 1898 wurde es in Betrieb genommen und gehörte von da an zu den wichtigsten sozialen Einrichtungen der Stadt.

Im Jahr zuvor war ein Vertrag mit den Mallersdorfer Schwestern abgeschlossen worden, in dem ihnen die Leitung des Hauses übertragen wurde. Im Dezember 1898 nahmen die ersten beiden Schwestern die Arbeit auf. In den drauffolgenden Jahrzehnten hat das Kinderheim St. Josef neben ruhigen Phasen auch unruhige Zeiten erlebt, vor allem die zwei Weltkriege mit ihren Notzeiten und die Jahre des Nationalsozialismus.

War die Zahl der aufzunehmenden Kinder bei Inbetriebnahme des Waisenhauses auf zehn beschränkt, so werden heute 110 Kinder und Jugendliche in St. Josef versorgt. Das Haus, das seit 1968 in einem großen, dreigeschossigen Gebäude am Schleifmühlweg betrieben wird, hat sich komplett verändert. Als Kinder- und Jugendhilfezentrum bietet es stationäre, teilstationäre und ambulante Hilfen im Bereich der Erziehungshilfe sowie auch Eingliederungshilfe an. Die zuletzt noch verbliebenen Mallersdorfer Schwestern sind im Jahr 2010 abgezogen worden. Zuvor war die Einrichtung schwer unter Beschuss geraten, als bekannt wurde, dass Bischof Walter Mixa während seiner Zeit als Schrobenhausener Stadtpfarrer Prügelstrafen praktiziert und Stiftungsgelder zweckfremd verwendet hatte.

Diese schwierigen Jahre sind vorbei. Der neue Leiter der Pfarreiengemeinschaft Schrobenhausen Georg Leonhard Bühler, der als Stadtpfarrer demnächst im Stiftungsvorstand den Vorsitz übernehmen wird, ist stolz auf das Werk, das der frühere Stadtpfarrer Josef Linsenmeyer auf den Weg gebracht hat. "Ich freue mich, dass einer meiner Vorgänger diese Stiftung ins Leben gerufen hat", erklärt er. "Ich habe in der kurzen Zeit, in der ich hier bin, bereits erfahren, dass St. Josef eine ganz wichtige Funktion für benachteiligte Kinder und Jugendliche und ihre Familien ausübt. Es hilft Kindern, den Weg in ein selbstbestimmtes Leben zu finden."