Schrobenhausen
Auf eine Runde Pumpen drehen

Inspektionsgang mit Emil Mair durch das leerstehende Kreishallenbad

27.04.2021 | Stand 23.09.2023, 18:14 Uhr
Seit Dezember im Sommermodus: Das Schrobenhausener Kreishallenbad ist seit dem Winter wegen der Corona-Pandemie nicht mehr in Betrieb. Die Schwimmhalle ist gesperrt, hier gibt es kein Durchkommen mehr. −Foto: Spindler

Schrobenhausen - Seit Monaten rührt sich im Schrobenhausener Kreishallenbad nichts mehr - Corona. Einmal in der Woche kommt der Leiter des Bades an der Georg-Leinfelder-Straße, Emil Mair, vorbei und inspiziert die Schwimmhalle nebst Sauna. Ein Gang durch die absolute Stille, unterbrochen lediglich von ein paar Hammerschlägen.

"Man gewöhnt sich daran", sagt der 63-jährige Schrobenhausener Emil Mair über die Ruhe im Schrobenhausener Kreishallenbad. Weit und breit kein Plätschern. Kein Wunder, in den beiden Schwimmbecken ist kein Wasser. Abgelassen bereits im Dezember, nach dem der Werkausschuss des Kreistages Neuburg-Schrobenhausen die Entscheidung gefällt hatte, das Bad werde wegen der grassierenden Corona-Pandemie nicht mehr geöffnet. Auch die Lüftungsanlage ist inzwischen abgeschaltet, sie war lediglich in den kalten Wintermonaten gedrosselt in Betrieb, damit nichts im Bad einfrieren kann, sagt Mair.

Der Mann mit dem Kurzhaarschnitt kennt das Bad an der Leinfelder-Straße in- und auswendig. Seit 1999 ist er nach einer Umschulung im Hallenbad beschäftigt, erst als Fachangestellter für Bäderbetriebe. Zwischendurch hat ihn der damalige Leiter der Landkreisbetriebe, Johannes Vollnhals, quasi im Vorbeigehen zum Betriebsleiter ernannt. "Man geht ins Bad hinein und hört, ob alles läuft oder nicht", hat Mair bei seiner ehemaligen Chefin gelernt. Das Motto hat er verinnerlicht, wie er sagt, als er gerade am Rand des Schwimmbeckens steht, das mit einem rotweißen Trassierband abgesperrt ist.

Sein wöchentlicher etwa einstündiger Rundgang führt den Schrobenhausener durch die Duschen. Die Drücker sind ausgebaut, damit sich dort keine Bakterien sammeln. Die Wasserleitungen sind geschlossen. Auch die Umkleidekabinen sind alle verwaist. Trotzdem schaut Mair in die Räume hinein - man weiß ja nie. Auch die Türen und Notausgänge werden genau unter die Lupe genommen, jede Türklinke einmal gedrückt. In den Toiletten wird gelegentlich mal Wasser in die Sanitärbecken und die Bodengullys gekippt. Damit es aus dem Kanal nicht irgendwann stinke, sagt Mair kurz und bündig. Die Putzräume werden inspiziert, alle sechs bis acht Wochen lädt Mair die Akkus der Reinigungsgeräte auf. Damit sie nicht komplett entladen werden und Schaden nehmen.

Denn alles soll nach Möglichkeit ab Mitte September wieder in Betrieb genommen werden können. "Das ist im Moment der Plan", sagt Mair, "was Corona macht, wissen wir alle nicht." Seine Chefin, Mathilde Hagl, Leiterin der Landkreisbetriebe Neuburg-Schrobenhausen, sieht es ähnlich: "Ich wage keine Prognose mehr." Die Mannschaft des Kreishallenbades sei "multipel flexibel", sagt sie weiter. Alles hänge davon ab, wie sich die Pandemielage weiter entwickle.

Dennoch steht der Plan, ab 16. August die vorgezogene "Einsommerung" des Hallenbades wieder aufzuheben. Dann ist laut Mair Großreinemachen angesagt, die Drückeranlagen der Duschen müssen wieder zusammengesetzt werden, das Wasser in die Becken eingelassen werden. Übrigens, das ist, wie Mair erklärt, nicht mit dem Aufdrehen eines Wasserhahns wie Daheim getan. Immerhin müssen 360000 Liter Wasser in das Schwimmerbecken und weitere 75000 Liter ins Lehrschwimmbecken gefüllt werden. Alleine die Wassermenge im Schwimmerbecken entspricht rein rechnerisch etwa 2400 durchschnittlichen heimischen Badewannen. "Wir müssen das so dosieren", sagt Mair über das Beckenbefüllen, "dass es schnell geht, aber nichts kaputtgeht." Denn der Druck auf den Leitungen könnte zu groß werden. Darum wird alleine das Füllen der Becken wohl zwischen drei und dreieinhalb Tage dauern. Auch, wie Mair sagt, weil: "Man kann nur befüllen, wenn jemand im Bad arbeitet oder da ist."

Der Inspektionsgang geht weiter. Chlorgasraum, Brandmeldeanlage. Alles in Ordnung. Dann in den Filterraum. Dort brummt lediglich der Ölbrenner, der zum benachbarten Holzhackschnitzelwerk gehört. Von dort bezieht auch das Hallenbad seine Wärme, wenn es in Betrieb ist. Es geht in den Keller des Hallenbades - nichts für hochgewachsene Menschen. Den Kopf kann sich der Besucher hier schon mal schnell an der Decke oder den Türrahmen anschlagen. In denn niedrigen Betongewölben befinden sich die technischen Geräte, denen der Kontrollgang seinen Spitznamen "Pumpen drehen" verdankt. Insgesamt ein Dutzend größere und kleinere Pumpen müssen von Mair in Bewegung gesetzt werden.

Bei jeder der Pumpen legt er an einem Propellerrad, das auf der Welle des Elektromotors sitzt, Hand an. Mit ein wenig Kraft ist der erste Widerstand schnell überwunden. Dann wird behände mal nach rechts und dann nach links gekurbelt. Solange bis die Finger keinen Widerstand oder kein Kratzen spüren. Das geht bei den kleinen Pumpen meist schnell und reibungslos. Doch bei den sechs größeren müssen schon beide Hände zum Andrehen genutzt werden. "Ich habe hier einen kleinen Hammer", erzählt Mair und schon verpasst er der Welle "ganz kleine Schläge". Und prompt lässt sich die Pumpe auch schon drehen.

Jede Woche einmal streift Mair, der - wie einige seiner Kollegen aus dem Kreishallenbad auch - derzeit in der Telefonzentrale des Kreiskrankenhauses aushilft, seine Runde durch die Stille des verwaisten Hallenbades, in der eine herunterfallende Stecknadel fast wie ein Donnerschlag wirken würde. Bis Mitte August - voraussichtlich.

SZ

Jürgen Spindler