Brunnen
Ein wichtiges, aber leider illegales Treffen

DJK Brunnen bekommt Ärger wegen einer Vereinsversammlung in Corona-Zeiten

12.06.2020 | Stand 02.12.2020, 11:11 Uhr
  −Foto: Hofmann, Bernd, München

Brunnen - Elf führenden Mitgliedern der DJK Brunnen droht ein Ordnungsgeld, weil sie gegen die bayerischen Infektionsschutzvorgaben verstoßen haben.

 

Sie haben sich, den Mindestabstand einhaltend, in der Alten Schule getroffen, um über wichtige Vereinsthemen zu sprechen. Dass sie das nicht hätten tun dürfen, sehen die Verantwortlichen im Nachhinein ein. Sie stellen aber auch die Frage, warum das, was sie getan haben, überhaupt gesetzlich verboten war.

Schließlich haben die Sportler versucht, alles richtig zu machen. Das Treffen der elf Mitglieder aus dem DJK-Vorstand und dem Vereinsausschuss - es war bereits am 13. Mai - fand nicht in einer Privatwohnung oder, wie vor Corona üblich, an einem Tisch beim Wirt statt, sondern im ersten Stock der Alten Schule. Im selben Saal also, in dem wenige Tage zuvor eine öffentliche Gemeinderatssitzung mit knapp 20 Teilnehmern gewesen war. DJK-Vorsitzender Erwin Kreil weiß das, er ist Mitglied des Gemeinderats und war natürlich bei beiden Terminen dabei. Deswegen ist er auch ein wenig ratlos, wenn er feststellt: "Eine Gemeinderatssitzung darf man machen - eine Vereinssitzung darf man nicht machen. " Noch dazu, wo doch bei der Vereinssitzung sogar weniger Leute im selben Raum waren als bei der Gemeinderatssitzung.

Man könnte das also nun so sehen, dass da niemand etwas Schlimmes getan hat. Oder man sieht, dass Vorgaben nicht respektiert wurden. An jenem 13. Mai wurde jedenfalls bei der Schrobenhausener Polizeiinspektion mitgeteilt, dass da wohl mehrere Menschen gegen das Versammlungsverbot verstoßen würden. Ein paar Beamte fuhren also nach Brunnen und ertappten die elf DJK-Mitglieder sozusagen auf frischer Tat. Bei ihrer Versammlung hielten die allerdings, wie Inspektionsleiter Klaus Rewitzer auf Anfrage unserer Zeitung bestätigt, die vorgeschriebenen Mindestabstände ein. Außerdem habe es sich nicht um eine Vereinsfeier oder gar ein Besäufnis gehandelt, sondern die DJK-Oberen hätten argumentiert, dass es, so Rewitzer, "um grundlegende Sachen und existenzielle Angelegenheiten der DJK Brunnen" ging. Dennoch: "Vom Rechtlichen her war das nicht erlaubt", sagt Rewitzer.

Weil es sich um eine Ordnungswidrigkeit - und nicht um eine Straftat - gehandelt habe, seien die elf Anzeigen wegen Verstößen gegen das Infektionsschutzgesetz ans Landratsamt geschickt worden, sagt der Polizeichef. Das könne nun Ordnungsgelder verhängen, jeweils bis zu 150 Euro. Bisher allerdings ist in Neuburg noch nicht über die Anzeigen entschieden worden, was schlichtweg damit zu tun habe, dass die entsprechende Abteilung - unter anderem wegen der Corona-Fälle in einem Schrobenhausener Flüchtlingsheim - derzeit auch noch anderes zu tun habe, wie Landratsamts-Pressesprecherin Sabine Gooss auf Anfrage mitteilt.

Dass in der Sache nun einen Monat lang nichts passiert ist, passt offenbar in Brunnen nicht jedem. Von "Vertuschung" ist nun die Rede, und weil Bürgermeister Thomas Wagner (CSU) den Versammlungsraum zur Verfügung gestellt haben soll, auch von "Amigos", die da tun und lassen, was sie wollen. Und dann hat sich jemand mit der Bitte, sich dieser Rechtsverstöße anzunehmen, an die Staatsanwaltschaft Ingolstadt gewandt. "Uns liegt eine anonyme Anzeige vor", bestätigt Andrea Grape, die Pressesprecherin der Staatsanwaltschaft, unserer Zeitung am Freitag auf Anfrage. Die Anzeige sei noch ganz frisch. "Derzeit", so Grape, "prüfen wir, ob beziehungsweise wer sich strafbar gemacht haben könnte. " Und ob die Staatsanwaltschaft überhaupt dafür zuständig sei - bei Ordnungswidrigkeiten wäre sie das nicht, die laufen, wie erwähnt, über das Landratsamt.

