Anmaßend gegenüber Eltern, die sich zerreißen müssen

17.01.2021 | Stand 10.03.2021, 3:34 Uhr

Zum Artikel "Das nehme ich der Regierung sehr übel" und zur Kolumne "Habt Bock auf Eure Kinder" (PK vom 15. Januar):Meine Wut und mein Entsetzen über die Aussagen "Habt Bock auf Eure Kinder" und "Das nehme ich der Regierung sehr übel" sind groß.

 

Wie anmaßend und unverschämt das gegenüber allen Eltern ist, die sich mal wieder seit 16. Dezember zwischen Familie, Arbeit und Haushalt zerreißen müssen und das zum überwiegenden Großteil auch tun, ist den Autoren wohl völlig gleichgültig und wird mit keiner Silbe erwähnt.

Als wenn nicht Tausende von Eltern letztes Jahr von März bis Juni mit Kindern im Homeoffice arbeiten und die Mehrfachbelastung von Kindererziehung, Fürsorge, Haushalt und Arbeit stemmen mussten, wird hier in diesen beiden Artikeln so getan, als wäre das eine absolute Selbstverständlichkeit für jede Mutter und jeden Vater das jetzt einfach nochmal easy peasy zwölf Wochen oder länger durchzuhalten.

Im ersten Lockdown im Frühjahr 2020 wurden Familien zwölf Wochen lang im Stich gelassen. Niemand ist für die Verdienstausfälle aufgekommen, die Urlaubstage sind einer nach dem anderen für die Betreuung der Kinder daheim drauf gegangen, nur wirklich wichtige Berufe durften ihre Kinder in die Notbetreuung schicken. Hier wurde genau geschaut, welche Berufe für unser System tatsächlich relevant sind. Großeltern standen auf der absoluten No-Go-Liste, wenn es um die Betreuung der eigenen Enkel ging. Es war jedem vollkommen egal, wie sich das Einsperren in den vier Wänden auf die Kinder auswirkt, ob sie damit umgehen können oder nicht, ob die Eltern es aushalten können oder nicht. Erst nach vielen Wochen wurde die Notbetreuung Schritt für Schritt geöffnet. Da war für viele der Zenit an Belastung und Frustration schon längst überschritten.

Im zweiten Lockdown hat die Regierung ein bisschen mehr Herz für die Familien übrig und hat von Beginn an die Notbetreuung für alle zugelassen, die ohne Großeltern und Betreuungs-Tandem-Familien auskommen müssen und nicht erneut wochenlange Arbeit mit Kind/Kindern vereinbaren können. Auch interessant, dass es dieses Mal sogar gewünscht ist, dass die Kinder zu den Großeltern gehen, lieber noch als die Notbetreuung wahrzunehmen.

Dass man nun statt Notbetreuung auch Kinderkrankentage in Anspruch nehmen kann, ändert gar nichts an der Tatsache, dass Eltern nicht wochen- oder monatelang ihrer Arbeit fernbleiben können. Hier geht es auch um Arbeitsplätze. Mag sein, dass ein paar wenige schwarze Schafe unter den Eltern sind, die die Notbetreuung in Anspruch nehmen, obwohl sie es anders stemmen könnten. Das ist sicherlich nicht die Mehrheit. Die Mehrheit hat sich seit über einem Jahr in alle Richtungen zerrissen und versucht sich selbst zu organisieren, ohne Notbetreuung. Aber irgendwann geht es nicht mehr und dann muss eben das Angebot Notbetreuung wahrgenommen werden können.

Sobald ein oder zwei Kitas mit ein paar Plätzen mehr betreuen wird sofort los geschrien. Dass es aber genug Kitas gibt, die weit unter dem Schnitt liegen, wo Erzieher aktuell eine Eins-zu-Eins-Betreuung leisten, weil sich sonst niemand angemeldet hat, das wird natürlich nicht erwähnt. Das entspricht ganz der pseudo-familienfreundliche Politik der Stadt Pfaffenhofen.

Und dass die Politik absolut unfähig ist, mit ihrer Lockdown-Handhabe, hat sie seit November mehrfach bewiesen. Statt einmal einen strikten Lockdown zu verhängen, plätschert seit Monaten der Lockdown-light, ein bisschen mehr Lockdown Teil eins, ein bisschen noch mehr Lockdown Teil zwei und nun wohl bald nochmal ein bisschen mehr Lockdown Teil drei vor sich hin. Hier hätte man deutlich früher reagieren können, dann würden wir jetzt nicht da stehen wo wir eben stehen.

Wie wäre es, wenn mal die Arbeitnehmer ins Homeoffice gehen, die keine Kinder haben und dann so die Infektionszahlen endlich sinken würden! ? An den Eltern liegt es sicherlich nicht, die werden ja auf Grund der Kita- und Schulschließungen schließlich schon seit Mitte Dezember ins Homeoffice geschickt.

Aber dank Artikeln wie den oben genannten, die der Politik sehr entgegen kommen, wird die Notbetreuung sicherlich ohnehin abgeschafft werden und wieder ausschließlich den systemrelevanten Eltern zur Verfügung stehen.
Franziska Köhler-Baudisch, Pfaffenhofen