Vorwürfe der Täuschung
JVA Augsburg-Gablingen: Hafträume vor Visite der Anti-Folter-Kommission präpariert?

05.11.2024 | Stand 05.11.2024, 16:59 Uhr |

In der JVA Augsburg-Gablingen sollen vor einer kurzfristigen Kontrolle durch die Nationale Stelle zur Verhütung von Folter besonders gesicherte Hafträume präpariert worden sein. − Foto: Karl-Josef Hildenbrand/dpa

In Zusammenhang mit möglichen Missständen in der JVA Augsburg-Gablingen werden weitere Vorwürfe bekannt. Es geht um die unangemeldete Visite der Anti-Folter-Kommission in dem Gefängnis im August 2024.

  

In der JVA Augsburg-Gablingen sollen vor einer kurzfristigen Kontrolle durch die Nationale Stelle zur Verhütung von Folter besonders gesicherte Hafträume präpariert worden sein. Dies berichtete die Kriminologin Angelika Lang der Deutschen Presse-Agentur unter Berufung auf JVA-Bedienstete. Demnach soll die Anti-Folter-Kommission bei ihrem unangekündigten Besuch im August 2024 am Einlass habe warten müssen. Währenddessen soll die inzwischen vorläufig suspendierte stellvertretende Leiterin Bedienstete angewiesen haben, in den besonders gesicherten Hafträumen Matratzen, Decken und Unterhosen zu verteilen, sagte Lang.

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Nach dpa-Informationen sollen etwa 30 Minuten vergangen sein, ehe die Kontrolleure in einen besonders gesicherten Haftraum geführt wurden. Auf dpa-Nachfrage wollte sich die Nationale Stelle zur Verhütung von Folter nicht zu dem Fall äußern.

Das Justizministerium verwies auf die Staatsanwaltschaft, die sich wegen der laufenden Ermittlungen ebenfalls nicht zu dem Vorwurf äußern wollte. Die Anwälte der suspendierten stellvertretenden Leiterin gaben zu dem Täuschungsvorwurf gegen ihre Mandantin keine Stellungnahme ab. Behörden und Anwälte verweisen auf die Unschuldsvermutung.

Minister: Anonymer Hinweis auf Täuschung



Justizminister Georg Eisenreich (CSU) hatte am Donnerstag gesagt, nach der unangemeldeten Visite der Anti-Folter-Kommission in der JVA Augsburg-Gablingen im August 2024 sei ein anonymer Hinweis im Ministerium eingegangen, demzufolge die Prüfer von der Anstalt getäuscht worden seien. Der Bericht der Nationalen Stelle zur Verhütung von Folter zu dem Besuch liege bisher nicht vor.

Die Institution mit Sitz in Wiesbaden ist für rund 13.000 Einrichtungen in ganz Deutschland zuständig, darunter sind neben Gefängnissen auch Senioren- und Behinderteneinrichtungen, Kinderheime oder die Polizei.

Die Kriminologin und Sozialpädagogin Angelika Lang gehört zu den Initiatoren des Gefangenen-Netzwerkes Set Free e.V. und ist nach eigenen Angaben als freiberufliche Beraterin tätig. Set Free ist nach Vereinsangaben Ansprechpartner für Häftlinge und deren Angehörige und setzt sich unter anderem für soziale Gefängnisarbeit und für die Resozialisierung ehemaliger Strafgefangener ein.

Ermittlungen gegen zehn Beschuldigte



Vorvergangenes Wochenende waren Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Augsburg zu Vorwürfen möglicher Häftlingsmisshandlung gegen mehrere Mitarbeiter der JVA Augsburg-Gablingen bekanntgeworden. Die suspendierte Stellvertreterin ist eine von insgesamt zehn beschuldigten Mitarbeitern des Gefängnisses, gegen die ermittelt wird. Sie wies die gegen sie erhobenen Vorwürfe über ihre Anwälte zurück.

Nach Behördenangaben geht es unter anderem um mögliche Körperverletzungsdelikte im Amt sowie um tätliche Übergriffe von Beschäftigten auf Gefangene. Es bestehe der Anfangsverdacht, dass Gefangene möglicherweise unbekleidet in sogenannten besonders gesicherten Hafträumen ohne gefährdende Gegenstände untergebracht worden sein sollen, ohne dass die besonderen Voraussetzungen für diese Maßnahme vorlagen.

Laut Ministerium wurden Disziplinarmaßnahmen gegen die Beschuldigten eingeleitet. Die Anstaltsleiterin wurde ebenfalls vorläufig suspendiert. Sie sei weder Beschuldigte in einem Ermittlungsverfahren, noch laufe gegen sie ein Disziplinarverfahren, betonte der Minister.

− dpa

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