Waidhofen
Schock und Totenstille

In Waidhofen und Aresing herrscht Trauer über der Tod einer 24-jährigen Frau bei Faschingsumzug vor - Kehraus abgesagt

12.02.2018 | Stand 02.12.2020, 16:49 Uhr
"Wenn Worte es nicht können . . ." steht auf der Facebook-Seite der Faschingsgesellschaft Paartal-Au Waidhofen. Darunter ist das Bild einer brennenden Kerze zu sehen. Auch an einem Baum am Waidhofener Kirchplatz haben Passanten gestern brennende Kerzen abgestellt und um den dicken Stamm ein schwarzes Trauerband gebunden. Ganz in der Nähe des Baumes rollte nach Erkenntnissen der Schrobenhausener Polizei am Sonntagnachmittag gegen 15 Uhr der Faschingswagen, den Aresinger Jugendliche gebaut hatten, über eine 24-jährige Frau. Wie Klaus Rewitzer, Chef der Schrobenhausener Polizei, nach zahlreichen Zeugenbefragungen sagen kann, sei die in Schrobenhausen wohnende Frau als Sicherheitskraft beim Umzug eingeteilt gewesen. Aller Wahrscheinlichkeit nach sei sie mit ihrem rechten Fuß in den linken Zwillingsreifen der Vorderachse des als asiatische Pagode geschmückten Motivwagens hängengeblieben und habe sich nicht mehr befreien können. Das Unglück nahm seinen verhängnisvollen Lauf - der Anhänger überfuhr die Frau. Genaueres zum Hergang des Unfalles kann Rewitzer noch nicht abschließend sagen, die Ermittlungen dauern noch an, der von der Staatsanwaltschaft eingeschaltete Gutachter werde für seine Expertise noch einige Wochen brauchen. Auch die Auswertung der Blutproben der Aresingerin dauere noch an. Ermittelt werde aber gegen den Fahrer der Zugmaschine, an der der Anhänger befestigt war. Die Frage sei, ob der 51-jährige Fahrer einen Fehler gemacht habe, so Rewitzer weiter. Auch diese Ermittlungen seien noch nicht abgeschlossen. "Etwas Schlimmeres hätte nicht passieren können", sagt einen Tag nach dem Unglück Waidhofens Bürgermeister Josef Lechner. Er kämpft auch am Montagmorgen noch mit den Tränen, wenn er über den Unfall spricht. Er sei selber als Zuschauer beim Umzug gewesen und habe noch Bilder vom anfänglich bunten Treiben gemacht. "Man kann nicht helfen, nur reden", sagt Lechner, sichtlich um Fassung bemüht. "Ich bin fix und fertig", sagt Aresings Bürgermeister Klaus Angermeier. In seiner Gemeinde herrsche derzeit Totenstille. Er habe am Sonntag am Waidhofener Ortseingang als Zuschauer noch mit der jungen Frau, die neben dem Aresinger Motivwagen herlief und darauf achtete, dass niemand in Gefahr gerät, gesprochen: "Wir haben noch ein bisschen Blödsinn gemacht." Wie es sich für eine ausgelassene Faschingsfeier gehört. Angermeier, der seinen Bürgern und Betroffenen des Unfalls anbietet, bei ihm im Rathaus vorbeizuschauen, um zu reden, kann sich nach eigenen Worten kaum auf seine Arbeit im Büro konzentrieren: "Wichtig ist, jemanden zum Reden zu finden." Er sei gerne bereit, Kontakte zum Kriseninterventionsdienst herzustellen, wenn jemand professionelle Hilfe brauche. Geschockt zeigt sich auch Neuburg-Schrobenhausens Landrat Roland Weigert: "Das ist der Gau." Weigert war am Sonntag nach dem Unglück auch nach Waidhofen gefahren, um den Rettungskräften seinen Respekt zu zollen. Einigen habe er an den Gesichtern ansehen können, wie mitgenommen sie von dem Vorfall gewesen waren. Im Klaren ist sich Weigert darüber, dass der Unfall beim Faschingsumzug auch eine Debatte um die Sicherheitsvorkehrungen bei solchen Veranstaltungen hervorrufen werde. Egal, wie streng die Auflagen für Großveranstaltungen seien, über eines dürfe das nicht hinwegtäuschen, so Weigert: "Es gibt keine absolute Sicherheit, es bleibt immer ein Restrisiko." Bevor im Landratsamt über Verschärfungen der Sicherheitsauflagen nachgedacht werde, müssten die Ermittlungen von Polizei und Staatsanwaltschaft abgeschlossen werden, so Weigert weiter. "Jetzt ist erstmal Zeit für die Trauer und der Betroffenheit Luft zu geben." So sieht es auch Angermeier. Der Unfall sei unbestreitbar schlimm. Aber es sei nicht die Zeit, "in Panik oder Hysterie zu verfallen". Es könne im Moment nicht darum gehen, Auflagen und Verordnung jetzt schnell so zu verschärfen, dass sie nicht mehr zu verwirklichen seien. Auch Lechner glaubt nicht daran, dass die Sicherheitsvorkehrungen zu verschärfen seien. Die Auflagen seien bereits sehr hoch und die für den Umzug verantwortliche Paartal-Au habe alles getan, um die größtmögliche Sicherheit für Teilnehmer und Zuschauer zu gewährleisten. Von Vorschlägen, die Umzugsstrecke mit Gittern für die Zuschauer abzuriegeln, halte er nichts. Das sei für den ausrichtenden Verein einfach nicht finanzierbar. Aber Lechner persönlich vermutet, dass es keinen Faschingsumzug mehr in Waidhofen geben werde. Soweit denkt derzeit offiziell bei der Paartal-Au niemand, wie deren Vorsitzender Ludwig Trompler auf Anfrage sagt: "Ich weiß im Moment selber nicht, wie es weitergeht." Alles sei noch viel zu frisch, darum wolle er im Moment nicht mehr sagen. "Das ist das Schrecklichste, was einem bei so einer Veranstaltung passieren kann", sagt Jürgen Kreuzer, Präsident der Schrobenhausener Faschingsgesellschaft Schromlachia. Sie wechselt sich alle zwei Jahre mit der Waidhofener Paartal-Au bei der Ausrichtung des Faschingsumzuges ab. Die Schromlachia hat ihren für heute Nachmittag geplanten Faschingskehraus vor dem Schrobenhausener Rathaus auf dem Lenbachplatz abgesagt, so Kreuzer: "Der Schock sitzt einfach zu tief." Auf diesem Wege wolle die Schromlachia sowohl der befreundeten Paartal-Au als auch den Betroffenen des Unglücks gegenüber ihr Mitgefühl ausdrücken. −Foto: Wöhrle, Eleonore, München

