Hohenwart
"Das Wachsen oder Weichen ist allgegenwärtig"

Die Junglandwirte Johannes Reitberger, Konny Brummer und Josef Seitz nehmen Stellung zu verschiedenen Fragen

14.10.2020 | Stand 02.12.2020, 10:21 Uhr
Die drei Junglandwirte Josef Seitz (v. l.), Konny Brummer und Johannes Reitberger. −Foto: Ammer

Hohenwart - Ihre Berufung liegt in der Landwirtschaft: In der Ausgabe vom 19. September hat unsere Zeitung die drei Junglandwirte Johannes Reitberger, Konny Brummer und Josef Seitz vorgestellt - und mit ihnen ihre Sorgen, die sie sich um die bäuerliche Landwirtschaft machen.

 

Nun haben unsere Zeitung Fragen erreicht, zu denen die drei 22-Jährigen gerne Stellung nehmen:

Stimmt es, dass ein derzeit mit 80 Milchkühen rentabler Betrieb in zehn Jahren nicht mehr rentabel ist? Können andere Milchbauern in Bayern, die ihre Betriebe mit im Durchschnitt um die 40 Milchkühe führen, nicht rechnen?

Ein Durchschnittsbetrieb mit 40 Kühen wird rund 250000 bis 300000 Kilogramm Milch im Jahr erzeugen. Bei so einem Betrieb beträgt der Gewinn in der Buchführung laut dem Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten knapp 50000 Euro. Von den 50000 Euro sind die gesamten Privataufwendungen einer Familie zu entnehmen (Lebenshaltung, Steuern, Landwirtschaftliche Sozialversicherung). Zusätzlich sollte in den Betrieb investiert werden (Eigenkapitalbildung). Beispielsweise der Bau eines neuen Güllelagerbehälters und/oder ein neuer Laufstall. Eine solche Investition kann mit der aktuellen Betriebsgröße nicht rentabel durchgeführt werden. Folglich muss der Betrieb wachsen oder er gibt auf. Ob es jetzt 100 oder 150 Kühe sind, sei dahingestellt. Mit der Aussage wollten wir lediglich verdeutlichen, dass das "Wachsen oder Weichen" und das damit verbundene Höfesterben allgegenwärtig ist.

Was ist mit den an die Flächen gebundenen hohen Agrarförderungen?

Die "Flächengebundene hohe Agrarförderung" ist in dem Gewinn von rund 50000 Euro bei dem oben genannten Beispiel schon eingerechnet. Landwirte sind gerade in Niedrigpreisphasen durchaus auf dieses Geld angewiesen. Der in der Frage genannte Durchschnittsbetrieb bewirtschaftet rund 40 Hektar. Das sind rund 12000 Euro Direktzahlungen. Wie Sie sicher sehen, ist das ein erheblicher Anteil am Gesamteinkommen der bäuerlichen Familie. Pro Hektar bekommt ein Landwirt rund 280 Euro unter Einhaltung aller Richtlinien. Diese Zahlungen sinken seit Jahren und werden auch weiterhin noch gekürzt.

Die Landwirte sagen, dass viele Molkereien Wartelisten für Verträge mit Biobauern haben. In der landwirtschaftlichen Fachpresse steht aber, dass alle süddeutschen Molkereien, die Milch aus biologisch wirtschaftenden Betrieben annehmen, neue Milchlieferanten für Biomilch suchen. Wie kann das sein?

Bis in jüngster Vergangenheit war es möglich, auf Bio umzustellen. Allerdings mit Vertragserfüllung erst im Jahr 2023. Im Moment nehmen die Biomolkereien, zum Beispiel Andechs, keine neuen Lieferanten auf. Nur in Ausnahmefällen, wenn es in der Milcherfassung einfach ist, kann es sein, dass ein Landwirt in eine Sammeltour mit einfließen kann, wenn er auf der Strecke liegt. Allgemein ist der Markt für Biomilchprodukte im Moment und für kommende Jahre bereits eingedeckt.

Die Landwirte sagen, es wäre ein Problem, die Kühe bei einer Umstellung auf einen Biobetrieb täglich durch den Ort auf die Weide zu treiben. Ein Biolandwirt muss seine Kühe aber nicht immer oder täglich auf die Weide treiben - selbst Demeterbetriebe müssen nicht, sie sollen nur. . .


Wir wollten mit der Aussage zur Weidehaltung lediglich auf die mangelnde Akzeptanz einer solchen Straßensperre und der damit verbundenen Straßenverschmutzung, die zweimal täglich stattfinden würde, hinweisen. Es ist möglich, die Tiere im Stall mit ausreichendem Platz und einem Laufhof zu halten, das ist uns sehr wohl bewusst. Allerdings muss in der Vegetationsperiode einer Grünlandfläche Frischgras gefüttert werden. Hier muss man dann täglich mit dem Schlepper durch das Dorf zur Wiese fahren und dieses holen.

Dies stellt nicht nur einen erhöhten technischen Aufwand dar, sondern ist auch gegen unser gutes Gewissen, da wir, wenn wir einen Betrieb auf biologische Landwirtschaft umstellen würden, auch einen Weideaustrieb durchführen möchten. Dabei handelt es sich um die tiergerechteste und natürlichste Haltung unserer Meinung nach. Hierzu müssten aber auch Unterstellmöglichkeiten für die Tiere gegeben sein, um sie vor starker Sonneneinstrahlung und starkem Niederschlag oder Hagel zu schützen. So wissen wir aus unseren Betrieben, dass die Tiere zwar bei leichtem Regen gerne im Freien sind, aber auch, dass sie im Sommer nur nachts, wenn es kühler ist, auf die Weide hinaus gehen.


Nahm die Nachfrage nach Bier aus biologischer Produktion zu?

In Bayern gibt es rund 200 Hektar biologischen Hopfenanbau. Weiterhin ist aber auch anzumerken, dass in Bier nur ein sehr geringer Anteil an Hopfen enthalten ist. Es sind rund 80 Gramm pro Hektoliter enthalten. Durch diesen kleinen Anteil am Gesamtprodukt, ist es möglich, das Bier als biologisches Bier zu verkaufen, obwohl kein Biohopfen darin enthalten ist. Vom gesamten Bierkonsum in Deutschland ist nicht einmal ein Prozent biologisch produziertes Bier. Eine Zunahme ist erkennbar, allerdings ist diese in absoluten Zahlen sehr gering.

Wieso sind Schweinehalter derzeit unter Druck?

Durch den Ausbruch der afrikanischen Schweinepest steht der gesamte Schweinemarkt unter hohem Druck. Dadurch ist ein Preisverfall auf 1,27 Euro pro Kilogramm Schlachtgewicht die Folge und somit jede Investition in diesem Sektor genau zu überdenken. Derzeit erwirtschaften Schweinemäster ohne eigene Zucht pro erzeugtem Mastschwein einen Verlust von rund 10 bis 20 Euro. Uns sind ebenfalls einige Schweinezucht- und -mastbetriebe bekannt, die in näherer Zukunft die Schweinehaltung stark reduzieren oder gar ganz aufgeben werden.