Schrobenhausen
Dieser Mann hatte das neue Diesel als erster

Nico Zieglmeier investiert in eine Innovation, von der noch nicht klar ist, wann sie sich wirtschaftlich rechnet

16.09.2020 | Stand 02.12.2020, 10:33 Uhr
Nico Zieglmeier tankt neuen R33-Blue-Diesel. Er ist war der erste Anbieter in ganz Bayern. −Foto: SZ

Schrobenhausen - Dass einer Benzin im Blut hat, sagt man ja gerne über Motorsportler. Es geht aber auch anders. Auf Nico Zieglmeier aus Schrobenhausen trifft das auch zu, obwohl er keine Schlagzeilen macht, weil er über Rennstrecken braust. Er ist in eine Familie hineingeboren, bei der sich alles um Benzin dreht. Oder genauer: um Treibstoffe. Die Leidenschaft dafür, die Begeisterung für Technik und Innovation, ist scheinbar ansteckend. Zurzeit investiert Nico Zieglmeier in neue Produkte, die sich gerade aufmachen, den Markt zu erobern. Ob sich damit tatsächlich Geld verdienen lässt, wird sich erst noch herausstellen.

So ist das, wenn man von einer Idee überzeugt ist: "Dann muss man halt einfach machen", sagt Nico Zieglmeier und lächelt. Die Verantwortung für das Unternehmen bekam er von heute auf morgen. Im Jahr 2000 kam Vater Max bei einem tragischen Unfall ums Leben. Gemeinsam mit Mutter Ulrike übernahm er und legte los. Jung. Mutig. Unkonventionell. Bereit, auch mal etwas Neues auszuprobieren, auch wenn nicht sofort klar war, wohin die Reise gehen würde. Jetzt, wo sich die ganze Branche neu erfinden muss, wo die Mobilität, wie man sie bis vor ein paar Jahren kannte, komplett infrage gestellt ist, ist das die neue Gegenwart für viele.

Alles spricht von E-Mobilität - die Zulassungszahlen geben diesen Stellenwert aber (noch) nicht wieder. Das Autoland Deutschland hängt an den Werten, die sich über Jahrzehnte entwickelt haben. Fahrkultur, Pferdestärken, Schrauberkult. Es scheint sich noch eine Weile hinzuziehen, bis zur vielfach herbeigeredeten emissionsfreien Realität. "Es gibt aber etwas, was man jetzt schon tun kann, um die Umwelt und die Ressourcen zu schonen", sagt Nico Zieglmeier, und das sind neue, innovative Kraftstoffe. Sie können die Autos antreiben, die jetzt in der Garage stehen, die jetzt Autofahrers Herz höher schlagen lassen, die aber die Umwelt weit weniger belasten als konventioneller Sprit.

Nico Zieglmeier bietet solche neuen Kraftstoffe an seinen Tankstellen an - als einer der ersten in Deutschland. Als er neulich seine R33-Diesel-Zapfsäule in Betrieb nahm, war er sogar der erste in Bayern überhaupt. Corona sorgte dafür, dass das ein wenig unterging; die Innovation gibt es dennoch.

Warum nicht sofort alle Selbstzünder-Fahrer sofort darauf anspringen? "Natürlich gibt es erst einmal eine gewisse Zurückhaltung, wenn etwas Neues auf den Markt kommt", sagt Nico Zieglmeier, "das ist ja völlig normal."

Seit Mitte der 50er Jahre betreibt die Familie Zieglmeier Tankstellen. Skepsis der Kunden bei Veränderungen hat die gesamte Firmengeschichte begleitet. Bio-Diesel. E10. Ob das dem geliebten Auto auch wirklich nicht schadet? Viele Autofahrer haben solche Innovationen mit Argusaugen zunächst nur aus der Distanz wahrgenommen.

Nicht so Nico Zieglmeier. Er glaubt fest an die Möglichkeiten neuer, ökologisch verbesserter Kraftstoffe. Beispiel R33: Ein Drittel des Treibstoffes wird aus Rest- und Abfallstoffen gewonnen. Der CO2-Ausstoß wird um mindestens 20 Prozent reduziert. Zudem ist R33-Diesel ganzjährig winterfest. "R33 kommt jetzt auf den Markt, ganz neu ist das aber trotzdem nicht", sagt Nico Zieglmeier. Biodiesel, sagt er, ist inzwischen seit 13 Jahren fester Bestandteil im Dieselkraftstoff. "Durch die Nutzung solcher regenerativen Komponenten entsteht ein geschlossener C02-Kreislauf", sagt er. Anders als bei mineralischem Diesel steige der CO2-Gehalt bei Biodiesel in der Atmosphäre nicht weiter an. Aber: "Der Anteil von Biodiesel lässt sich nicht beliebig erhöhen, derzeit liegt er bei bis zu sieben Prozent." Bei R33 wohl schon, und zwar bis zu 33 Prozent. "Da wird eine paraffinische Komponente eingesetzt, die fast schon einem synthetischen Kraftstoff gleicht", sagt Zieglmeier. Seit Januar 2018 wird R33 Blue Diesel vom Energiekonzern Shell hergestellt und unter anderem an Werkstankstellen von Volkswagen eingesetzt; auch Bosch stellte firmeneigene Tankstellen um. Vorausgegangen war ein zweijähriges Kooperationsprojekt an der Hochschule Coburg mit über 20 Projektpartnern, bei dem der neue Premiumkraftstoff umfassend getestet wurde, wie Zieglmeier berichtet.

Untersucht wurden dabei Pkw, Nutzfahrzeuge sowie die Linienbusse in der Region Coburg. Ergebnis: "R33 BlueDiesel erfüllt alle technischen und gesetzlichen Anforderungen und kann als Serienkraftstoff eingesetzt werden", sagt Zieglmeier.

Er bietet diesen neuen Diesel nun an seinen Tankstellen an - aus Überzeugung. Wann sich die Investitionen, die er dafür getätigt hat, rechnen? "Ich bin selbst gespannt", sagt Nico Zieglmeier mit einem Funkeln in den Augen. Da ist er wieder, der Mann, der für das, was er tut, brennt. Er scheint wirklich Benzin im Blut zu haben.

SZ