Brunnen
Brunnener Gemeinderäte bremsen ihren Bürgermeister

Erstellung eines Gutachtens zur Sanierung der Hohenwarter Schule mit 10:3 Stimmen abgelehnt

26.11.2020 | Stand 23.09.2023, 15:41 Uhr
Verschachtelt gebaut, mit vielen Niveauunterschieden und deshalb nach modernen Maßstäben nicht sinnvoll sanierbar: die Hohenwarter Schule. −Foto: Ebensberger

Brunnen/Hohenwart - Es bleibt wohl dabei: Die Grund- und Mittelschule in Hohenwart wird neu gebaut.

Brunnens Bürgermeister Thomas Wagner (CSU) hat sich bei seinem Vorstoß, noch einmal die Kosten für eine "kleine Sanierung" durchzurechnen, am Mittwochabend schon in seinem eigenen Gemeinderat eine deutliche Abfuhr geholt. Die knapp dreistündige Debatte zum Thema lässt sich in etwa so zusammenfassen: Schön wäre es schon, durch eine Sanierung Kosten in zweistelliger Millionenhöhe einzusparen - aber leider auch völlig unrealistisch.

"Es gibt Schulen, die gut für eine Sanierung geeignet sind - diese hier gehört nicht dazu", sagte Architekt Peter Schwinde und überzeugte damit offenbar den Großteil der Brunnener Gemeinderäte. Ganz offen stellte Schwinde aber auch klar, dass sein Büro nicht unbedingt als eine neutrale Instanz gesehen werden kann: "Natürlich sind wir befangen - wir haben einen Auftrag für einen Neubau. " Schwinde ist vom Schulverband derzeit nur mit der Vorentwurfsplanung beauftragt, hat allerdings eine Option auf die weitere Detailplanung für den Neubau. Wagner hatte Schwinde in die Gemeinderatssitzung eingeladen, nicht allerdings den ebenfalls mit dem Schulthema beauftragten Projektsteuerer Stefan Brüssler, was dem Bürgermeister Kritik von seinen Ratsmitgliedern einbrachte, die bei dieser schwierigen Entscheidung gerne so viele kompetente Informationsquellen wie möglich zur Verfügung gehabt hätten.

Was die Entscheidung so schwer macht, ist, dass Brunnen für den Schulneubau in der Nachbargemeinde Hohenwart als Schulverbandsmitglied wohl mehr als vier Millionen Euro bezahlen müsste. Verlässliche Zahlen zu den Gesamtkosten des Projekts gibt es bisher nicht (laut Schwinde werde man erst mit Fertigstellung des Vorentwurfs im März "belastbare Kosten" haben), die Größenordnung dürfte aber im Bereich von 40 Millionen Euro liegen. Wenn das über 30 Jahre finanziert wird, müssen die drei Gemeinden Hohenwart, Brunnen und Waidhofen in diesem Zeitraum mit einer stark erhöhten Schulverbandsumlage leben - im Falle von Brunnen wären es jährlich weit mehr als 100000 Euro und damit ein Großteil der Summe, die seine Gemeinde in den Vermögenshaushalt überführen kann, um Geld für eigene Investitionen zu haben, gab Wagner zu bedenken. Fehle dieses Geld, müsse man in Brunnen zum Beispiel beim Straßenbau Abstriche machen und Beiträge und Gebühren drastisch erhöhen, um noch einen genehmigungsfähigen Haushalt auf die Beine stellen zu können.

Deswegen drängte der Bürgermeister darauf, sich auf eine "kleine Sanierung" oder "Reparatur" zu beschränken, für vielleicht 10 Millionen Euro. Dann sei die Hohenwarter Schule für 15 oder 20 Jahre gerüstet - ähnlich habe das ja auch vor kurzem mit der Grundschule in Gerolsbach funktioniert. Die Schulverbandsgemeinden, so Wagner, würden damit Zeit gewinnen, was sinnvoll sei, denn "es wird in den nächsten Jahren eine Änderung des Schulsystems geben". Wagner prophezeite, dass die Mittelschulen bis 2025 oder 2030 abgeschafft seien, woraufhin Michael Schindler, von Beruf Lehrer, Wagner die (rhetorische) Frage stellte, woher er denn diese Erkenntnis beziehe, schließlich werde schon seit 30 Jahren über das bevorstehende Ende der Haupt- oder Mittelschulen geredet.

