Unterschnatterbach
Die Essenz der Natur

Albrecht Pausch bannt die unverfälschten Aromen des Honigs in Flaschen

16.06.2015 | Stand 02.12.2020, 21:11 Uhr

Albrecht Pausch will „etwas besonders Gutes machen“ und setzt daher schon bei der Auswahl der Rohware kompromisslos auf höchste Qualität - Foto: Grindinger

Unterschnatterbach (PK) In Unterschnatterbach bei Scheyern entstehen kulinarische Spezialitäten besonderer Güte. Albrecht Pausch stellt aus dem Honig der eigenen Bienen erlesene Edelbrände und Essige her. Qualität ist bei der Produktion oberstes Gebot.

Essig verkostet man auf der Hand. Albrecht Pausch träufelt mit der Pipette vorsichtig einen goldgelben Tropfen Lindenblüten-Essig auf den Handrücken. Der Essig schmeckt dezent nach Honig und erinnert an Minze und Melisse. Wer später den dazugehörigen Edelbrand probiert, erlebt einen Aha-Effekt, denn es begegnen einem die gleichen Aromen wie im Essig. „Der reine Geschmack der Lindenblüte“, sagt Albrecht Pausch. Von unangenehmer Schnaps-Schärfe im Übrigen keine Spur. Das ist in Pauschs Augen auch entscheidendes Qualitätsmerkmal eines Edelbrandes: „Im Gegensatz zum Qualitätsbrenner nimmt der Mengenbrenner Schärfe in Kauf.“ Deshalb lagert minderwertiger Schnaps oftmals im Kühlschrank, da so die Schärfe weniger herauskommt. Albrecht Pauschs Erzeugnisse sollen immer sauber nach der jeweiligen Frucht oder Blüte schmecken – und bei Zimmertemperatur genossen werden.

Der 58-Jährige hat sich mit Leib und Seele dem Bienenhof verschrieben, den er zusammen mit seiner Frau Helga in Unterschnatterbach bei Scheyern betreibt. Aktuell hat das Unternehmer-Paar rund 200 Bienenvölker, drei Hektar Obstanbau und ein umfangreiches Sortiment, das von Honig über Essig bis hin zu Edelbränden, Likören und Geisten aus Obst sowie aus Honig reicht. Im Hofladen kommt der Gourmet-Kunde kaum aus dem Staunen heraus: Brände aus Quitte, Williamsbirne oder Erdbeere sind einem ja noch geläufig, doch aus Lindenblüten-, Akazien- und Edelkastanienhonig? „Unsere sortenreinen Honig-Brände sind eine absolute Rarität“, bestätigt Albrecht Pausch. Der Begriff „sortenrein“ bedeutet, dass ausschließlich eine Sorte Honig gebrannt wird und nicht etwa der Honig verschiedener Blüten. Das erregt selbst das Interesse von Kennern und Fachleuten: Auf der Fachmesse „Finest Spirits“ in München, wo jährlich die Experten in Sachen Spirituosen zusammenkommen, habe er mit dem Lindenblütenbrand dieses Jahr regelrecht für Aufsehen gesorgt, erzählt der ausgebildete Edelbrandsommelier – nicht ganz ohne Stolz. Die Leute seien eben immer auf der Suche nach dem Außergewöhnlichen, ist sich Pausch sicher.

„Etwas besonders Gutes zu machen“ – das ist sein Anspruch. Der Scheyerer ist keiner, der sich mit halben Sachen zufrieden gibt. Standvermögen ist in seinen Augen vor allem in der Edelbrennerei wichtig, „damit man keine Kompromisse macht, die man später bereuen würde.“ Das fängt schon bei der Auswahl der Rohware an. Sowohl der Honig als auch das Obst sind von erstklassiger Qualität. „Ich verwende nur Obst, das ich selbst gerne essen würde“, so Pausch. Also auch keine matschigen oder wurmigen Früchte – diese werden von Hand aussortiert. Für den Erdbeerbrand macht er sich sogar die Mühe, die winzig kleinen Nüsschen mit einem Haarsieb zu entfernen. Diese sorgten nämlich für „einen unerwünschten leichten Plastikton“. Dass für geringe Qualitätsgewinne relativ großer Aufwand nötig ist – das ist es dem Sommelier wert. Nur durch Qualität könne sich der Bienenhof als kleiner Erzeuger am Markt gegen große Unternehmen behaupten.

Albrecht Pausch brennt zwei Mal, weshalb seine Destille im Hofladen aus zwei Brennbehältern besteht. Der Vorteil dieser Methode: Nachdem das Obst oder der Honig einmal gebrannt wurden, können sie nicht mehr verderben. Beim zweiten Brennvorgang gilt es, das Gute vom Schlechten zu trennen. Die unverfälschten Aromen sollen übrig bleiben – dafür ist Fingerspitzengefühl notwendig. „Für einen Feinbrand muss man gut drauf sein“, so Pausch. „Sonst schleichen sich schnell Fehler ein.“ Um genau den richtigen Moment abzupassen, riecht und schmeckt der Perfektionist immer wieder am Brand. Von 200 Liter Honigwein oder Fruchtmus bleiben schlussendlich rund 20 Liter Schnaps übrig. Nach dem Brennen ist erneut Geduld gefragt, denn die Edelbrände müssen im Anschluss für lange Zeit im Keller lagern. Dabei verbinden sich die Geschmacksstoffe zum gewünschten Aroma.

Bei dem enormen Fachwissen verwundert es doch, dass Albrecht Pausch kein „alter Hase“ in der Destillerie ist. Im Jahr 2000 gab Pausch seinen gut dotierten Job im internationalen Consumer-Marketing auf, um den Bienenhof zu gründen. Seit 2010 stellt er Edelbrände her, die bei Prämierungen bereits mehrfach ausgezeichnet wurden. Doch das wäre Stoff für eine andere Geschichte.

Auch beim Essig legt Albrecht Pausch die Messlatte ganz nach oben. Er könnte es sich einfach machen und das sogenannte Orléans-Verfahren anwenden, bei dem Obst- oder Honigwein, vereinfacht gesagt, so lange stehen gelassen wird, bis er sauer wird. „Dabei verdunsten aber zu viele wertvolle duftige Aromen.“ Pausch zieht das Submersverfahren vor: „Damit erreiche ich besonders gute Qualität.“ Dabei wird der Honig-Wein in einen Fermenter gegeben, beständig umgerührt und bei exakt 30 Grad mit Sauerstoff vermengt. So entstehen aromaintensive Essige, die so gut schmecken, dass sie auch als Aperitif taugen.

Um möglichst autark wirtschaften und die Qualität steuern zu können, hat der Bienenhof in den letzten Jahren kontinuierlich in den Obstanbau investiert. Heute stehen in Unterschnatterbach 1500 eigene Obstbäume – 2006 waren es noch 150. Darunter seltene und ursprüngliche Sorten wie die Löhrpflaume oder die Mispel. Der Anbau erfolgt extensiv naturnah und ist nach den strengen Bioland-Richtlinien ökologisch zertifiziert. So werden, wenn überhaupt, nur im Notfall biologische Pflanzenschutzmittel eingesetzt. Langfristig möchten die Pauschs den Obstanbau noch erweitern – um das Sortiment auszubauen und die Qualität weiter zu verbessern. Ob sich die Qualität überhaupt noch steigern lässt, steht jedoch auf einem anderen Blatt.