In einer E-Kutsche, die mit einem Elektromotor angetrieben statt von Pferden gezogen wurde, fuhr Roland Wegner am vergangenen Samstag beim Plärrerumzug durch die Augsburger Innenstadt. Nun hat der Stadtrat der V-Partei noch einmal nachgelegt und einen Offenen Brief an das Veterinäramt der Stadt Augsburg geschrieben. Er möchte, dass sich das Amt für „das Ende dieser Tierquälerei“ einsetzt. Seine Forderung, keine Pferde mehr auf dem Plärrerumzug zuzulassen, stößt indes auf viel Kritik.
Eine kleine Gruppe aus Tierrechtlern und Mitgliedern der V-Partei hatte am Samstag auf dem Rathausplatz protestiert. Als der Umzug, angeführt von Pferdekutschen mit Politprominenz, den Platz passierte, riefen die Demonstrierenden den Teilnehmerinnen und Teilnehmern „Tierquäler“ entgegen. Auf einem Schild mit einer Karikatur von Markus Söder, der zusammen mit Augsburgs Oberbürgermeisterin Eva Weber in einer Pferdekutsche saß, war „Zieh deine Kutsche selber!“ zu lesen.
„Man kann auch jede Tradition kaputt machen“
Die Teilnehmer konterten mit: „Man kann auch jede Tradition kaputt machen“ und „den Pferden geht es gut“.
Letzteres sei aus Wegners Sicht anders gewesen. Nachdem die Tiere sich bereits frühmorgens an einem Sammelplatz einfanden, warteten sie ab 11.20Uhr auf der Maximilianstraße. Vor allem die letzten Gespanne des Umzugs hätten bis zu zwei Stunden auf der Stelle gestanden – unter lauter Musikbeschallung, wie Wegner beschreibt. Schatten hätte es, bei Temperaturen über 30 Grad, nur für die menschlichen Teilnehmer, nicht aber für die Pferde gegeben.
„Zwei ganze Stunden unter unglaublich heißen Temperaturen bei direkter Sonnen- und UV-Einstrahlung“ ausharren zu müssen – da falle ihm kein anderes Wort als „gequält“ ein, betont der Stadtrat. Und: „Ich konnte auch beobachten, wie die Pferde in ihrer Standzeit verzweifelt den Metallbügel aus ihrem Maul loswerden wollten.“
„Ultrahohe Temperaturen“, kein Futter und laute Musik
Die Liste der Kritik sei also lang: „Direkte Sonneneinstrahlung, ultrahohe Temperaturen auf dem Pflaster der Maximilianstraße bei einer zweistündigen Wartezeit, kein Futter, keine Bewegungsmöglichkeit, laute Musik und einen Metallbügel im Maul. Und danach mehr als eine Stunde Stop and Go mit vollbeladenem Traktoranhänger.“ All dies könne nicht im Sinne des Tierschutzgesetzes – „Niemand darf einem Tier ohne vernünftigen Grund Schmerzen, Leiden oder Schäden zufügen“ – sein.
In seinem Offenen Brief bezieht sich Wegner konkret auf „die beiden Pferde, die den FDP-Traktor-Anhänger und später circa zehn Personen ziehen mussten“, denn das Gespann der Augsburger FDP sei vier Positionen vor seiner elektrischen Kutsche – und direkt hinter einem Partymusikwagen − gewesen.
Forderung nach Verzicht auf Pferde nur Populismus?
Die FDP wehrt sich in einem Statement und wirft Wegner „schäbigen und billigen Populismus“ vor. „Stadtrat Wegner scheint jedes Mittel recht zu sein, um in die Öffentlichkeit zu gelangen. Dabei nimmt er in Kauf, nicht nur den guten Ruf alteingesessener Kutschunternehmen zu beschädigen, sondern auch die FDP Augsburg stellvertretend für viele andere Parteien und Vereine, die mit Pferden und Planwagen am Plärrerumzug teilgenommen haben, beim Veterinäramt an den Pranger zu stellen“, so der Kreisvorsitzende der FDP Augsburg, Ralf Neugschwender. Die Pferde am Planwagen der FDP seien regelmäßig mit Wasser versorgt worden, besonders während der Wartezeit vor dem Start des Umzugs.
Wäre es Wegner an der Sache gelegen, würde er das Gespräch mit den Betroffenen suchen, heißt es von Neugschwender – sei es mit den Kutschunternehmen, den Organisatoren des Umzugs, der FDP Augsburg oder anderen Beteiligten. Seine Partei sei jedenfalls bereit, „an einer grundlegenden Debatte teilzunehmen, ob der Umzug in Zukunft umgestaltet werden soll, um Tradition und Tierwohl gleichermaßen gerecht zu werden“, so Neugschwender.
AZ
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