Waidhofen / Aresing (SZ) Das öffentliche Leben in Waidhofen und Aresing wirkt wie gelähmt. Die Trauer in beiden Orten ist groß, nachdem am Sonntag eine 24-jährige Aresingerin beim Waidhofener Faschingsumzug ums Leben kam. Der Kehraus in Schrobenhausen heute Nachmittag wurde abgesagt.

"Wenn Worte es nicht können . . ." steht auf der Facebook-Seite der Faschingsgesellschaft Paartal-Au Waidhofen. Darunter ist das Bild einer brennenden Kerze zu sehen. Auch an einem Baum am Waidhofener Kirchplatz haben Passanten gestern brennende Kerzen abgestellt und um den dicken Stamm ein schwarzes Trauerband gebunden.

Ganz in der Nähe des Baumes rollte nach Erkenntnissen der Schrobenhausener Polizei am Sonntagnachmittag gegen 15 Uhr der Faschingswagen, den Aresinger Jugendliche gebaut hatten, über eine 24-jährige Frau. Wie Klaus Rewitzer, Chef der Schrobenhausener Polizei, nach zahlreichen Zeugenbefragungen sagen kann, sei die in Schrobenhausen wohnende Frau als Sicherheitskraft beim Umzug eingeteilt gewesen. Aller Wahrscheinlichkeit nach sei sie mit ihrem rechten Fuß in den linken Zwillingsreifen der Vorderachse des als asiatische Pagode geschmückten Motivwagens hängengeblieben und habe sich nicht mehr befreien können. Das Unglück nahm seinen verhängnisvollen Lauf - der Anhänger überfuhr die Frau. Genaueres zum Hergang des Unfalles kann Rewitzer noch nicht abschließend sagen, die Ermittlungen dauern noch an, der von der Staatsanwaltschaft eingeschaltete Gutachter werde für seine Expertise noch einige Wochen brauchen. Auch die Auswertung der Blutproben der Aresingerin dauere noch an.

Ermittelt werde aber gegen den Fahrer der Zugmaschine, an der der Anhänger befestigt war. Die Frage sei, ob der 51-jährige Fahrer einen Fehler gemacht habe, so Rewitzer weiter. Auch diese Ermittlungen seien noch nicht abgeschlossen.

