Pfaffenhofen
"Zum Glück ist die Panik vorüber"

Wie die Allgemein- und Fachärzte im Landkreis Pfaffenhofen die Coronakrise erleben

04.06.2020 | Stand 02.12.2020, 11:14 Uhr
Auch medizinische Auswirkungen in anderen Bereichen hatte die Coronakrise besonders zu Beginn, als die Angst noch groß war, berichtet der Allgemeinmediziner Heiko Weerda. Mittlerweile habe sich die Lage wieder etwas entspannt. −Foto: Brenner

Pfaffenhofen - Während zu Beginn der Coronakrise noch viele Patienten im Landkreis zögerten, zum Arzt zu gehen und sowieso keine Kontrolltermine stattfanden, entspannt sich die Situation nun zunehmend. Das ergibt eine Umfrage unserer Zeitung bei Haus- und Fachärzten im Landkreis Pfaffenhofen.

 

"Zu Beginn der Coronakrise war deutlich weniger los", sagt Stefan Skoruppa, Vorsitzender des Ärztlichen Kreisverbands Pfaffenhofen, der als Allgemeinmediziner in Jetzendorf arbeitet. In seinem Wartezimmer sei es etwa halb so voll wie sonst gewesen, "dafür hatten wir aber 100 Prozent mehr Beratungen am Telefon". Die Patienten hätten zu Beginn Angst gehabt, sich in der Praxis mit dem Coronvirus anzustecken. Da seien dann auch Menschen generell zu spät zum Arzt gegangen, etwa mit verschleppten Infekten oder Bronchitis. "Jetzt ist zum Glück die Panik vorüber", so Skoruppa. Das sei auch besser so. Klar, man müsse das Virus ernst nehmen, "doch Ernst nehmen ist etwas anderes als mit Angst durch die Welt zu gehen". Mittlerweile gebe es in seiner Praxis nur noch etwa 15 Prozent weniger Patienten als üblich. "Auch die Patienten mit Rückenschmerzen kommen wieder." Das sei ein deutliches Zeichen, dass sich die Lage entspanne. Er glaubt nicht, dass Ärzte im Landkreis wegen Corona in Existenznöte kommen könnten. "Wenn mal vier Wochen weniger los ist, hat das noch keine drastischen Auswirkungen."

Das bestätigt auch der Pfaffenhofener Allgemeinmediziner Heiko Weerda, der mit dem Internisten Peter Maier eine Gemeinschaftspraxis führt. In den vier bis fünf Wochen der Corona-Hochphase sei aber auch wirklich fast nichts losgewesen. "Da hatten wir etwa ein Zehntel des normalen Patientenaufkommens", so Weerda. Auch er berichtet von medizinischen Auswirkungen der Coronakrise: Denn auch jene Patienten, die wirklich zum Arzt hätten gehen sollen, blieben teils zu Hause, so Weerda. Herzprobleme seien so größer geworden, da habe er die Therapien anpassen müssen. Seit Ende April seien aber wieder mehr Patienten in der Praxis. "Bei 100 Prozent sind wir aber noch nicht." Das liege auch daran, dass er Termine zur Überprüfung zum Beispiel der Lungenfunktion immer noch möglichst nach hinten verschiebe, um auf Nummer sicher zu gehen.

Seit Beginn der Krise rufen bei Weerda mehr Patienten mit Angst-Problemen an. "Ich habe öfter empfohlen, einen Therapeuten aufzusuchen", sagt er. Was während der Hochphase problematisch gewesen sei, da die meisten ihre Praxen geschlossen hatten. Er glaubt, dass solche Probleme auch weiterhin vermehrt aufkommen werden. In einer Wirtschaftskrise sei das schließlich normal.

Michael Brusdeilins, einer der Gründer der orthopädischen Gemeinschaftspraxis mit drei Ärzten an der Pfaffenhofener Ilmtalklinik, zieht eine relativ positive Bilanz: "Bei uns hat alles bisher ganz gut funktioniert", sagt er. Niemand sei erkrankt, alle Vorkehrungen seien erfolgreich gewesen. Insgesamt seien die Maßnahmen der Politik richtig und gut gewesen. In der Hochphase der Coronakrise seien zu seiner Praxis nur noch 60 Prozent der Patienten gekommen, ab 1. April sei man teils in Kurzarbeit gegangen. Alle Operationen seien verschoben worden. Vor der Krise gab es laut Brusdeilins vier bis fünf Eingriffe in der Woche, erst seit Anfang Mai dürfen zumindest die Hälfte der Eingriffe wieder stattfinden. "Wir sind jetzt bis Ende Juli mit OP-Terminen besetzt", so Brusdeilins. "Was uns das kostet, wissen wir noch nicht", so der Arzt.

Letztlich habe die Krise aber auch bewirkt, gründlich über Hygiene nachzudenken. So gebe es beispielsweise bei Operationen Einschränkungen für Besucher. Im Hinblick auf Keime und Krankheitserreger sei das auch für die Zukunft ein Denkansatz, so der Facharzt.

Auch die zehn Fachärzte der Gemeinschaftspraxis Augenzentrum auf der Insel, die in Pfaffenhofen und Ingolstadt praktizieren, haben viel dazugelernt, sagt Geschäftsführer und Augenarzt Andreas Wiescher. "Am Anfang war ja nicht absehbar, wie es sich entwickelt", so Wiescher. Schnell habe man ein Hygienekonzept umgesetzt, mit Plexiglas, mehr Desinfektionsmöglichkeiten und am Anfang auch einem Stehtisch, wo sich die Patienten draußen mit Mundschutz versorgen konnten. Da versorgten sich aber manche dann etwas zu gut. "Wir mussten ihn nach drinnen verlegen", so der Arzt. Außerdem wurden alle Kontrolltermine verschoben sowie ein Schichtdienst eingeführt, damit Notfälle wie eine Augenentzündung oder Verletzungen am Auge weiter behandelt werden konnten. Insgesamt hatte die Praxis nur noch rund 20 Prozent des üblichen Patientenaufkommens, so Wiescher. Auch einen Coronafall gab es: Ein Mädchen, das an einem Samstag behandelt wurde, sei positiv getestet worden. "Am Montag bekamen wir den Anruf vom Gesundheitsamt." Daraufhin seien sofort die Ärztin und zwei Angestellte in Quarantäne gegangen. "Sie haben sich aber nicht infiziert." Das wertet Wiescher als klaren Erfolg des Hygienekonzepts.

Im Juni endete der Schichtbetrieb, die Praxis ist mittlerweile bei 70 Prozent ihres Normalbetriebs. Nun müssen natürlich alle Termine nachgeholt werden, die aufgeschoben wurden. "Länger als vier Wochen soll bei uns aber niemand warten", so Wiescher. "Wenn das in der Regelarbeitszeit nicht klappt, dann machen wir Überstunden."

PK