Rettenbach
Alte Wallfahrtskirche braucht neuen Glanz

Sanierung von Sankt Ottilia in Rettenbach kostet eine Million Euro

21.10.2018 | Stand 23.09.2023, 4:44 Uhr
Als "barockes Juwel" bezeichnet Pfarrer Michael Menzinger die Rettenbacher Filialkirche Sankt Ottilia. Die Außensanierung läuft schon seit Frühjahr. −Foto: Hofmann

Rettenbach (SZ) Rund eine Million Euro kostet die Sanierung der Filialkirche Sankt Ottilia. Für Rettenbach und seine rund 250 Katholiken ist das sehr viel Geld. Nach der Außenrenovierung sind nun die Ersparnisse der Kirchenstiftung aufgebraucht. Doch die Arbeiten im Innenraum lassen sich nicht mehr lange hinauszögern. Der Holzwurm nagt.

Die bisher letzte Renovierung der Kirche liegt lange zurück, sagt Kirchenpflegerin Katrin Karl, während sie über den Friedhof zur Sakristeitür geht. Die Grabsteine sind mit Holzverschalungen vor Schäden geschützt - falls mal etwas vom Gerüst herunterfallen sollte, das das Gebäude seit März zum Teil und seit August nun vollständig umgibt. Im Januar 2014 hat sie ihr Amt angetreten - und seitdem beschäftigt sie sich mit der Renovierung. Zwangsläufig. Katrin Karl schlängelt sich unter dem Gerüst durch, schließt die Tür auf. Durch die Sakristei gelangt sie in den Altarraum und zeigt nach oben: Ohne das Gerüst, das hier im Innenraum steht, dürften in der Kirche gar keine Gottesdienste mehr gefeiert wären. Zu gefährlich. Teile der Decke könnten abstürzen, eine gotische Rippe den Pfarrer oder Ministranten treffen. Seit vier Jahren gibt es dieses Stützgerüst schon.

Die Ansage der Fachleute damals sei deutlich gewesen, erinnert sich Katrin Karl: "Entweder Kirche zumachen oder Gerüst rein." "Und wir haben uns fürs Gerüst entschieden", ergänzt Pfarrer Michael Menzinger. Auch ihn beschäftigt, seit er im Herbst 2014 die Pfarreiengemeinschaft Aresing-Weilach und damit auch Rettenbach übernahm, diese Sanierung, die den finanziellen Rahmen einer kleinen Gemeinde von Gläubigen schlichtweg sprengt. Deswegen hofft Menzinger auch auf etwas mehr Geld aus Augsburg: "Dass die Leute brav ihre Kirchensteuer zahlen, sollte für die Diözese Anlass sein, einen ordentlichen Sonderzuschuss zu geben." Nicht nur die großen Kirchen in der Domstadt müssten in Schuss gehalten werden, sondern auch die kleinen auf dem Land. Gerade, wenn es sich um ein solch "barockes Juwel" handle wie Sankt Ottilia.

Und aus noch einem Grund hofft der Pfarrer auf wohlwollende Finanzzuweisungen vom Bistum: "Das ist früher mal eine bedeutende Wallfahrt gewesen - zur heiligen Ottilia in Rettenbach." Davon zeugen heute noch ein paar Votivtafeln im Altarraum, die - wie so vieles - einer Restaurierung bedürften. Ottilia hilft bei Augenleiden - und die sind heute eine Volkskrankheit. Vielleicht suchen ja Gläubige künftig wieder vermehrt die Hilfe der Heiligen, kommt eine erneute Wallfahrt in Gang, hofft Menzinger.

Doch bevor sich die Filialkirche Sankt Ottilia den Pilgern präsentieren kann, muss sie erst einmal herausgeputzt werden. An der Gebäudehülle ist schon viel passiert. Vor allem am Dachstuhl bestand Handlungsbedarf: "Da waren teilweise ganze Balken morsch", erklärt Katrin Karl. Doch einfach den alten Dachstuhl runterreißen und einen neuen draufsetzen - das gehe nicht. Der Denkmalschutz habe ein Auge drauf, dass so viel wie möglich von der alten Substanz erhalten bleibt und nur die morschen Stellen herausgeschnitten und ersetzt werden. Das sei schließlich einer der besterhaltenen Barockdachstühle im ganzen Landkreis. Und noch etwas hat die Arbeiten erschwert und zum Teil verzögert: Da oben wohnen Fledermäuse. Und die dürfen zu gewissen Zeiten nicht gestört werden.

