Schrobenhausen
Ein "Dienstleister an der Gesellschaft"

22.10.2018 | Stand 02.12.2020, 15:24 Uhr
Stephan Witetschek hat sich als Vorsitzender der KEB im Landkreis Neuburg-Schrobenhausen einiges vorgenommen. −Foto: mbs

Schrobenhausen (mbs) Vor einem Dreivierteljahr übernahm Stephan Witetschek den Vorsitz der Katholischen Erwachsenenbildung im Landkreis Neuburg-Schrobenhausen. Für seine Ziele in der KEB hat er fest umrissene Vorstellungen.

Seit Jahrzehnten ist der Name Witetschek in Schrobenhausen etabliert. Die Familie kam 1946 durch die Vertreibung aus dem Sudetenland in die Stadt, die zwei Söhne waren bald bekannt. Erich Witetschek gehörte der Gewichtheber-Mannschaft an, die 1959 den deutschen Meistertitel nach Schrobenhausen holte, gründete bald danach seine Schreinerei mit Möbelhaus und war viele Jahre Vorsitzender des FC Schrobenhausen. Helmut Witetschek studierte, machte sich als Hochschullehrer an der Katholischen Universität Eichstätt einen Namen und engagierte sich in Schrobenhausen ehrenamtlich im Historischen Verein und im Kreisbildungswerk, so hieß einst die heutige KEB.

Mit Stephan Witetschek steht nun ein gebürtiger Schrobenhausener, Jahrgang 1977, an der Spitze. Nach dem Abitur am Gymnasium Schrobenhausen studierte er in Eichstätt, Augsburg, Rom und München und wurde zum Doktor der Theologie promoviert. Mittlerweile ist er habilitiert für das Fach Neutestamentliche Exegese und ist Privatdozent an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Ludwig-Maximilians-Universität in München.

Stephan Witetschek sieht die KEB als "Dienstleister an der Gesellschaft", um dort die relevanten Themen der Zeit sinnvoll zu erörtern. Er spürt "Freude daran, etwas zu organisieren" und tut das mit der Perspektive, dass nicht nur "der Ehrgeiz des Anfangs" zu Plänen und Ideen verleitet.

Man muss das Publikum gewinnen! Im Gegensatz zur Schule, so seine Meinung, die für Schüler eine Pflichtveranstaltung ist, kommt das Publikum der Erwachsenenbildung aus freien

Stücken. Man müsse Themen setzen, mit denen ein kirchlicher Träger in der heutigen Zivilgesellschaft über den eigentlichen kirchlichen Raum hinauszuwirken kann. Dabei gelte es, auch kirchenfernes Publikum zu erreichen: "Wir müssen erkennen, was relevant ist und dann Orientierung vermitteln." Dazu ergänzt er: "Die kirchliche Erwachsenenbildung hat nicht die Aufgabe der Seelsorge, bietet aber auch religiöse Bildung an."

Es gibt genügend Themen in der Gesellschaft, die in der KEB diskutiert werden können: Ob Organspende und weitere medizinische Möglichkeiten - schnell kommen diese Themen mit Fragen der Ethik in Berührung. Zu den Kernaufgaben der KEB zählen seit jeher Themen der Lebensgestaltung, Vorträge zu Familie und Erziehung. Viele neue Fragen drängen sich auf: Wie schafft man den Übergang in den Ruhestand? Die Altersstruktur der heutigen Gesellschaft fordert neue Initiativen.

Weniger begeistert ist Witetschek von der allgemeinen "Wohlfühlschiene", die sich der Esoterik annähert. Das heißt nicht, dass der Bereich der Spiritualität zu vernachlässigen sei. Doch ist zu beobachten, dass unter diesem Etikett auch viel Halbseidenes im Umlauf sei. Hier, so Witetschek, "dürfen wir auch einmal Spielverderber" sein und Themen wie etwa Selbstoptimierung kritisch diskutieren.

Die Historie - wohl auch Vermächtnis des Vaters - ist dem KEB-Vorsitzenden sehr nahe. Derzeit stehen Vortrags- und Gesprächsabende zur Betrachtung des Jahres 1918 an, zu Kriegsende und Revolution: "Die Vorkommnisse jener Jahre sind heute relevant; damals begann eine Polarisierung der Gesellschaft, die uns heute noch verfolgt." Am 29. Oktober spricht Michael Appel auf der Basis seines Buches "Die letzte Nacht der Monarchie", ergänzt durch Recherchen über die Verhältnisse jener Zeit in Schrobenhausen. Anfang November folgt ein Gesprächsabend zum TV-Film "Gewaltfrieden", der den Weg zum unseligen Versailler Vertrag darstellt. In diesen Themenkreis gehört im Frühjahr 2019 noch der Vortrag von Hans-Otto Seitschek von der LMU in München, der die Frage nach dem "starken Mann in der Politik" verfolgt, eine Thematik, die in den letzten Jahren wieder ungeahnt aktuell wurde. In solchen Fragen, so Witetschek, könne es von Vorteil sein, dass die Kirche zwar einen eigenen Standpunkt und eine intellektuelle Tradition besitzt, aber nicht unmittelbar am politischen Geschehen beteiligt ist. Hier könne die KEB tiefgründiger ansetzen und auch philosophisch reflektieren.

Darüber hinaus soll möglichst vielfältig die kulturelle Bildung gepflegt werden, beispielsweise mit Vorträgen zur Kirchenmusik. Auch die traditionellen Halbtagsfahrten nach München, meist mit Museumsbesuchen, werden im nächsten Jahr fortgeführt. Witetschek ermuntert auch die Mitgliedsgremien der KEB, die Pfarreien und katholischen Vereine und Verbände, ihre Angebote zu pflegen und sichtbar zu machen. "Dort liegt ein wichtiges Potential", sagt er. Nicht nur die Eltern-Kind-Gruppen sind aktiv, auch Vorträge stärken in den Pfarreien das kirchliche und kulturelle Leben.

Zu den immerwährenden Aufgaben eines Vorsitzenden gehört die Aufrechterhaltung der Organisation. Sorgen macht allen Verantwortlichen die weiter anwachsende Bürokratie. Auf der anderen Seite, so Witetschek, stammt der wesentliche Teil zur Finanzierung der Erwachsenenbildung aus Zuschüssen der öffentlichen Haushalte, also aus Steuermitteln. Das Geld kommt zum größten Teil vom Staat, einiges von Städten und Landkreisen, sodass die Kontrolle durchaus gerechtfertigt ist. In der Vergangenheit handelten sich einige Bildungswerke Schwierigkeiten ein mit Veranstaltungen, die nicht der Bildung, sondern der Pflege von Hobbies dienten.

Zu den Problemen der Organisation im Landkreis gehören die Pole Neuburg und Schrobenhausen. Die Geschäftsstelle der KEB befindet sich im Regionalzentrum in Schrobenhausen; für Neuburg besteht nach langer Zeit wieder die Perspektive, einen festen Ansprechpartner zu installieren. Und dann ist da noch das Thema Werbung. Es gibt kein gedrucktes Programmheft mehr, aber unter der Internetadresse keb-neuburg-schrobenhausen .de sind alle Informationen einzusehen.