Pfaffenhofen
Wenn Kitze zur Beute für Hunde werden

Wilderei-Fall in Hög: Jägervorsitzender Martin Braun appelliert an Besitzer, die Haustiere im Wald doch besser anzuleinen

16.05.2019 | Stand 23.09.2023, 7:01 Uhr
Versteck im Feld: Muttertiere lassen Kitze immer wieder im hohen Gras oder im Feld zurück, um Futter zu suchen. −Foto: dpa/Archiv

Pfaffenhofen (PK) Den Hund frei laufen lassen, wie es seiner Natur entspricht - das ist für viele Halter ein Riesenspaß.

Doch für Rehe, Vögel oder Hasen wird das schnell zum tödlichen Ernst. Immer wieder reißen Hunde im Landkreis Pfaffenhofen Wildtiere. So sind vor Kurzem in Hög zwei Rehkitze qualvoll verendet.

Zuerst dachte Jessica Wiesenberger, sie höre ein Vogelpiepsen, berichtet sie. Die Wolnzacherin war in Hög im Feld spazieren, als ihr eine ältere Frau entgegenkam, die ihren Hund suchte, so Wiesenberger. "Ich bin dann ins Gras gegangen und habe den Hund gesehen, der ein kleines Kitz im Maul hatte", berichtet sie. "Vielleicht hätte ich ihn mit einem Stock davon abhalten können, das Kitz zu töten, aber so schnell konnte ich nicht reagieren. " Sie habe dann geschrien, die Besitzerin habe überhaupt nicht reagiert. "Sie stand unter Schock. " Der Hund habe das Kitz losgelassen, doch er habe sich nicht einfangen lassen. "Er hat dann noch ein zweites Kitz aufgespürt. " Das erste Rehkitz sei schnell gestorben. "Aber das zweite Kitz musste richtig leiden. "

Solche Fälle gibt es immer wieder, sagt der Vorsitzende der Jägervereinigung im Landkreis Pfaffenhofen, Martin Braun. Vor Kurzem habe er im Feilenmoos einen Schäferhund gesichtet, der mehrmals Rehe aufstöberte. "Die Besitzerin war einen halben Kilometer weg und rief nach ihrem Hund. " Zumindest sei sie einsichtig gewesen, "manchmal hören wir uns dann noch einen blöden Spruch an". Generell seien die Wilderei-Fälle im Landkreis "nicht weniger geworden. " Braun appelliert an die Hundebesitzer, ihre Tiere bis Anfang August angeleint auf den Wegen zu führen. Auch das Landratsamt hatte sich bereits mit derselben Bitte an die Bürger gewandt. Denn momentan ist Brutzeit, die Wildtiere sind also besonders gefährdet. Selbst wenn sie lediglich gestört werden. "Wenn Hunde zum Beispiel Rehe aufstöbern, wird das Muttertier unter Umständen so weit weggetrieben, dass es nie wiederkommt und das Kitz dann qualvoll verhungert", so Braun.

Aber nicht nur Rehe sind in Gefahr. Denn auch viele Vögel, darunter beispielsweise der bedrohte Brachvogel, brüten am Boden, erklärt Hans-Joachim Leppelsack vom Pfaffenhofener Kreisverband des Landesbundes für Vogelschutz. Auch Kibitze, Fasane, Rebhühner sowie Singvögel wie das Braunkehlchen oder die Lerche brüten am Boden. "Der Hund ist für den Vogel ein Wolf und damit ein Fressfeind", so Leppelsack. Deshalb sei es prinzipiell auch egal, ob er angeleint sei oder nicht, ein Vogel werde in einer Umgebung, in der viele Fressfeinde spazieren geführt werden, sowieso kaum brüten. Deshalb sei es nicht unbedingt gut für den Artenschutz, mit seinem Hund extra in Naturschutzgebiete zu fahren, in denen es viele seltene Vogelarten gibt.

Richtig gefährlich sei es für den Vogelnachwuchs, wenn die Hunde frei in den Wiesen herumlaufen dürfen, so Leppelsack. Sobald der Jagdtrieb bei einem Hund einsetze, bedrohe er die Küken in einem Nest auch, wenn er sie gar nicht erbeute. "Denn die Hunde haben ja keinen Hunger, es ist eher der Spieltrieb. " Doch für die Vögel ist es eben kein Spiel. Eventuell verhungere der komplette Nachwuchs in einem Nest, "falls die Eltern vor Schreck das Nest verlassen".

Für Hundebesitzer ist es übrigens im eigenen Interesse, ihr Tier unter Kontrolle zu haben. Denn eigentlich ist es jedem Jäger erlaubt, einen aktiv wildernden Hund zu erschießen, so der Pfaffenhofener Polizeichef Helmut Fink. Und die Polizei ermittle in solchen Fällen auch wegen Verstößen gegen den Tierschutz und wegen Jagdwilderei. In beiden Fällen müsse dem Tierhalter nachgewiesen werden, dass ein bedingter Vorsatz vorliege. "Das ist recht kompliziert" so Fink. "Da kommt es dann zum Beispiel darauf an, ob der Hund ein Jagdhund ist und der Besitzer daher hätte wissen müssen, dass er wildern wird", so Fink. Sollte in der Gemeinde außerdem eine Leinenpflicht bestehen - die Kommunen dürfen diese nämlich festlegen - begeht der Besitzer außerdem eine Ordnungswidrigkeit. "Generell gibt es aber keinen Leinenzwang in Bayern", so Fink.

Erschießen würde Braun keinen Hund. "Ich habe selbst einen Hund, er ist wie ein Familienmitglied", erklärt er. Daher wisse er, wie sehr die Besitzer oft an ihrem Tier hängen. "Das handhabt jeder Jäger allerdings anders. "

Wer einen Wilderei-Fall beobachtet, kann sich an die Polizei oder an den zuständigen Jagdpächter wenden, so Karl Huber vom Landratsamt. Die Nummer des Pächters habe zum Beispiel die jeweilige Gemeinde.

Desirée Brenner