Gemeinsam am Tisch der Religionen

Die Stadt Pfaffenhofen setzt sich für ein Miteinander der verschiedenen Religionsgemeinschaften ein. Die Veranstaltung hatte der Internationale Kulturverein 2009 ins Leben gerufen.

15.11.2018 | Stand 02.12.2020, 15:14 Uhr
Großer Andrang: Zum diesjährigen "Tisch der Religionen" sind rund 50 Interessierte gekommen. Mit dabei waren auch Referent Mathias Rohe (unten, von links), Sabine Rieger und Josef Steinbüchler. −Foto: Steinbüchler

Die Stadt Pfaffenhofen setzt sich für ein Miteinander der verschiedenen Religionsgemeinschaften ein. Die Veranstaltung hatte der Internationale Kulturverein 2009 ins Leben gerufen.

Pfaffenhofen (esr) Um ein gutes Miteinander der verschiedenen Religionsgemeinschaften in Pfaffenhofen, um gegenseitiges Kennenlernen und Verständnis füreinander geht es beim "Tisch der Religionen", den der Internationale Kulturverein Pfaffenhofen im Jahr 2009 ins Leben gerufen hat. Seitdem hat es etliche Treffen gegeben und abwechselnd haben die katholische Stadtpfarrei, die evangelisch-lutherische und die evangelisch-freikirchliche Gemeinde, die Neuapostolische Kirche, die buddhistische Gemeinschaft, die türkisch-islamische Ditib-Gemeinde sowie der albanisch-deutsche Kulturverein Sali Çekaj dazu eingeladen und sich und ihre Arbeit vorgestellt. Immer mit dabei waren auch Vertreter der Stadt Pfaffenhofen - und so lud jetzt die Stadt an den "Tisch der Religionen" im Rathaus ein.

Bürgermeister Thomas Herker und die Koordinatorin für Integration, Sabine Rieger, konnten rund 50 Gäste im Festsaal des Rathauses begrüßen. Referent des Abends war der Jurist und Islamwissenschaftler Mathias Rohe von der Universität Erlangen-Nürnberg. Er sprach über das Verhältnis der Religionsgemeinschaften zum deutschen Rechtsstaat. So trocken das Thema klang, so leidenschaftlich und unterhaltsam brachte Rohe es den interessierten Zuhörern nahe.

In den letzten Jahrzehnten hat sich in der deutschen Gesellschaft vieles verändert. Thomas Herker erinnerte sich an ein schwieriges Verhältnis zwischen Katholiken und Protestanten noch in den 80er Jahren. Inzwischen leben hier auch viele Muslime. "Die Aufgabe der Stadt ist es, ein gutes Miteinander zu ermöglichen, auch für künftige Generationen", sagte der Bürgermeister. Dazu leiste auch der Tisch der Religionen seit Jahren einen wertvollen Beitrag.

Seit fast 100 Jahren, so führte Rohe aus, ist der Freistaat Bayern ein säkularer (also nicht mehr religiöser) Rechtsstaat. Hier wird aber eine religionsoffene Säkularität gepflegt, in der alle Beteiligten zur Kooperation aufgerufen sind. Dabei darf der Staat sich allerdings nicht in die Inhalte der Religionen einmischen und er muss alle Kirchen und Religionsgemeinschaften gleich behandeln. Es gibt also auch kein Privileg fürs Christentum.

"Aber Religion und Politik müssen nicht getrennt sein - sie haben sehr wohl miteinander zu tun", betonte der Jurist und bezeichnete die Zusammenarbeit zwischen Vertretern von Staat und Religionsgemeinschaften als sehr wichtig. Immerhin leisten die Kirchen und Religionsgemeinschaften viel für die Gesellschaft. Während aber die beiden großen christlichen Kirchen längst etabliert sind, stehen die Muslime hier vor großen Herausforderungen, erläuterte Rohe, zumal die meisten von ihnen ja ehrenamtlich arbeiten. Ein wichtiges Thema sei hier beispielsweise der muslimische Religionsunterricht, den es mittlerweile an mehr als 350 Schulen in Bayern gebe.

Mit Ditib, der größten islamischen Organisation in Deutschland, gebe es seit vielen Jahren eine gute Zusammenarbeit, führte Rohe aus, und die sollte man seiner Meinung nach auch trotz der derzeitigen Lage in der Türkei nicht in Frage stellen. "Ditib hat über 900 Moscheen in Deutschland, und davon sind nur sieben problematisch", erklärte er. "Wir haben keine Nachweise dafür, dass eine politische Einflussnahme in direkter Form von Erdogan stattfindet." "Die türkische Gesellschaft bei uns ist zerrissen seit dem gescheiterten Putschversuch", erläuterte Rohe und gerade jetzt müsse man "aufpassen, dass wir sachorientiert bleiben und nicht den Großteil der türkischen Bevölkerung verprellen, weil wir jetzt misstrauisch werden". Gerade auf kommunaler Ebene bestünden aber die besten Chancen für eine gute Kooperation, da es viele gemeinsame Interessen gebe und allen an einer friedvollen Zusammenarbeit gelegen sei.

Rohe bezog klar Stellung gegen "die Korruptheit der Familie Erdogan", gegen die Christenverfolgung in Pakistan oder den Wahabismus Saudi-Arabiens, aber auch gegen islamfeindliche Forderungen der AfD. In Deutschland gebe es grundsätzlich "glücklicherweise eine versöhnliche Grundlage: auch die anderen Religionen haben ihre Wahrheit". Allerdings sei auch hier das Klima rauer geworden. "Das öffentliche Debattenklima ist brutal geworden, es gibt teils bösartige, herabwürdigende Äußerungen über Minderheiten." Da müsse sich die Zivilgesellschaft dagegen positionieren, forderte Rohe, denn "wir sind doch stark, es geht uns gut". Und das, so fügte er augenzwinkernd hinzu, "sollten wir genießen, denn heute sind die guten alten Zeiten von übermorgen".

Beim anschließenden Austausch an kleinen runden Tischen kam es zu vielen guten und engagierten Gesprächen unter den Besuchern der Veranstaltung. Da in vielen Pfaffenhofener Religionsgemeinschaften in letzter Zeit bei den verantwortlichen Leitungen neue Personen gewählt wurden, bot dieses Treffen gleichzeitig die Möglichkeit, die "Neuen" kennenzulernen.