Pfaffenhofen
Zum Nachdenken ins Gefängnis

Pfaffenhofener Schöffengericht verurteilt Kiffer zu einer Woche Dauerarrest, damit er zur Einsicht kommt

27.05.2019 | Stand 25.10.2023, 10:32 Uhr

Pfaffenhofen (PK) Eine Woche Zeit zum Nachdenken im Jugendgefängnis - dazu hat das Pfaffenhofener Schöffengericht einen 19-Jährigen verurteilt, der nicht einsehen wollte, warum er eigentlich mit dem Kiffen aufhören sollte. Er war mit über 120 Gramm Marihuana erwischt worden; juristisch - und damit strafverschärfend - eine "nicht geringe Menge".

Üblicherweise geben sich Angeklagte, die gegen das Betäubungsmittelgesetz verstoßen haben, zerknirscht und reuig. Immerhin schwebt eine Haftstrafe wie ein Damoklesschwert über ihnen. Um mit einem milden Urteil davonzukommen, haben die meisten Angeklagten in solchen Fällen schon vor Prozessbeginn eine Beratungsstelle aufgesucht, eine Suchttherapie begonnen und den Drogen abgeschworen.

Julian F. (Name geändert) sagt: "Ich werd' schon noch aufhören, aber derzeit hab ich Stress. " Und da braucht er was. "Wie oft", fragt Amtsrichter Ulrich Klose. "Täglich", gibt Julian F. frank und frei zu: "Mehrmals am Tag. " Der Richter kann diese Arglosigkeit nicht nachvollziehen: "Du machst dich permanent strafbar. Du musst das Zeug erwerben, kaufen und besitzen. " Alles verboten. "Ich weiß nicht, ob dir das klar ist: Du ruinierst dein Leben! " Nein, das scheint Julian F. nicht klar zu sein. Er ist im dritten Ausbildungsjahr, sein Chef weiß Bescheid, aber er lässt ihn die Lehre zu Ende bringen, auch wenn er den Führerschein schon losgeworden ist.

"Ich habe den Eindruck", so Klose, "du weißt nicht, was Sache ist. " Dreimal habe es geknallt: Die Polizei habe ihn erwischt, dann kam die Anklage und zuletzt die Vorladung. "Dreimal hattest Du eine Chance. Doch Du denkst dir: Warum soll ich was ändern? Aber es gibt kein Gesetz für Bewährung! " Seit fünf Jahren schon raucht Julian F. Gras. Ob er mal dran gedacht habe, sich fremde Hilfe zu holen, sich in eine stationäre Behandlung zu begeben? "Sie kennen mich nicht", sagt der 19-Jährige. "Dafür brauche ich keine anderen, das schaff' ich allein. " Klose ist unbeeindruckt: "Im Endeffekt wird es so sein, dass Du ins Gefängnis gehst. "

Der Vertreter der Jugendgerichtshilfe bestätigt den Eindruck, den Richter und Schöffen gewonnen haben: "Er lebt so in den Tag hinein. Es läuft doch. " Irgendwann wolle Julian seinen Führerschein zurück, und da sei ihm schon klar, dass er den nur bekommt, wenn er zuvor ein Jahr lang clean ist. Eine "schädliche Neigung", die eine Strafe auf Bewährung unwahrscheinlicher macht, erkennt der Gutachter bei Julian nicht. Vielmehr handle es sich bei ihm um ein "Gewöhnungsverhalten aus Bequemlichkeit".

Dem widerspricht die Staatsanwältin. Sie sieht durchaus schädliche Neigungen. Von den polizeilichen Ermittlungen habe sich Julian F. in keiner Weise beeindrucken lassen, sondern weiter konsumiert. Sie fordert eine Freiheitsstrafe. Die Verteidigerin Claudia Bartsch ist der Meinung, dass Wegsperren nicht die richtige Maßnahme ist, um ihren Mandanten "auf die Spur zu bringen". "Ein Suchtproblem ist eine Erkrankung. " Der Angeklagte hat das letzte Wort. Die meisten in seiner Situation würden jetzt Reue zeigen oder versprechen, eine Therapie zu beginnen. Julian F. schweigt. Schließlich sagt er: "Ich weiß nicht, was ich sagen soll. "

Das Schöffengericht will ihm in diesem Punkt auf die Sprünge helfen. Es verurteilt ihn zu einer Woche Dauerarrest. "Du musst dir eine Woche Urlaub nehmen", klärt ihn Klose auf, "Du wirst eine Woche keine Drogen konsumieren, und Du musst eine Woche mit dir allein zurechtkommen. Wir hoffen, dass Du danach soweit bist, dir helfen zu lassen. " Julian F. nimmt das Urteil an, aber er hat noch eine Frage: "Bedeutet das Gefängnis? " Ja, das könnte man so sagen.
 

Albert Herchenbach