Pfaffenhofen
"Es ist schwierig abzuschätzen"

Coronavirus: Die großen Arbeitgeber im Landkreis bleiben gelassen, die meisten bereiten sich aber auf den Ernstfall vor

03.03.2020 | Stand 23.09.2023, 11:00 Uhr
Beim Babynahrungshersteller Hipp läuft die Produktion ganz normal. Nur auf Dienstreisen sollen die Mitarbeiter in Zeiten des Coronavirus verzichten. −Foto: Hipp, dpa

Pfaffenhofen - Die großen Arbeitgeber im Landkreis Pfaffenhofen gehen bislang entspannt mit der Ausbreitung des neuartigen Coronavirus um. Noch gibt es keinen Fall im Landkreis, und auch auf den Betrieb in den einzelnen Firmen hat die Lungenkrankheit noch keine Auswirkungen. Dennoch haben sich einige Unternehmen einen Plan zurechtgelegt, was im Fall der Fälle passieren soll.

 

Schon mal Entwarnung gibt Anke Reuter-Zehelein von den Pfaffenhofener Stadtwerken, was die Versorgung mit Wasser, Strom und Gas angeht. Das gehöre zur Daseinsvorsorge. Selbst wenn die Mitarbeiter unter Quarantäne gestellt werden würden, sei die Versorgung gewährleistet. "Wir haben einen Katastrophenplan, der dann greifen würde", sagt Reuter-Zehelein.

"Wir haben eine eigene Arbeitsgruppe gebildet, die täglich die Lage für Hipp neu bewertet. Wir bereiten uns auf alle Eventualitäten vor", sagt Clemens Preysing vom Babynahrungshersteller Hipp. "Natürlich informieren wir unsere Mitarbeiter laufend." Um Infektionen vorzubeugen, werden unter anderem Dienstreisen möglichst ausgesetzt - nicht nur in die betroffenen Regionen. Diese Anweisung gilt zunächst bis Mitte März.

Das würde auch Josef Kempf seinen Mitarbeitern raten. "Bevor jetzt einer in ein Risikogebiet fährt, würde ich sagen, er soll es erst mal telefonisch probieren", sagt der Geschäftsführer des gleichnamigen Rohrbacher Backblechherstellers. Klare Regelungen gibt es bei Kempf aber nicht. "Es gibt keinen Notfallplan. Ich sehe nicht, dass es schlimmer ist als eine normale Grippe. Ich habe auch noch nicht festgestellt, dass im Betrieb Panik wäre, nur weil einer einen Schnupfen hat." Und auch auf das Geschäft hat die Coronaepidemie bei dem Backblechhersteller keine Auswirkungen. Zwar gehören auch Discounter aus Italien zu Kempfs Kundenstamm. "Aber ich habe nicht gehört, dass die jetzt ihre Läden zusperren." Und bis sich Probleme bei Zulieferern aus China - zum Beispiel von Beschichtungsmaterial - absehen lassen, würden mindestens sechs bis acht Wochen vergehen. Die Ware kommt auf dem Seeweg. "Bis jetzt konnte ich keine Engpässe feststellen", sagt Kempf.

Auch beim Hohenwarter Transportunternehmen Amenda läuft alles normal - die Lastwagenfahrer beliefern sogar nach wie vor Kunden im Risikogebiet Lombardei. "Dort dürfen die Fahrer nicht aussteigen, der Austausch der Papiere läuft über Briefkästen", berichtet Geschäftsführer Sebastian Amenda. "In Bayern selber haben wir noch nichts gemerkt." Für den Fall, dass sich einer der eigenen Mitarbeiter mit dem Coronavirus infiziert, sieht sich Amenda gerüstet. Die Lkw seien sowieso überall verteilt, lediglich Quarantänemaßnahmen für Mitarbeiter im Büro und in der Werkstatt könnten die Arbeit in größerem Maße beeinflussen. "Die Disposition könnten wir über eine Cloud-Lösung machen, für Reparaturen müssten wir aber wahrscheinlich auf Fremdwerkstätten ausweichen. Aber es ist schwierig abzuschätzen, das Ganze."

Der Lebensmittellogistiker Nagel Group, der eine Niederlassung in Schweitenkirchen hat, muss ebenso noch keine Einschränkungen fürchten. "Aktuell gibt es keine konkreten Auswirkungen auf unser Tagesgeschäft in der Niederlassung Schweitenkirchen oder an anderen Stellen in unserem Netzwerk", schreibt Unternehmenssprecher Nils Ortmann per E-Mail. "Wir nehmen die Situation sehr ernst, beobachten genau die aktuellen Entwicklungen und befolgen die aktuellen Hygieneempfehlungen des Robert-Koch-Instituts sowie der örtlichen Behörden."

Beim Jetzendorfer Schuhhersteller Lowa läuft die Produktion ganz normal weiter. Laut Geschäftsführer Alexander Nicolai werden die Schuhe ausschließlich in Europa produziert. Selbst Lieferanten aus Italien hätten keine Betriebsschließungen oder Lieferverzögerungen angekündigt. "Allerdings verzeichnet unser Distributeur in China aufgrund der dortigen Situation geringere Umsätze", schreibt Nicolai. Das Gesamtergebnis von Lowa werde davon aber nicht gravierend betroffen sein. Für den Fall einer Infektion in der eigenen Belegschaft haben die Jetzendorfer einen Notfallplan ausgearbeitet. "Dieser beinhaltet Maßnahmen, wie wir zumindest die nötigsten Funktionen unseres Geschäfts im Ernstfall am Laufen halten könnten", erklärt Nicolai.

Beim Verpackungsmittelhersteller Thimm setzen die Verantwortlichen auf Prävention: "Aufgrund der hochdynamischen Entwicklung bei der Ausbreitung des Coronavirus in Europa haben wir in der Thimm-Gruppe im Sinne unserer unternehmerischen Sorgfaltspflicht zusätzliche präventive Maßnahmen an allen Standorten eingeleitet. Die Gesundheit unserer Mitarbeiter, Kunden und Geschäftspartner hat für uns oberste Priorität", schreibt Sprecherin Meike Brönneke zur Situation. "Dazu halten wir uns an die vorgeschriebenen Richtlinien der Behörden und führen die damit verbundenen und verschärften Hygienestandards jederzeit aus. Zum jetzigen Zeitpunkt ist uns in der Thimm-Gruppe und bei direkten Geschäftspartnern kein Coronavirus-Fall bekannt."

Viele besorgte Anrufer wenden sich an Bernhard Wallner vom gleichnamigen Reisebüro. "Die Leute sind verunsichert", sagt er. "Manche wollen jetzt ihren Urlaub im August stornieren." Für gebuchte Reisen ist das aber im Normalfall nicht möglich. "Aber die Veranstalter haben reagiert", sagt Wallner. Bei Neubuchungen sind teilweise gebührenfreie Stornierungen oder Umbuchungen möglich, die Lufthansa hat Flüge aufs chinesische Festland bis 24. April und nach Teheran bis Ende April storniert. Flüge mit Ziel Norditalien können Kunden kostenlos umbuchen.

PK

Severin Straßer