Pfaffenhofen
Wenn der Auerhahn balzt

17.06.2018 | Stand 23.09.2023, 3:49 Uhr
Ein spektakuläres Pferdegespann zaubert der Theaterspielkreis beim "Brandner Kaspar" auf die Bühne vor dem Haus der Begegnung am Pfaffenhofener Hauptplatz, das Publikum staunte. −Foto: Steininger

Eine flotte Inszenierung, überzeugende Schauspieler, verblüffende Requisiten und viel Spielwitz - minutenlanger Applaus und Bravo-Rufe belohnten am Ende das Ensemble und nicht zuletzt den Theaterspielkreis Pfaffenhofen für seine Version des "Brandner Kaspar".

Die vom Pfaffenhofener Volksdichter Joseph Maria Lutz überarbeitete Erzählung aus der Feder des Franz von Kobell ist seit jeher ein Stoff so richtig fürs bayerische Gemüt: Da siegt Schlitzohrigkeit über den Gevatter Tod, da spielen der Tegernsee nebst Sennerin, die Jägerei, viel "Kerschgeist" und ein Paradies ohne Preußen eine große Rolle. Und ein Bläserquartett der Stadtkapelle intoniert als ständig wiederkehrendes Element "Wenn der Auerhahn balzt": je nach Charakter der Folgeszene in Dur oder Moll. Also alles bewährte Zutaten, um daraus ein echtes Volksstück zu machen. In der aktuellen Inszenierung hielt sich Regisseur Falco Blohme eng an Lutz' Auffassung, der Gemütstiefe Vorrang vor plattem Humor zu geben. Sparsam ist das Bühnenbild, im Mittelpunkt steht ein multifunktionales Möbelstück, das als Tisch, Bank oder Sterbelager funktioniert. Aber die Akteure auf dem Podium standen derart fesselnd im Blickpunkt, dass man Bühnenaufbauten nicht vermisste.

Das Stück beginnt zunächst etwas verhalten, bis es dramaturgisch Fahrt aufnimmt und mit der auf dem Sterbebett liegenden Brandnerin (Katrin Wunderlich) mit ihren Visionen vom Kriegstod ihrer beiden Söhne die Zuschauer in seinen Bann zieht. Rührend die Szene, als der Kaspar seine soeben verstorbene Ehefrau noch ein letztes Mal herzt - und von da ab läuft eine dichte Handlung ab.

Insbesondere, als im Bühnennebel unter dem Klang des Totenglöckchens der Boanlkramer (Adelheid Bräu) erscheint, um den Kaspar abzuholen. Doch der Boanlkramer findet Gefallen am Kerschgeist und der Kaspar schlägt vor, seinen weiteren Verbleib auf der Erde auszukarteln - was ihm betrügerisch gelingt.

Da gibt es Sonderapplaus für Adelheid Bräu, die ihre Männerrolle mit viel Situationskomik glänzend interpretiert; und für den Kaspar, der sich über seine gesicherte Zukunft freut und später eine Sennerin (Katrin Wunderlich in einer Doppelrolle) auf der Alm besucht. Bei der Suche nach einer in der Wand verstiegenen Kuh verunglückt die Sennerin tödlich, kommt in den Himmel und deshalb merkt der Petrus (Josef Kainz), dass seine himmlische Buchhaltung - aufgrund der Abwesenheit des Brandner Kaspars - nicht stimmt.

Dem Befehl, den Kaspar unverzüglich in den Himmel zu holen, kommt der Boanlkramer mit einem Trick nach: Er verspricht dem Brandner, ihn einen unverbindlichen Blick ins Paradies werfen zu lassen. Der willigt ein, und das "Pferdegespann" des Boanlkramers für den Weg in den Himmel ist ein optisches Glanzlicht für das Publikum. Die Fahrt nach oben geht dramaturgisch höchst effektvoll durch Regenschauer, dichten Hagel, Schneetreiben, Blitz und Donner bis zur plötzlichen Stille am Rastplatz an der "Ewigen Ruah". Später im Himmel trifft der Brandner wieder seine ganze Familie, blickt auf die Erde und ist so überwältigt von der Schönheit des Paradieses, dass er sich fürs Dableiben entscheidet.

Diese Inszenierung erntete wiederholt Szenenapplaus, der sowohl den mit Herzblut spielenden Laien- und Profi-Schauspielern, als auch den Ideen und Effekten galt: wie zum Beispiel das Gerüst an der Kirchenseite als Felswand in die Handlung zu integrieren. Von "toll" bis "super" reichten die Kommentare des Publikums nach der Vorstellung. Dass die Bayern ihr Paradies schon auf Erden haben, dieser Eindruck hat sich nach dem Stück nachhaltig verstärkt.

 

Hans Steininger