Niederarnbachm
Der Niederarnbacher Ochse wird immer noch vermisst

Tierschützer aus dem Kreis Augsburg haben das Rind gekauft - und sie hoffen auf Hinweise zum Verbleib

02.12.2020 | Stand 23.09.2023, 15:48 Uhr
Eine Rinderweide des Vereins Rüsselheim. −Foto: Rüsselheim e.V.

Niederarnbach - Bald sind es drei Wochen, dass in Niederarnbach ein Ochse dem Tod von der Schippe gesprungen ist.

Genauer gesagt: Er entkam seinem Schlachter (wir berichteten). Seither ist der Bursche verschwunden. Aber es gibt Neues: Der Ochse hat inzwischen seinen Besitzer gewechselt.

Als der Verein "Rüsselheim - ein Ort für Tiere" von der Geschichte erfuhr, wurden die Mitglieder sofort aktiv und nahmen Kontakt mit dem Eigentümer auf. Nicht zum ersten Mal geben die Mitglieder Tieren, die sich nicht töten lassen wollen, eine Heimstatt. "Der erste, den ich seinerzeit zu uns geholt habe, war der Bazi", erzählt die Vorsitzende des Vereins, Doris Rauh. Das war 2004. Und der Bazi lebt noch heute auf einer der Anlagen des Vereins, und er ist ein wahrer Prachtkerl. Doris Rauh ist guter Dinge, dass der Bazi noch ein paar gute Jahre vor sich hat.

Sie könnte da viele Geschichten erzählen. Die von der Kuh Johanna beispielsweise, der es gelang, sich in Kaiserslautern aus ihrer Tötungsbox davon zu machen. Sie wurde gefangen, kam zum Verein - und brachte einen Monat später ein gesundes Kalb zur Welt. "Sie war also hochtragend am Schlachthof", berichtet Doris Rauh, und das sei kein Einzelfall, im Gegenteil.

Oder die Geschichte von der geflohenen Kuh Hanna, die sich einen Monat lang an der Müritz versteckte, ehe sie gefangen werden konnte. Und Geschichten von Schweinen - daher ja auch der Name Rüsselheim - gibt es natürlich auch zu Hauf. Dass Tiere, die sich vor der Schlachtung retten, wochenlang in Wäldern herumstromern, sei keine Seltenheit, erzählt Doris Rauh. Deshalb auch hat der Verein Rüsselheim aus dem Kreis Augsburg - ohne Rücktrittsrecht vom Kauf - 2500 Euro aus der Kasse für den Niederarnbacher Ochsen hingeblättert.

Manches hat Doris Rauh inzwischen über ihn in Erfahrung gebracht. Zum Beispiel, dass er noch nicht einmal zwei Jahre alt und etwa eine halbe Tonne schwer ist. "So einer hat es verdient, ein freies Leben zu haben, nach dem, was er ausgestanden hat", findet Doris Rauh. "Die Rinder sind ja nicht blöd, wenn sie in der Tötungsbox stehe, merken sie ganz genau, was los ist", sagt sie.

Nun geht es darum, den Ochsen einzufangen und auf die Vereinsanlagen zu bringen, auf dass er die Freiheit, die er sich erkämpft hat, auch bis zu seinem Lebensende genießen kann.

Aber wo ist er? In den Tagen nach der Flucht haben Polizeibeamte bei ihren Streifenfahrten ganz genau hingeschaut. Auch die Lokführer auf der Paartalbahn waren gehalten, im Bereich von Niederarnbach etwas langsamer zu fahren und auch mal einen Blick zu riskieren, ob der Ochse nicht womöglich nahe der Bahnlinie herumstromert.

Vereinzelt ist im Schrobenhausener Land auch schon gewitzelt worden, das Rind sei längst heimlich geschlachtet und verspeist - das allerdings wäre mittlerweile ein juristisches Problem, weil das Rind nunmal Vereinseigentum ist. Doris Rauh und ihre Mitstreiter gehen fest davon aus, dass hier keine Wilderer zugange waren - zumal das bei einem Tier dieser Größe auch nicht ganz einfach ist. Der Verein arbeitet übrigens mit Profi-Tierfängern zusammen, die geflüchtetes Beinahe-Schlachtvieh artgerecht betäuben.

Nun hoffen Doris Rauh und ihre Mitstreiter auf Hinweise aus der Bevölkerung: Wer kann mithelfen, den Ochsen auf der Flucht zu finden? Der Verein Rüsselheim ist per Mail an info@ruesselheim.com erreichbar.

SZ

Mathias Petry