Wagner ging auch auf sinkende Schülerzahlen und schwierigere Klassenbildung ein, zum Beispiel auch an der Aresinger Mittelschule, die ebenfalls bald saniert oder neu gebaut werden müsse, und verwies darauf, dass es in Karlskron eine "nagelneu sanierte Schule" gebe, der Schüler fehlten. Es war nicht schwer zu erkennen, worauf Wagner damit hinauswollte; einen in diesem Zusammenhang naheliegenden Begriff, nämlich "Sprengeländerung", nahm er allerdings nicht in den Mund. Wagner ist da ja ein gebranntes Kind.

Was nun die Sanierung der Hohenwarter Schule angeht, brachte Architekt Schwinde gleich mehrere Argumente vor, warum eine Sanierung erstens nicht im kleinen Rahmen umsetzbar und zweitens generell nicht sinnvoll wäre. Zum einen sei die Bausubstanz am Ende: "Die Grundlebensdauer des Gebäudes ist nach 50 Jahren" - also jetzt - "erreicht. " Dann verfalle bei einem Eingriff der Bestandsschutz für Brandschutz (siehe eigenen Artikel) und Barrierefreiheit. Beides sei nur schwer und mit viel finanziellem Aufwand herzustellen, im Falle der Barrierefreiheit müsse man berücksichtigen, dass es mehrere Teilgebäude mit unterschiedlichen Höhenlagen gebe, also viele Stufen. Und dann müsse man immer darauf gefasst sein, auf Altlasten wie Asbest zu stoßen. "Je mehr ich in die Bausubstanz einsteige, je mehr Wissen ich gewinne", so Schwinde, "desto mehr muss ich machen. " Das bedeutet: Die Gefahr, dass die Kosten aus dem Ruder laufen, ist groß, wohingegen ein "Neubau auf der grünen Wiese" nach Schwindes Worten viel besser kalkulierbar sei. Zudem sei bei der Sanierung eine staatliche Förderung sehr unwahrscheinlich.

Auch von einer "kosmetischen Sanierung" oder "Reparatur" hielt der Architekt nichts: "Da tauschen Sie nicht mal die Fenster aus. " Man könne vielleicht kaputte Scheiben oder Beschläge auswechseln und dann das Gebäude weißeln lassen, aber an der Substanz ändere das nichts. "Auf fünf bis zehn Jahre kann eine Schule so funktionieren", sagte Schwinde ohne große Überzeugung.

Eine solche "Flickschusterei", das war schnell klar, wollte die große Mehrheit der Gemeinderäte nicht mittragen. Vizebürgermeisterin Tanja Artner hatte für sich anhand der für den Neubau vorliegenden Zahlen die Kosten für einen sinnvollen Sanierungsumfang durchgerechnet und war auf 27 Millionen Euro gekommen: "Das ist keine kleine Sanierung mehr. " Hans Schmid meinte: "Es gibt nur Reparatur oder Neubau. "

Ob nun Reparatur, kleine oder große Sanierung: Es müsste wohl erst einmal eine Bestandsaufnahme geben, für die der Schulverband den Planer bezahlen müsste - hier wurden im Laufe der Sitzung Beträge im Bereich von 100000 und 300000 Euro genannt. Während Bürgermeister Wagner sich vehement dafür einsetzte, angesichts der Millionenbeträge, um die es bei der Schule geht, diese Ausgabe nicht zu scheuen und dann eben parallel zur Neubauplanung auch noch die Sanierungsmöglichkeiten untersuchen zu lassen, damit man keine weitere Zeit verliere, war nach fast drei Stunden für die meisten Gemeinderäte klar, dass man hier nur noch für einen weiteren sechsstelligen Betrag ein totes Pferd satteln würde. Mit 10:3 votierten die Brunnener Volksvertreter dafür, es bei den bisherigen Beschlüssen zu belassen und nur die Neubauvariante weiterzuverfolgen. "Somit haben wir jetzt den Meilenstein für die nächsten 30 Jahre gesetzt", sagte Thomas Wagner nach der Abstimmung konsterniert.

Architekt Schwinde kann nun weiter am Vorentwurf arbeiten. Von der Schulverbandsversammlung hat er vor zwei Wochen den Auftrag bekommen, das Raumprogramm zusammenzukürzen, um zumindest auf diesem Weg die eine oder andere Million einzusparen. Wagners Wunsch nach Gesamtkosten von 20 Millionen Euro werde er, da war Schwinde überzeugt, aber sicherlich nicht erfüllen können.

SZ

Bernd Hofmann