Zum Glück sei das Gebäude statisch in Ordnung, sagt Pfarrer Menzinger. Die Maurerarbeiten halten sich also in Grenzen, es geht vor allem um Angleichungen im Dachbereich. Auch zahlreiche Dachplatten müssen ausgetauscht werden, und dann sind da noch die Stuckateure, die Schäden am Putz - auch innen - ausbessern. Hört sich eigentlich nicht nach viel an. Kostet aber 590000 Euro. Die Tücken der Altbausanierung, besonders, wenn es sich um eine im Kern mehr als 500 Jahre alte Kirche handelt und der Denkmalschutz immer wieder ein Auge drauf hat. Von einer "viel besuchten Baustelle" redet deshalb auch der Pfarrer: "Wir haben hier ständig Begehungen." Umso ärgerlicher ist da für Katrin Karl, dass das Landesamt für Denkmalpflege zwar ständig mitreden wolle, aber keinen Cent Zuschuss bezahlt habe.

Pfarrer Menzinger erwähnt dagegen dankbar die Bayerische Landesstiftung. Die habe, ergänzt Katrin Karl gleich, 40000 Euro zugesagt. 20000 Euro gebe der Bezirk, 8000 der Landkreis, fast 60000 - zehn Prozent der Bausumme - die Gemeinde Aresing. Und den größten Anteil an der Finanzierung habe mit 60 Prozent der Gesamtkosten die Diözese. Bleiben aber immer noch gut 100000 Euro, die aus den Rücklagen der Kirchenstiftung beglichen werden müssen. Die Rettenbacher konnten 57500 Euro aus Eigenmitteln zur Verfügung stellen, zudem habe es, wie Menzinger erklärt, beim Bistum eine Rücklage für Sankt Ottilia in Höhe von 30000 Euro gegeben. Mit Spenden von 25 Einzelpersonen, dazu von der Freiwilligen Feuerwehr, der Raiffeisenbank und der Jagdgenossenschaft, kommt man bei der Außensanierung gerade so über die Runden.

Etwas ratlos wirken Kirchenpflegerin und Pfarrer dagegen, wenn sie an die Innensanierung denken. Die Kostenschätzung liegt bei 428000 Euro, "aber das ist schon die abgespeckte Version", sagt Katrin Karl. Und zumindest ein Teil davon lässt sich gar nicht mehr schieben: Das Ausmerzen des Holzwurms. Überall an den Kirchenbänken, aber auch an den Altären findet man kleine Häufchen ganz feinen Sägemehls. Wenn es auch mit der Innensanierung vor 2020 sicherlich nichts wird - vorher müssen noch ein Finanzierungsplan erstellt und weitere Zuschüsse beantragt werden -, so hat die Holzwurmbeseitigung nun doch alleroberste Priorität. Dafür müsse die Kirche für mehrere Tage vollkommen abgesperrt und mit Folien abgehängt werden, denn für den Kampf gegen den Holzwurm wird ein giftiges Gas verwendet.

Etwas langwieriger dürfte es werden, die Feuchtigkeit aus dem Gebäude zu bekommen. Der Boden sei nur auf Sand verlegt, erklärt Katrin Karl, die Feuchtigkeit ziehe die Wände hoch. Und auf der Empore habe sich zudem der Hausschwamm eingenistet. Dann muss die Empore selbst hergerichtet werden, die historischen Kirchenbänke werden abgeschliffen, die Deckenmalereien restauriert, der gesamte Innenraum neu ausgekalkt.

Um Geld für die Innensanierung zusammenzubekommen, müssen Kirchenpflegerin, Pfarrer und eigentlich alle Mitglieder der Gemeinschaft in Rettenbach kreativ werden. Sollen vielleicht symbolische Bausteine oder echte alte Dachplatten gegen großzügige Spenden verkauft werden? Feiert man Feste, um mit dem Getränkeverkauf Geld in die Kasse zu bringen? Gute Ideen seien immer willkommen - Spenden, die einfach so geleistet werden, natürlich auch, sagt Katrin Karl. Pfarrer Menzinger will sich in Augsburg um einen möglichst hohen Sonderzuschuss bemühen - regulär gebe es für Innensanierungen kein Geld, sagt er. Aber eine großzügige Zuweisung aus Augsburg sei unverzichtbar. Schließlich soll das Rettenbacher Kirchlein, das schon ein halbes Jahrtausend auf dem Buckel hat, bereitstehen, wenn die Wallfahrt zur heiligen Ottilia wieder einmal in Mode kommen sollte.
 

Bernd Hofmann