Schrobenhausen
Das Kino in einen Club verwandelt

Neues Album vorgestellt: The Sensational Skydrunk Heartbeat Orchestra brachten am Donnerstagabend ihr Publikum zum Tanzen

19.04.2019 | Stand 23.09.2023, 6:42 Uhr
Die Bühne ist nicht groß, die Jungs von Skydrunk haben nicht viel Platz, aber Lichtshow und reichlich Nebel sorgen für echte Clubatmosphäre. Auch Barska-Sängerin Barbara Bucbberger (o.) lieferte einen tollen Auftritt als Vorband. −Foto: Budke

Schrobenhausen (SZ) Schon bei den ersten Drumschlägen von The Sensational Skydrunk Heartbeat Orchestra springt der Funke über: Das Publikum ist am Donnerstagabend im vollbesetzten Herzoganger-Filmtheater voll dabei und feiert eine ausgelassene Release-Party zum neuen Album "Colours", das die Aichacher/ Schrobenhausener Band in diesem Monat ganz frisch vorstellt.

Aber auch die Vorband Barska begeistert.

Die junge Band um die Gerolsbacher Sängerin Barbara Buchberger bekommt nach dem einstündigen Auftritt zu recht reichlich Applaus. Die Band überzeugt mit Covern, aber auch von Buchberger selbst geschriebenen Songs. Ihre sanfte, verletzlich klingende Stimme, die manchmal einen Hauch Country-Style hören lässt, prägt die Musik von Barska sowohl in ruhigen als auch in rockigen Songs. Buchberger fühlt sich wohl auf der Bühne und das Publikum genießt den Auftritt bequem zurückgelehnt in den Kinosesseln.

Barskas letzter Song "Last Train" sagt voraus, was sich mancher Gast an diesem Abend nach dem Konzert von Skydrunk auch sagen mag: "Come on baby, let's miss the last train! " Mit diesem rockigen, locker-leichten Liebeslied sind die Weichen gestellt für den Auftritt von Skydrunk.

Zwei Fragen stellen sich im Vorfeld: Passen die acht Jungs von Skydrunk und ihr Equipment überhaupt auf die doch eher kleine Bühne im Herzog-Filmtheater und kann man im alten Kino überhaupt tanzen? Ganz einfach: Ja, passt und ja, kann man. Die Beweise sind geliefert, denn nachdem alle acht Musiker ihren Platz gefunden, ihr Instrument gestimmt haben und die ersten Töne den Kinosaal quasi erbeben lassen, stehen schon die ersten Zuhörer aus den bequemen Polstern auf und schwingen sich ein. Bereits beim zweiten Lied - dem äußerst rockigen Cover von "Tainted love" - steht beinahe das komplette Publikum und tanzt teilweise ausgelassen. Die wenigen, die sitzen bleiben, wippen auf ihren Sitzen mit. So bleibt das Bild den kompletten Rest des Abends. Es gibt keine Pausen, keine Stimmungsflaute, kein Nachlassen - weder bei den Skydrunks noch bei ihren Zuhörern. Mit farbenreicher, teilweise explosiver Lichtshow und viel Nebel wird die Clubstimmung im alten Kino perfekt.

Sänger Josef "Josh" Stadlmaier unterhält zwischen den Songs mit lockeren Sprüchen und stellt bescheiden-frech seine eigenen Fähigkeiten Frage. Als er nach "Tainted Love" doch ziemlich außer Atem ist und leicht luftschnappend meint "Wir müssen vielleicht wirklich mehr trainieren", hat er die Sympathie der Zuschauer endgültig auf seiner Seite. Deshalb erklärt er auch gleich "Wir fangen mit dem Höhepunkt an, denn wir wissen ja nicht, wie lange wir noch haben! " So stimmt die Band den Song "Vain girl" von ihrem neuen Album "Colours" gemeinsam mit der jungen Sängerin Leni an. "Es ist schwierig, wenn jemand so gut singt wie die Leni - und dann komm ich", kündigt Josh das Mädchen an und stellt seine eigenen Fähigkeiten augenzwinkernd in den Schatten.

Tatsächlich hat er Recht, denn Leni braucht gar nicht schüchtern sein - mit ihrer tollen Stimme liefert sie professionell ab vor einer Band mit erwachsenen, erfahrenen Musikern. Den Applaus hat sie sich verdient. Leni bleibt an diesem Abend nicht die einzige Sängerin: Die Skydrunks bitten Barbara Buchberger auf die Bühne. Von einem Zettel liest sie teilweise den ebenfalls neuen Song "Under water" ab - den Text kann sie vielleicht nicht auswendig, das Lied klappt aber trotzdem bestens und die Barska-Sängerin kann sich erneut begeisterten Applaus abholen.

Die Frauen auf der Bühne gefallen dem Publikum so gut, dass ein Zuschauer ruft "Endlich mal eine Frau in der WG! " Bandmitbegründer und Akkordeonspieler Andreas Hager meint, dass sei schon eine gute Frage, warum es keine Frau in der Band gebe, aber man wisse ja nicht, was das mit den Jungs mache. Dazu passe dann ja der nächste, auch wieder neue Song "Loose Control".

Ehrlich gesagt kommen die Skydrunks gut ohne weibliche Verstärkung aus. Alle Songs aus dem neuen Album sind überzeugend im eigenen Stil komponiert mit den typischen Ska-Elementen, die durch Akkordeon, Saxofon und Trompete mal jazzig, mal mit volkstümlichem Hauch ergänzt werden. Drums und Gitarren sind sehr stark und sorgen dafür, dass fast alle Songs äußerst rockig daher kommen. Die Jungs meinen, dass es besser sei, wenn die Welt bunt und vielfältig ist, das drücken sie mit ihrem Titelsong "Colours" aus.

Mitreißend ist das neue Lied "Shelter from the storm": Auch wenn Bob Dylan den Titel ja schon für sich beansprucht hat, wie Josh Stadlmaier, zugibt, findet er es wichtig, dass jeder "seine Wetterhütt`n zuhause hat". Davon handelt der Song und hat Potenzial, selber manchmal als Wetterhütt`n - als Zufluchtsort und Stimmungsaufheller - zu dienen.

Das ist sowieso das, was The Sensational Skydrunk Heartbeat Orchestra machen: viel gute Laune, lockere Stimmung und ein ausgelassenes Gefühl. Da kommt die einzige Ballade an diesem Abend und seit langem auch die einzige, die die Skydrunks überhaupt spielen, fast etwas überraschend. Hätten die Zuschauer das geahnt, hätten sie sicher Feuerzeuge zum in die Luft halten in den Taschen gehabt, denn "Love song" hätte diese Würdigung verdient. "In Untermaxfeld geschrieben - das ist ein magischer Ort", erzählt Josh, verleiht der Sänger dem Liebeslied mit seiner weichen, jugendlichen Stimme ein sanftes Flair. Doch in solcher Stimmung können die Ska-Rocker ihr Publikum natürlich nicht zu lange belassen. Mit ihrer schon berühmt-berüchtigten Version von "Don't worry, be happy", bringen sie das ganze Filmtheater nochmal richtig zum Beben - schließlich ist es das, wofür ihr Bandname inzwischen steht: Musik, zu der man einfach tanzen muss. Auch zwischen alten Kino-Polstersesseln.

Heidrun Budke