Schildbürger-Ideen und plumpe Ablenkungsmanöver

14.12.2017 | Stand 02.12.2020, 17:04 Uhr

Zum Artikel "Geruchsbelastung soll verringert werden" (PK vom 11. Dezember):

In dem Artikel über die Erweiterung eines Schweinestalls in Junkenhofen wird deutlich, wie leicht es sich die Landwirtschaft und die Ämter machen, wenn es um Massentierhaltung geht: Anstatt dem Protest der Anwohner Gehör zu schenken, die schon vor drei Jahren Gestank und Wertverlust ihrer Häuser bemängelten, werden jetzt einfach die Abluftrohre höher gebaut, damit der Tiermäster statt knapp 1500 Schweinen über 2500 von ihnen halten kann. Und das, obwohl in der Gegend auch noch eine Hühnermast entstehen soll. Soll die einfach auch über höhere Kamine ihren Gestank in die weitere Umgebung verteilen, wie übrigens auch die geplante Anlage in Eschelbach, die ebenfalls die Leute auf die Barrikaden bringt? Und wie löst man die schleichende Vergiftung der Böden und unseres Trinkwassers über die Gülle? Ach ja, einfach tiefere Brunnen graben und das nitratverseuchte Wasser mit dem Tiefenwasser mischen. Entschuldigung, aber das sind doch allesamt Schildbürger-Ideen! Sind wir es uns und nachfolgenden Generationen nicht schuldig, nachhaltigere Lösungen zu finden?

Dass ein Gemeinderat zustimmt, weil er sowieso nichts stoppen kann, stinkt ebenfalls zum Himmel und ruft nach neuer gesetzlicher Regelung zugunsten mehr kommunaler Mitbestimmung.

Ich verstehe, dass sich die Landwirte konventioneller Betriebe wehren. Sie haben auch allen Grund dazu, sich mit einer zunehmend aufgeklärten Bevölkerung auseinanderzusetzen und es ist in meinen Augen keineswegs "Hetze" (Leserbrief "Ja zu sachlichem Dialog, aber Nein zu pauschaler Hetze" vom 6. Dezember), sondern ein Signal, dass die Menschen die industrielle Tierhaltung ablehnen und zunehmend auch ihr Ernährungs- und Einkaufsverhalten ändern. Es gibt immer mehr Vegetarier und Veganer. Zudem ist die Nachfrage nach Biofleisch seit Jahren höher als das Angebot - wer als Landwirt die Zeichen seiner Zeit verpasst, ist nur zu bedauern. Aber dass als Reaktion auf die Veröffentlichungen über die Killerkeime die Haustiere ernsthaft als Antibiotika-Empfänger aufgeführt werden, empfinde ich als dreistes, plumpes Ablenkungsmanöver. Der Kern der konventionellen Landwirtschaft ist doch wohl die Masse! Wer solche Mengen von Tieren auf engem Raum hält, dass er das einzelne kranke Tier nicht mehr aus dem Stall nehmen und gezielt medizinisch behandeln kann (Unterschied zwischen Massentierhaltung und dem früheren Bauernhof oder dem privaten Haustier), der braucht nunmal vorbeugende Antibiotika, die in großen Mengen direkt ins Futter kommen. Das hat kein privater Kleintierhalter nötig, wie mir aktuell ein Veterinär auch nochmals bestätigte. Ein entsprechendes Verbot ginge somit ins Leere. Was in diesem Land endlich verboten gehört, sind immer größere Tierfabriken, die millionenfaches Leid, Dreck und Gesundheitsgefahren produzieren!

Und dass ein Landbewohner landwirtschaftliche Gerüche ertragen muss, diese Ansicht teile ich, aber in Maßen, nicht in Massen. Das Toleranzgebot stammt aus der Zeit, als es noch idyllische Bauernhöfe mit einem Dutzend Tieren gab. Heute werden Megaställe mit zigtausend zusammengepferchten Tieren gebaut - warum sollten bitte sehr die Anwohner deren Industrie(!)abgase und anderen massenhaften Dreck klaglos hinnehmen?

Annette Hartmann

Geisenfeld