Schrobenhausen
"Die Verunsicherung ist groß"

Wie gehen Schwangere mit dem Thema Corona um? Hebammen geben Antworten

23.03.2020 | Stand 02.12.2020, 11:41 Uhr
Die Betreuung durch Hebammen wie Sabine Schmuck (unten) ist für werdende Mütter enorm wichtig. Geburtsvorbereitungskurse finden derzeit aber nicht statt. −Foto: Privat/Stratenschulte/dpa

Schrobenhausen - Schwanger sein, das allein ist für die meisten Frauen schon eine Ausnahmesituation im Leben.

 

In Zeiten von Corona ein Kind zur Welt zu bringen, das verunsichert gerade viele Schwangere zusätzlich. Aber auch frisch gebackene Mamas machen sich Sorgen, wie uns Hebammen aus dem Schrobenhausener Land im Gespräch erzählt haben.

Im Moment sei einigen jungen Müttern durchaus mulmig zu Mute, sagt Ulli Petz, Hebamme in Schrobenhausen. Petz betreut derzeit nur Frauen, die gerade entbunden haben und kümmert sich um deren Nachsorge. Im Prinzip würden die ganzen Verordnungen, die für Corona erlassen wurden, verschärft für die die frisch gebackenen Mütter gelten. Das heißt auch, "dass zum Beispiel die Großeltern eigentlich nicht zu Besuch kommen sollten", sagt Petz. Eine schwierige Situation für die ganze Familie.

Aber auch die Hebammen könnten momentan gar nicht auf alle Fragen genau antworten, ganz einfach weil es auf viele eben noch keine konkrete Antwort gebe. Petz rät den Mamas mit ihren Neugeborenen, zu Hause zu bleiben und soziale Kontakte stark einzuschränken, ganz einfach, um sich selbst und ihre Babys zu schützen. Für wie lange, das könne sie momentan auch nicht sagen, weil eben niemand weiß, wie sich die Corona-Thematik entwickelt.

Das kann auch Hebamme Tanja Schweiger aus Hohenwart bestätigen, die für ein Gespräch gerade wenig Zeit hat, weil sie Rufbereitschaft hat und jederzeit zu einer Geburt ins Krankenhaus in Neuburg gerufen werden kann. Da wäre es natürlich nicht gut, wenn das Telefon belegt wäre. Auch sie sagt: "Die Verunsicherung unter den Schwangeren ist derzeit groß. " Wobei das sicher auch eine Typfrage sei. Sie betreue gerade eine Schwangere, die sich bei dem Thema nicht aus der Ruhe bringen lasse. "Das wichtigste momentan ist ohnehin, die Hände zu desinfizieren", sagt Schweiger, "und wenn irgend möglich, den Kontakt zu anderen zu meiden. " In eine Praxis sollten Schwangere momentan nur gehen, wenn es dringend nötig ist, sagt die Hebamme.

 

Gegen die Verunsicherung hilft vielleicht ein Blick in die aktuelle Datenlage: Momentan gibt es laut dem Bayerischen Hebammenverband keine Hinweise darauf, dass das Coronavirus durch die Plazenta zum Kind gelangen und dieses infizieren kann. Damit sind auch Anomalien unwahrscheinlich. Mütter, die eine bestätigte Corona-Infektion haben, sollten sich nach der Geburt beim Kontakt mit ihrem Kind an besondere Hygieneregeln halten. Generell sollten Schwangere Vorsichtsmaßnahmen ergreifen, um das Ansteckungsrisiko möglichst gering zu halten. "Bei Symptomen wie Fieber, Husten oder Atembeschwerden sollten schwangere Frauen so früh wie möglich ihre Ärztin oder ihren Arzt aufsuchen", sagt die Vorsitzende des Bayerischen Hebammenverbands Mechthild Hofner. Auch beim Stillen sei darauf zu achten, dass alle notwendigen Vorsichtmaßnahmen berücksichtigt werden. "Auf direktem Wege, also über die Muttermilch, werden nach aktuellem Kenntnisstand keine Atemwegsviren übertragen", erläutert Hofner. Vielmehr könne Stillen das Immunsystem des Neugeborenen stärken, das gelte auch beim Coronavirus.

Der Hebammenverband hat in der vergangenen Woche mit dem GKV-Spitzenverband darüber verhandelt, wie Hebammen Online-Angebote abrechnen können. Die Wochenbettbetreuung gebe es zwar nach wie vor, so Hofner, diese sollte aber auf das Nötigste reduziert werden. "Gerade nach der Geburt sollte schon ein Hausbesuch stattfinden, um die jungen Mütter zu unterstützen", sagt Hofner. Sie empfiehlt aber, den Besuch unbedingt vorher abzusprechen und auf die Hygienevorschriften zu achten. Im Grunde machten die Hebammen das, was sie schon immer taten, also etwa den Stand der Gebärmutter abtasten oder Nabelpflege beim Baby betreiben. "Die Hebammen können nun aber zusätzlich eine Betreuung via Videoanruf anbieten", sagt die Verbandsvorsitzende. Möglich seien auch Kurse per Videostreaming, "da kommt es natürlich auch darauf an, wie fit die Hebammen im Umgang mit den neuen Medien sind".

Die Möglichkeit des Videoanrufs nutzen bereits Sabine Schmuck und ihre Kolleginnen vom Geburtshaus in Ingolstadt. "Weil momentan zum Beispiel keine Geburtsvorbereitungskurse stattfinden können, macht es natürlich Sinn, die Frauen auf diesem Weg zu beraten", sagt die erfahrene Hebamme. Natürlich würden auch Vorsorgeuntersuchungen stattfinden genauso wie die Betreuung im Wochenbett, wenn die Frauen dies wünschten. Es werde aber eben besonders auf Hygiene geachtet und es dürfe sich momentan nur eine Schwangere im Geburtshaus aufhalten. "Es gibt schon auch die Überlegung, eine Online-Plattform für die Kurse aufzubauen", sagt Schmuck, da stehe man aber erst am Anfang und da seien die jüngeren Kolleginnen sicher fitter als sie. Es sei auf jeden Fall zu begrüßen, dass es nun bei der GKV eine Möglichkeit für die Hebammen gebe, solche Leistungen auch abzurechnen.

Momentan wird außerdem ein Handlungsleitfaden für postiv auf Corona-Getestete entwickelt. "Und wir sind im Austausch mit dem Innenministerium, was zum Beispiel Schutzkleidung für unsere Hebammen angeht," sagt Mechthild Hofner. Was die Vorsitzende des Bayerischen Hebammenverbands ablehnt, ist, dass momentan in einigen Krankenhäusern bereits diskutiert werde, ob Frauen alleine entbinden müssen, um Personal freizuhalten für Corona-Patienten. "Das wäre sehr schade für die Frauen, die ja während der Geburt auf die Unterstützung durch ihren Partner angewiesen sind", sagt Hofner. Da wäre es sinnvoller, eine Art Schleuse für die werdenden Väter einzurichten und diese mit Kittel, Mundschutz, Haube und Handschuhen auszustatten. "Wenn die Väter bei der Geburt dabei sind, entlastet das auch das Krankenhauspersonal", ist Hofner überzeugt. Ihre Empfehlung lautet: am besten im Krankenhaus anrufen, bevor man sich auf den Weg in den Kreißsaal macht. Dieses informiere die werdenden Mütter dann über das weitere Vorgehen.

SZ