Aichach
Damit es weiter Aichacher gibt

Landkreis will mit Maßnahmenpaket Geburtshilfe am Krankenhaus stärken

08.11.2018 | Stand 23.09.2023, 4:54 Uhr

Aichach (SZ) Mit einem ganzen Maßnahmenpaket will der Landkreis Aichach-Friedberg die Geburtshilfestation am Krankenhaus Aichach stärken, dem Personalengpass entgegenwirken und eine Schließung vermeiden. Kurzfristig stehen dabei finanzielle Förderungen und Anreize für Hebammen und Ärzte im Mittelpunkt.

Wie mehrfach berichtet, musste die Geburtsstation in Aichach im Sommer wegen Personalengpässen zumachen, Gerüchte über eine drohende Schließung gibt es immer wieder. Dem wollen Landrat Klaus Metzger und der Krankenhauswerkausschuss des Kreistags nun mit dem Maßnahmenpaket entgegentreten.

So werden die 40 Euro, die der Landkreis vom Freistaat pro Geburt zur Sicherung der Geburtshilfe erhält, eins zu eins an die Hebammen weitergereicht. Für die Übernahme zusätzlicher Schichten gibt es pro Geburt weitere 40 Euro ab 1. Januar 2019. Wie Metzger in einer Pressekonferenz erklärte, hätten sich die Friedberger Hebammen bereit erklärt, bis März 2019 in Aichach auszuhelfen und den Betrieb dort zu sichern.

Kommt eine Hebamme neu nach Aichach, erhält sie vom Freistaat 5000 Euro als Starthilfe, der Landkreis legt nun noch einmal 10000 Euro drauf. Bleibt aus dem Fördertopf Geld übrig, wird das auf alle übrigen Geburten aufgeteilt.

Mit diesen Punkten soll der stationäre Dienst für Hebammen finanziell attraktiver werden. Einer der Gründe für den Engpass ist, dass viele Hebammen lieber in die finanziell attraktivere und weniger fordernde Vor- und Nachsorge als in den stationären Bereitschaftsdienst gehen. Der Landkreis hat entsprechende Maßnahmen schon länger im Auge, allerdings dauerte es, bis in München im Gesundheitsministerium geklärt war, ob die Praxis sich mit EU-Recht verträgt.

Juristische Bedenken waren auch der Grund, warum der Landkreis die Unterstützung der niedergelassenen Gynäkologen bei den sehr hohen Versicherungsbeiträgen wieder beendet hatte. Auch das ist nun geklärt, so dass in Zukunft 60 Prozent der auf die Geburtshilfe anfallenden Versicherungskosten, maximal 30000 Euro, der Fachärzte übernommen werden.

Wird das Ziel erreicht, lassen sich mehr Hebammen nieder und es gelingt vielleicht sogar, in Aichach und Friedberg jeweils einen Gynäkologen mehr anzusiedeln, dann kostet das Maßnahmenpaket knapp 300000 Euro jährlich, wovon der Landkreis etwa 250000 Euro zahlt, wie Georg Großhauser, Leiter der Abteilung 1 im Landratsamt, vorrechnet. Geld, das der Landkreis in die Hand nimmt, weil die Sicherung der Geburtsstation in Aichach "gesellschaftlicher wie politischer Wille ist", wie Metzger betont.

Er unterstreicht aber auch, dass der Landkreis hier Aufgaben übernehme, für die er nicht zuständig ist. Für die Kosten der Gesundheitsversorgung wie auch ein entsprechendes Auskommen der in ihm Beschäftigten sei eigentlich "das System", sprich: die Krankenkassen, zuständig. "Wir ziehen uns hier eine Jacke an, die uns nicht gehört", beschreibt Metzger.

Neben den finanziellen Anreizen mit der Hoffnung auf einen schnellen Erfolg setzt man mittel- bis langfristig auf die Einrichtung einer Hebammenschule im alten Krankenhaus. Die soll möglichst im September 2019 an den Start gehen.

Eine Untersuchung dazu hat ergeben, dass das Potenzial für mindestens 18 Schülerinnen im Umland vorhanden ist. "Wir sind da schon sehr weit", so Metzger. Er kündigte auch an, dass der Landkreis das anfallende Defizit übernehmen wird, bis die Schule die staatliche Anerkennung hat. Aus der Schule wird allerdings wohl nichts werden, wenn die Personalsituation nicht schon vorher verbessert wird. Sprich: Ist im März 2019 oder in absehbarer Zeit danach kein Erfolg der finanziellen Anreize sichtbar, wird es wohl zu einer Schließung der Geburtsstation in Aichach kommen, beurteilt Metzger die Lage, ohne den Teufel an die Wand malen zu wollen. Dann werde aber wohl in enger Kooperation mit der Uniklinik Augsburg eine Hauptabteilung für Geburten im Krankenhaus Friedberg eingerichtet.

Das heißt: Die Zeit, in der der Betrieb in Aichach durch die Unterstützung der Friedberger Hebammen gewährleistet ist, muss nun möglichst gut und schnell genutzt werden. Dann wird man Bilanz ziehen und sehen, ob sich positive Entwicklungen ergeben haben oder zumindest zu erwarten sind.

Wenn nicht, muss man in den sauren Apfel beißen und in einem nagelneuen Krankenhaus eine Station schließen. Wobei es noch die Zwischenlösung gibt, die Geburtshilfe zuzumachen, die Gynäkologische Abteilung aber offen zu halten und damit zumindest weiterhin geplante Kaiserschnitte zu ermöglichen. Sowohl im Landratsamt wie im Krankenhaus setzt man aber darauf, dass die in enger Abstimmung mit den Hebammen und Ärzten und vom Ausschuss einstimmig beschlossenen Maßnahmen die erhoffte Wirkung haben.

Berndt Herrmann