Schrobenhausen
Den Geist beruhigen

Ein bisschen Entspannung in Zeiten von Corona gefällig? Die Meditationslehrerin Angela Karl hat ein paar Tipps

04.05.2020 | Stand 02.12.2020, 11:25 Uhr
Beim meditativen Trommeln ist man nach außen hin ganz laut, nach innen aber wird man ganz ruhig. −Foto: privat

Schrobenhausen - Nachdem unsere kleine Yoga-Serie nun zu Ende ist, wollen wir auch andere Entspannungstechniken für zu Hause vorstellen.

Heute ein Gastbeitrag von der Heilpraktikerin für Psychotherapie und Meditationslehrerin Angela Karl.

"Meditieren - das kann ich nicht. " Kommt Ihnen das bekannt vor? Vielleicht haben Sie es selbst schon mal versucht. Wie war das gleich wieder? Sich hinsetzen, die Hände in Ruhestellung auf den Oberschenkeln ablegen und dann still werden. Hört sich ja ganz einfach an, ist es aber meistens nicht. Vielleicht haben Sie es gerade in den vergangenen Wochen wieder einmal versucht oder wollten es. Jetzt wo wir alle mehr zu Hause sind, eigentlich doch die ideale Zeit für einen Mediationsversuch. Aber, kaum gesessen, geht's schon los mit dem Gedankenkarussell. Gerade, wo man sich Zeit für Stille nehmen wollte, melden sich scheinbar alle wichtigen und unwichtigen Gedanken gleichzeitig. Viele Menschen machen erste zaghafte Versuche zu meditieren und geben dann oft sehr schnell wieder auf. Die Meinung, das kann ich nicht, ist sehr verbreitet.

Ein Spruch von Thomas Alva Edision sagt: "Try again! Unsere größte Schwäche ist das Aufgeben. Der sicherste Weg zum Erfolg besteht darin, immer wieder einen neuen Versuch zu wagen. " Es geht bei der Meditation nicht um Erfolg. Nur wenn wir es immer wieder versuchen, werden wir den Schatz der Meditation entdecken. Gute Helfer sind Geduld, Vertrauen, Anfängergeist und Akzeptanz. So können wir unseren unruhigen Geist mehr und mehr schulen.

Wenn wir das Wort "Meditation" nochmal etwas genauer betrachten: Es kommt aus dem Lateinischen "Medius" - die Mitte - was man auch mit "zur Mitte ausrichten" übersetzen könnte. Durch die Achtsamkeits- und Konzentrationsübungen der Meditation kann genau das eine wertvolle Folge sein. Durch die regelmäßige Praxis kann sich der Geist beruhigen und sammeln. In dieser inneren Stille können wir nach und nach wieder mehr Zugang zu unserer Intuition, unserem Bauchgefühl oder wie wir es auch immer nennen, finden. Doch sollte das nicht unser Ziel sein, gerade hohe Erwartungshaltungen lassen uns schnell aufgeben. Wir müssen nichts erreichen, es geht darum, es einfach zu tun. So ganz nebenbei können sich, im Laufe der Zeit, Stress und Schmerzempfinden reduzieren und sich gleichzeitig Konzentration, Entspannung, Ruhe und Wohlgefühl einstellen.

Aber was tun, wenn 1000 Gedanken kommen? Gerade jetzt, in diesen Zeiten von Corona, geht uns noch mehr durch den Kopf als sonst. Sorgen um die Gesundheit der Familie, den Job, bis hin zu Existenzängsten. Nehmen Sie Ihre Gedanken wahr: "Ach ja, ich kenn dich, da bist du mal wieder, meine Sorge, meine Angst. Ja, du darfst da sein, doch nun konzentriere ich mich wieder auf meine Meditationspraxis. " Je mehr wir die Gedanken nicht haben wollen umso mehr werden sie uns besuchen. Deshalb dürfen sie sein, doch durch das regelmäßige Zurückkehren zu unserer Übung werden sie nach und nach stiller werden.

Ein praktisches Anleitungsbeispiel ist die Atemzählmeditation: "Suchen Sie sich einen Platz, an dem Sie einige Zeit ungestört sein können. Sitzen Sie aufrecht, am Boden oder auf einem Stuhl. Zählen Sie nun in Gedanken Ihre Atemzüge. Ein Atemzug ist Ein- und Ausatmen: einatmen ? eins ? einatmen ? zwei ? einatmen ? drei - und so fort, bis zehn, dann beginnen Sie wieder neu. Kommt ein Gedanke, nehmen Sie ihn wahr und kehren dann wieder zurück zu Ihrem Zählen. Sie merken vielleicht, dass Sie plötzlich auch schon mal bei 15 sind, egal, beginnen Sie wieder mit eins. Durch die Konzentration auf den Atem und das Zählen ist unser Geist beschäftigt, es kann mehr und mehr innere Stille einkehren.

Eine andere einfache Variante ist das Atmen mit den Worten "Ein" und "Aus" verbunden oder ein anderes Wort, das Ihnen im Moment guttut. "Ruhe" kann so ein Wort sein. Stellen Sie zu Beginn am besten einen Wecker auf fünf Minuten und steigern Sie nach und nach die Zeit. Nach der Übung halten Sie noch für ein paar Momente inne und spüren nach. Wie geht es Ihnen jetzt? Ihrem Körper? Ihrem Geist? Welche Gefühle sind da? Versuchen Sie es nur wahrzunehmen - ohne es zu bewerten! Dieses Nachspüren kann Ihnen helfen, Ihre eigenen Bedürfnisse wieder mehr wahrzunehmen, das ist gerade in dieser Zeit wichtiger denn je.

Aber bedeutet Meditation nur, in der Stille zu sitzen? Nein, Meditation hat viele Gesichter: Gehmeditation, eine gute Alternative für die "Nichtstillsitzer". Versuchen Sie, die eben angeleitete Zählmeditation beim Gehen auszuüben. Bewusstes und achtsames Gehen mit dem Atem verbunden - Schritt für Schritt. Oder finden Sie eine andere einfache Bewegungsübung, die Ihnen guttut, und verbinden Sie diese mit den bewussten Atemzügen. Seien Sie erfinderisch, gehen Sie mal ganz hektisch und schnell, dann mal im Schneckentempo, spüren Sie den Unterschied.

Oder versuchen Sie einen ganz anderen Weg - im Außen laut, im Inneren still. Zum Beispiel beim meditativen Trommeln kann genau das passieren. Erst ist der Kopf noch ganz aktiv, viel am Denken, doch mit der Zeit wird die Bewegung fließender. Unser Arm bewegt sich fast von selbst und wir trommeln einfach. Nebenbei macht das Trommeln unseren Kopf leer und wir sind nur noch im Tun, gleiten in einen meditativen Zustand hinein. Im Außen laut, im Inneren still.

Alles zu anstrengend? Dann lassen Sie sich anleiten. Wenn Sie auf Youtube den Begriff "Meditation" eingeben, finden Sie eine Fülle von Angeboten an geführten Meditationen. Auch das kann ein Weg sein bei der Suche nach Ihrer persönlichen Meditationspraxis.

SZ