Schrobenhausen
Damit der Stadtrat jetzt weiß, worum es geht

Aktionsnachmittag auf dem Schrobenhausener Rinderhof nach dem Ausstieg aus der Ökomodellregion

22.09.2019 | Stand 23.09.2023, 8:41 Uhr
Der Rinderhof ist nicht der einzige Betrieb im Schrobenhausener Raum der Ökolandwirtschaft betreibt. Hier bekamen Stadt- und Gemeinderäte eine Führung, die aufzeigen sollte, was für ein Aufwand betrieben wird, um Bio-Qualität zu erzeugen. −Foto: Tyroller

Schrobenhausen (SZ) Das Nein des Schrobenhausener Stadtrats zur Teilnahme am Projekt Ökomodellregion Paartal nahmen Opfer dieser Entscheidung zum Anlass für eine Infoveranstaltung auf dem Rinderhof.

Und tatsächlich tauchten auch einige derer auf, die den Ökobauern und auch den beiden teilnahmewilligen Nachbargemeinden Waidhofen und Hohenwart mit ihrer Entscheidung eine Chance auf Unterstützung genommen hatten.

Schrobenhausens Bürgermeister Karlheinz Stephan (CSU) der sein Nein damals als Gewissensentscheidung wegen der geplanten Straßenbauten durchs Paartal bezeichnet hatte, erschien, und mit ihm ein Drittel der Stadträte quer durch die Fraktionen verteilt: Gerhard Winter und Klaus Englert (CSU), Toni Bayerstorfer und Martha Schwarzbauer (SPD), Josef Dietenhauser (DU), Rudi Koppold (FW), Franz Mühlpointner (BVS) und Christian Spreitzer (proSob). Sie stellten sich auch den Bürgermeistern aus Waidhofen und Hohenwart, Josef Lechner und Manfred Russer (beide CSU) in Begleitung einer ganzen Schar an Gemeinderäten.

Über mangelnde Annahme der Einladung konnten sich Eigentümer Till Huesmann und Pächter Max Kainz also nicht beschweren. Zusammen mit den Ökobauern, Vermarktern und Verarbeitern tummelte sich eine Menschentraube von rund 50 Leuten am Rinderhof.

Kainz bezeichnete den Rinderhof als "einen der aussterbenden Gemischtbetriebe". Die Mischung aus Ackerbau und Tierhaltung sei inzwischen selten geworden, obwohl sie eigentlich der Königsweg sei. Und von diesem Mix konnten sich die Besucher ein Bild machen.

Erste Station: Rinderweide. "Im Sommer sind die meisten Tiere auf der Weide", erzählte Kainz. Die französische Rasse Limousin gibt es hier aber auch schwarze Wagyu-Rinder, die Kainz vor zwölf Jahren als Zweiter nach Bayern holte. Inzwischen gebe es relativ viele, die das machten, "der Hype ist schon etwas verflogen. "

Zweiter Zwischenstopp: Getreidehalle. Sie wurde 2011 gebaut. "Wir machen derzeit nur Saatgetreide", sagte Kainz und erklärt den Besuchern die Maschine. Dritte Station: Kartoffellager, "seit zwei Jahren mit einer mechanischen Kühlung", fügte Kainz noch hinzu. Die sei zwingend notwendig, um die Qualität zu sichern. Schließlich möchte Kainz Kartoffeln möglichst ganzjährig liefern. Heuer habe er am 17. Juni mit den Frühkartoffeln angefangen, er schätzt, dass er noch bis Mai Kartoffeln haben wird.

Er habe gehört, dass Qualität und Menge heuer nicht überragend seien, merkte ein Besucher an. "Ich bin mit der Qualität dieses Jahr nicht unzufrieden", erwiderte Kainz. Bei den anderen Bauern fiel das Urteil ähnlich aus: durchschnittlich bis gut. Damit war das auch geklärt.

Zirka 1000 Tonnen kann Kainz im Lager unterbringen, für seine Anbaufläche definitiv zu klein sei - selbst, wenn ein Teil als Frühkartoffel vermarktet werde. Ein dezenter Hinweis darauf, dass es nicht bei einem Lager bleiben sollte. "Wenn wir ein Kartoffellager bräuchten, dann doch wohl in Schrobenhausen", ergänzte Till Huesmann. Und wo schon das Gemeinschaftsdenken angesprochen war, fügt Kainz hinzu, er würde es begrüßen, wenn es eine Biokartoffelerzeugergemeinschaft gäbe.

 

Fehlte es den Biobauern an der Lobby?

