Was für ein Demokratieverständnis

06.03.2018 | Stand 02.12.2020, 16:44 Uhr

Zum Artikel "Neues Baugebiet planerisch auf den Weg gebracht" (Geisenfelder Zeitung vom 23. Januar):

In der Berichterstattung kamen sowohl die Argumente der Stadträte, der Verwaltung, als auch der Kritiker wie zum Beispiel Anwohner und Bund Naturschutz (BN) zur Sprache. Als Autor der Stellungnahme des Bund Naturschutz möchte ich mich dazu kurz äußern, nachdem ich (vergeblich) abgewartet habe, ob noch weitere Stellungnahmen dazu erfolgen.

Grundsätzlich ist die Stadtverwaltung eine Dienstleistungseinrichtung für die Bürger und wird von deren Steuergeldern finanziert. Die Stadträte wurden gewählt, um die Interessen der Bürger zu vertreten. Vor diesem Hintergrund, an den sich wohl manche Mitglieder der genannten Gremien nicht mehr so gern erinnern wollen, erscheint es doch sehr seltsam, wenn man "angesäuert" ist, weil Bürger versuchen, sich bei ihnen Gehör zu verschaffen. Dass ich mich schon im Vorfeld der Stadtratssitzung an Stadträte und eine Fachbehörde gewandt habe, geschah nicht, um hier jemanden zu verärgern. Vielmehr hat die Stadt Geisenfeld nunmehr eine aufwendige Planung (die Kosten trägt der Steuerzahler!) in Gang gesetzt, die aus einer Vielzahl von Gründen, die ich erläutert habe, nicht sinnvoll erscheint. Vor diesem Irrweg wollte ich die Stadträte warnen. Es stimmt natürlich, dass die fertigen Pläne dann ausgelegt werden und dabei die Öffentlichkeit beteiligt wird. Doch wie oft werden in diesem Stadium noch Pläne nach Kritik von Bürgern aufgehoben oder radikal verändert? Mir ist kein einziger Fall bekannt. Wenn überhaupt, werden vielleicht noch kleine Details geändert. Daher sollte in diesem frühen Planungsstadium umgesteuert werden. Wenn Bürger und Vereine in dieser Hinsicht versuchen, die sicher nicht in allen Umweltfragen ganz versierten Stadträte auf Risiken und Probleme hinzuweisen, eventuell mit Hilfe von Fachbehörden wie der Unteren Naturschutzbehörde, dann halten einige Volksvertreter das für "unverfroren". Offenbar können sich diese Stadträte auch nicht vorstellen, dass man aus anderen Gründen als der mangelnden Erschließung gegen ein Baugebiet sein kann, wie aus dem Zitat hervorgeht ("so sieht man jetzt, dass es schlichtweg darum geht, mit irgendwelchen Argumenten eine Bebauung in der Nachbarschaft zu verhindern"). Schade, dass sich unsere politischen Vertreter nicht wirklich für unsere Meinung interessieren. Man plant vielmehr, an uns vorbei weiterzuregieren ("nur nicht einknicken"). Schade, dass uns die Namen der Stadträte, die sich so äußern, vorenthalten werden, sonst könnte man leichter bei der nächsten Wahl auf so viel Ignoranz reagieren. Den Mumm hatte offenbar niemand, zu dieser Einstellung zu stehen. Da zumindest öffentlich auch niemand diesen Aussagen widersprochen hat, muss befürchtet werden, dass alle Stadträte so denken. Man regiert wohl lieber am Volk vorbei, als mit ihm in Dialog zu treten. Tatsache ist nämlich auch, dass keines der von mir per E-Mail angeschriebenen Ratsmitglieder mir geantwortet hat. In der Sitzung lauschte ja auch der Redakteur vergeblich nach einer zumindest kurzen Stellungnahme zu der Kritik, selbst bei Fragen danach wollte sich niemand "offiziell" äußern. Was für ein Demokratieverständnis!

Micha Lohr

1. Vorsitzender der Ortsgruppe Wolnzach/Rohrbach des Bund Naturschutz