 

Wobei die Rechtslage offenbar eindeutig ist. Am Tag des DJK-Treffens galt die Vierte Bayerische Infektionsschutzmaßnahmenverordnung (BayIfSMV). In Paragraf 11 stehe, dass Vereins-, Tagungs- und Versammlungsräume generell geschlossen seien, erklärt Pressesprecherin Gooss. Gemeinden sei es auch nicht möglich gewesen, ihre Tagungsräume zu öffnen, "egal für welchen Anlass", sagt Gooss. Und nach Paragraf 13 hätte die Kreisbehörde auch keinen Spielraum gehabt, Ausnahmen zu genehmigen. Das Fazit der Landkreissprecherin: "Auch wenn sich die DJK Brunnen bemüht hätte, eine Ausnahmegenehmigung zu erhalten, wäre es für den 13. Mai nicht möglich gewesen. "

Eine solche Regelung bringt Vereine wie die DJK Brunnen natürlich in größte Nöte. Denn seit März haben sich immer mehr Fragen angesammelt und Probleme aufgetürmt: Wie soll es weitergehen mit der Fußballsaison? Welche Stellungnahmen sollen deswegen an den Verband geschickt werden? Wie ist das mit den Mitgliedsbeiträgen, wenn der Klub nichts mehr anbieten kann, das einen Gegenwert darstellt? Und nicht zuletzt: Wie kann der Verein diese Ausnahmesituation überleben, wenn die Finanzierung wegbricht, weil keine Sommerfeste, Jubiläumsfeiern oder Ähnliches stattfinden können? "Wir haben etwas machen müssen", stellt DJK-Chef Erwin Kreil die Lage im Mai dar, "irgendwann muss man sich mal zusammensetzen. " Und da stehe dann einfach die Sache im Vordergrund. Sicherlich könne man Informationen dazu finden, was an Versammlungen erlaubt ist und was nicht - irgendwo im Internet. Man hätte sich vielleicht auch draußen treffen können, "aber an dem Mittwoch hat's geregnet". Und schließlich habe der Bürgermeister nichts gegen eine Nutzung des Sitzungssaals einzuwenden gehabt, in dem wenige Tage zuvor der Gemeinderat getagt hatte. Was das drohende Ordnungsgeld angeht, gibt sich Kreil pragmatisch: "Wenn wir's zahlen müssen, müssen wir's zahlen. Aber ich seh's nicht ein! "

Bürgermeister Thomas Wagner wird mittlerweile "stinksauer", wenn er auf die Sache angesprochen wird und nimmt die Vereinsvertreter in Schutz: "Die Leute machen das alles ehrenamtlich. " Ein Verein wie die DJK setze inzwischen alljährlich Summen um wie ein Handwerksbetrieb. Wenn ihm in der Corona-Krise die Einnahmen wegbrechen, "dann geht's da um die Zukunft des Vereins". Deswegen sei es in seinen Augen auch in Ordnung gewesen, dass die Vereinsvertreter den Sitzungsraum des Gemeinderats nutzten, "ich hab' das auch nicht so gesehen, dass das eine Straftat ist".

Inzwischen weiß Wagner: "Ja, das war ein Verstoß gegen das Infektionsschutzgesetz. " Aber was hätte die DJK denn sonst machen sollen? Eine Video-Konferenz vielleicht? "Das lässt das Kupferkabel in Brunnen nicht zu", meint Wagner fatalistisch: "Das Digitalpaket ist zu uns noch nicht gekommen. "

Der Brunnener Bürgermeister sieht die Vereine, die so unglaublich wichtig für die Gesellschaft seien, von der großen Politik schmählich im Stich gelassen. Und mindestens genauso sehr ärgert ihn, dass die Anzeigen gegen die DJK aus den Reihen der eigenen Gemeindebürger gekommen seien - und das in einer Zeit, in der es eigentlich auf den Zusammenhalt, das Zusammenhelfen ankomme.

Noch ist offen, wie die Sache für die DJK-Vertreter ausgeht. Sofern nicht tatsächlich noch die Staatsanwaltschaft die Sache aufgreifen sollte, steht ein Ordnungsgeld von 150 Euro pro Person im Raum. Das könnte das Landratsamt, je nachdem, wie es den Fall beurteilt, aber auch reduzieren oder ganz aussetzen.

SZ