"Etwas Schlimmeres hätte nicht passieren können", sagt einen Tag nach dem Unglück Waidhofens Bürgermeister Josef Lechner. Er kämpft auch am Montagmorgen noch mit den Tränen, wenn er über den Unfall spricht. Er sei selber als Zuschauer beim Umzug gewesen und habe noch Bilder vom anfänglich bunten Treiben gemacht. "Man kann nicht helfen, nur reden", sagt Lechner, sichtlich um Fassung bemüht.

"Ich bin fix und fertig", sagt Aresings Bürgermeister Klaus Angermeier. In seiner Gemeinde herrsche derzeit Totenstille. Er habe am Sonntag am Waidhofener Ortseingang als Zuschauer noch mit der jungen Frau, die neben dem Aresinger Motivwagen herlief und darauf achtete, dass niemand in Gefahr gerät, gesprochen: "Wir haben noch ein bisschen Blödsinn gemacht." Wie es sich für eine ausgelassene Faschingsfeier gehört. Angermeier, der seinen Bürgern und Betroffenen des Unfalls anbietet, bei ihm im Rathaus vorbeizuschauen, um zu reden, kann sich nach eigenen Worten kaum auf seine Arbeit im Büro konzentrieren: "Wichtig ist, jemanden zum Reden zu finden." Er sei gerne bereit, Kontakte zum Kriseninterventionsdienst herzustellen, wenn jemand professionelle Hilfe brauche.

Geschockt zeigt sich auch Neuburg-Schrobenhausens Landrat Roland Weigert: "Das ist der Gau." Weigert war am Sonntag nach dem Unglück auch nach Waidhofen gefahren, um den Rettungskräften seinen Respekt zu zollen. Einigen habe er an den Gesichtern ansehen können, wie mitgenommen sie von dem Vorfall gewesen waren.

Im Klaren ist sich Weigert darüber, dass der Unfall beim Faschingsumzug auch eine Debatte um die Sicherheitsvorkehrungen bei solchen Veranstaltungen hervorrufen werde. Egal, wie streng die Auflagen für Großveranstaltungen seien, über eines dürfe das nicht hinwegtäuschen, so Weigert: "Es gibt keine absolute Sicherheit, es bleibt immer ein Restrisiko." Bevor im Landratsamt über Verschärfungen der Sicherheitsauflagen nachgedacht werde, müssten die Ermittlungen von Polizei und Staatsanwaltschaft abgeschlossen werden, so Weigert weiter. "Jetzt ist erstmal Zeit für die Trauer und der Betroffenheit Luft zu geben."

So sieht es auch Angermeier. Der Unfall sei unbestreitbar schlimm. Aber es sei nicht die Zeit, "in Panik oder Hysterie zu verfallen". Es könne im Moment nicht darum gehen, Auflagen und Verordnung jetzt schnell so zu verschärfen, dass sie nicht mehr zu verwirklichen seien. Auch Lechner glaubt nicht daran, dass die Sicherheitsvorkehrungen zu verschärfen seien. Die Auflagen seien bereits sehr hoch und die für den Umzug verantwortliche Paartal-Au habe alles getan, um die größtmögliche Sicherheit für Teilnehmer und Zuschauer zu gewährleisten. Von Vorschlägen, die Umzugsstrecke mit Gittern für die Zuschauer abzuriegeln, halte er nichts. Das sei für den ausrichtenden Verein einfach nicht finanzierbar. Aber Lechner persönlich vermutet, dass es keinen Faschingsumzug mehr in Waidhofen geben werde.

Soweit denkt derzeit offiziell bei der Paartal-Au niemand, wie deren Vorsitzender Ludwig Trompler auf Anfrage sagt: "Ich weiß im Moment selber nicht, wie es weitergeht." Alles sei noch viel zu frisch, darum wolle er im Moment nicht mehr sagen.

"Das ist das Schrecklichste, was einem bei so einer Veranstaltung passieren kann", sagt Jürgen Kreuzer, Präsident der Schrobenhausener Faschingsgesellschaft Schromlachia. Sie wechselt sich jährlich mit der Waidhofener Paartal-Au bei der Ausrichtung des Faschingsumzuges ab. Die Schromlachia hat ihren für heute Nachmittag geplanten Faschingskehraus vor dem Schrobenhausener Rathaus auf dem Lenbachplatz abgesagt, so Kreuzer: "Der Schock sitzt einfach zu tief." Auf diesem Wege wolle die Schromlachia sowohl der befreundeten Paartal-Au als auch den Betroffenen des Unglücks gegenüber ihr Mitgefühl ausdrücken.