Englmannsberg
Brauchtumspflege mit Nachgeschmack

Die Auslösefeier nach dem Englmannsberger Maibaumklau endete unerquicklich

20.09.2018 | Stand 02.12.2020, 15:38 Uhr
Die Auslösefeier (mit Hut Gastgeber Udo Venema) begann freundlich, endete dann aber doch unschön für alle Beteiligten im Chaos. −Foto: Johann Birkl

Englmannsberg (SZ) Beim Maibaumklau geht es um drei Dinge: um Ehre und um Brauchtum und um Spaß. Am Ende sollten sich alle - Diebe und Bestohlene - die Hand geben und sich in die Augen sehen können. Beim Englmannsberger Maibaumklau in diesem Sommer ging das gewaltig schief.

Denn wie nach dem erfolgreichen nächtlichen Einsatz des Burschen- und Mädchenvereins Randelsried-Asbach vereinbart, kam es jetzt zur großen Sause für alle Beteiligten. Am Ende aber müssen viele Scherben zusammengekehrt werden. Denn das Fest geriet offenbar etwas aus den Fugen.

Bei dieser Maibaumklauaktion ist irgendwie alles eine Nummer größer, wichtiger - und wohl auch angespannter. Das Objekt der Begierde des Burschen- und Mädchenvereins Randelsried-Asbach war ja auch nicht irgendein Baum, sondern der größte Deutschlands. Die 50 Meter lange und 12 Tonnen schwere Douglasie war für einen Gastronomen in Deutschlands Norden gedacht. Udo Venema heißt der Mann, und er macht alle paar Jahre solche Aktionen. Und seinen Gästen möchte er eben nicht irgendeinen Maibaum präsentieren, sondern den größten, dicksten und schönsten. Eingelagert war der Baum bis zum Abtransport auf dem Gutshof Englmannsberg des Grafen zu Toerring-Jettenberg. Von dort aus sollte er quer durch die Republik nach Abbehausen gebracht werden.

Allerdings hatten die Verantwortlichen die Rechnung ohne den Burschen- und Mädchenverein Randelsried-Asbach gemacht. Der hat sich auf Maibaumklau spezialisiert, und für dieses außergewöhnliche Riesenexemplar wollte man sich unbedingt eine Kerbe in den Stammtisch machen. Klappte auch. Naja, fast. Auf der Flucht Richtung Koppenbach wurden die Diebe erwischt, der Gutsverwalter hatte nämlich in weiser Voraussicht einen Bewegungsmelder installiert, der ihn via Smartphone alarmierte. Und der Disput, der sich während der Entführung entsponn, war schon nicht gerade lustig - es gab Streit.
Am Ende zogen die Burschen aber ihre Entführung durch und handelten als Auslöse auch ein schönes Fest heraus. Mit Essen und Bier bis zum Abwinken. Der Burschenverein hatte zunächst gefordert, Venema müsse 70 Personen nach Bremerhaven in sein Landhotel kutschieren und einladen - das war dann allerdings deutlich zu viel des Guten für einen Brauchtumsspaß. Auch so hat sich der Bestohlene, Udo Venema, die Aktion einiges kosten lassen, rund 3000 Euro.

Das Geld war für ihn in Ordnung, wie er berichtet, und er hatte auch Lust darauf, das Fest zu feiern. Venema reiste also mit einer achtköpfigen Delegation aus Bremerhaven an, mit reichlich Traditionsschnaps aus seiner Heimat für völkerverbindende Rituale im Gepäck. "Wir sind mit den besten Absichten dahin gefahren", betont Udo Venema, "aber am Ende waren wir alle ganz schön enttäuscht."

Er hätte schon erwartet, dass man für die Bewirtung mit Bier, Schnaps und Nackenbraten wenigstens etwas Dankbarkeit zeigt, gibt Venema zu. Er aber empfand die Burschen eher als "arrogant und provozierend". Je später der Abend, desto wilder wurde es wohl, und als auch noch Gläser und Krüge zu Bruch gingen, wurde es den Bremerhavenern zu viel des Guten. "Die haben eindeutig über die Stränge geschlagen", findet Udo Venema. Und statt hinterher über einen vergnüglichen Ausflug nach Bayern in der Heimat zu berichten, blieb für ihn: Auf diesen Trip hätte er lieber verzichtet.

Und die Version des Burschenvereins? "Also, 95 Prozent des Fests waren super", findet Kilian Bayer, Vorsitzender des Vereins. Wobei er schon zugibt, dass es hintenraus etwas ausgeartet ist. Es sei "etwas hitzig" geworden, sagt er, was natürlich auch auf den ausufernden Alkoholkonsum zurückzuführen war. Aber darum sei es beim Fest ja auch gegangen, und einige seien schon "gscheid bsuffig" gewesen - übrigens auf beiden Seiten, wie er betont. Obwohl gar nicht alle angemeldeten Burschen und Mädel angetreten waren, ging das Bier aus, "das war anders vereinbart". Und den Schnaps aus dem Norden - "so richtig guad war der aba ned" - habe man auch probiert, weil sich das ja so gehört. Wer Bier holte, bekam einen, da waren die Bremerhavener überhaupt nicht knausrig.

Und wenn halt mal ein gewisser Pegel erreicht sei, so Kilian Bayer, dann sei "man halt auch vielleicht nicht mehr ganz so kritikfähig". Dass es dann in dem Zustand zu der einen oder anderen Formulierung kam, die den Norddeutschen etwas pampig vorkam, mag er auch gar nicht ausschließen.

Was war denn nun mit den Gläsern und Krügen? Die Gastgeber empfanden es so, dass sie absichtlich zerdeppert wurden. Das sei so Brauch, hätten auch einige der Burschen gesagt, war beim Gutsverwalter Seemüller zu hören. "Nein", widerspricht Kilian Bayer, damit konfrontiert, "die sind beim Schunkeln kaputt gegangen, wir waren halt recht gut drauf, und ich habe am Ende auch angeboten, dass der Verein die Gläser und Krüge bezahlt." Und dass die Burschen versucht hätten, Bier aus dem Kühlwagen zu plündern und mitzunehmen, wie es im Nachhinein im Raum steht, das stimme so auch nicht. Was bleibt? Enttäuschte Gastgeber und genervte Burschen, die versuchen, die Situation wieder einzufangen. Damit wieder Ruhe ist bis zur nächsten Maibaumsaison. Die werden die Burschen und Mädchen aus Randelsried-Asbach wohl kaum ungenutzt verstreichen lassen - dann aber vielleicht etwas entspannter und mit etwas mehr Spaß an der Freude für alle Beteiligten zu Werke gehen.