Schrobenhausen (tta) Gesprächsstoff gab reichlich beim Aufeinandertreffen von Kommunalpolitikern mit den Ökobauern am Rinderhof bei einer Gesprächsrunde, die für mehr Verständnis sorgen sollte.


Die Ökobauern erklärten, dass es gar nicht so einfach war, die konventionelle Landwirtschaft hinter sich zu lassen. Dieser Punkt verbindet die Bauern Gerhard Stegmeir (Edelshausen), Alexander Fuchs (Schrobenhausen), Franz Schmidmeier (Altenfurt), Stefan Horsch (Högenau) und Martin Konrad (Regens Wagner) größtenteils: Bei den meisten hatte sich die älteren Generationen erst einmal gegen eine Umstellung gesträubt.

Viele Landwirte hätten schlichtweg Angst davor, berichtete auch Rinderhof-Betreiber Till Huesmann. Der bürokratische Aufwand und auch der Vermarktungsaspekt spielten da rein. "Ich glaube, wenn es einige Betriebe vormachen, dann nimmt das vielen die Ängste", zeigte er sich überzeugt.

Wie man Gemüse aus dem ökologischen Landbau in Schrobenhausen attraktiv machen könnte, schlug Alexander Fuchs vor. Es gebe Städte, in denen bei Festen bereits ein gewisser Bioanteil vorgeschrieben sei. Am Münchener Tollwood-Festival werde sogar zu 100 Prozent Bio verkauft wird. "So etwas könnte man auch in Schrobenhausen anstreben", brachte er den Ball ins Rollen, man könne ja mal mit fünf oder zehn Prozent anfangen. "Warum müssen wir das vorschreiben? ", warf Hohenwarts Bürgermeister Manfred Russer (CSU) ein, "können wir denn nicht an die Vernunft der Menschen appellieren? " Nein, wurde geraunt.

Gregory Wiesbeck, der beruflich im Vertrieb ökologischer Lebensmittel tätig ist, schlug vor, dass jeder, der bei solchen Festen einen Gastrostand habe, ein Bio-Produkt im Angebot haben müsse, Bio-Wein, Bio-Bier oder Bio-Cola, etwas zu essen - egal. "So eine Vorschrift kann die Stadt gerne machen", sagt er. "Dann sieht man, was passiert", meint er. "Die Nachfrage an Bio-Produkten ist da", zeigte sich Martha Schwarzbauer (SPD überzeugt. Auf dem Pfaffenhofener Volksfest seien die Bio-Gockel nämlich immer sofort ausverkauft gewesen.

Dass der Anfang längst gemacht ist, bestätigte Andreas Hopf, Geschäftsführer der Vermarktungsgesellschaft Bio-Bauern mbH. "Unsere drei Landkreise, Neuburg-Schrobenhausen, Pfaffenhofen und Aichach-Friedberg haben schon seit vielen Jahren eine relativ starke Verarbeitungs- und Vermarktungsschiene im Ökobereich, mit relativ viel Umsatz, mit relativ viel Wertschöpfung, mit relativ viel Personal. " Der Bioanteil werde sich in den drei Landkreisen deutlich entwickeln, ist er sich sicher "und eine kleine Impulsgeschichte ist natürlich diese Ökomodell-Region Paartal. "

Da war es also, das Stichwort - "Ökomodellregion Paartal" - das die ganze Zeit über schon in der Luft hing. Da meldete sich Schrobenhausens Bürgermeister zu Wort. Wäre es nicht Andreas Hopf gewesen, hätte er es selbst angesprochen, sagt Karlheinz Stephan (CSU): Warum das Projekt in Schrobenhausen in den Wind geschossen wurde, "das wollen wir heute nicht wieder durchkauen", sagte er, tat es dann aber doch: Es gäbe "sehr sensible Straßenbauvorhaben und auch widerstreitende Interessen", weswegen das Thema heftig in der Diskussion sei.

Es ehre, so Stephan weiter, die Initiatoren, dass sie ihr Thema mit Vehemenz verteidigen würden. Dazu könne er nur eines dazu sagen: "März 2020! " - der Zeitpunkt der Kommunalwahl also.

Es sei immer eine Frage, wie die Lobby im Stadtrat sei, fuhr Stephan fort, denn auch Landwirte bräuchten im politischen Entscheidungsgremium eine Lobby. Und hier stehe ja einer, der vormacht, wie es gehen könne, sagte Stephan und spielte auf Till Huesmann als mögliches Stadtratsmitglied an. "Alle Listen suchen derzeit noch Hände ringend nach Kandidaten! ", sagte Stephan noch.

Ob der Aktionsnachmittag letztlich etwas gebracht hat? "Das wird die Zukunft zeigen", meinte Huesmann abschließend.

Tabea Tyroller