Jetzendorf
Wechsel an der Spitze

Lowa-Chef Werner Riethmann will sich sukzessive aus dem operativen Geschäft zurückziehen

09.05.2018 | Stand 23.09.2023, 3:10 Uhr
Will sich aus dem operativen Geschäft zurückziehen: Lowa-Chef Werner Riethmann (links), hier mit dem Extrembergsteiger Robert Jasper (ab 2. von links), Verkaufsleiter Matthias Wanner und Entwicklungschef Alex Nikolai. −Foto: Ostermair

Jetzendorf (PK) Lowa-Chef Werner Riethmann (69) will zum Jahreswechsel den Spitzenposten beim Jetzendorfer Schuhhersteller räumen, aber weiter Teil der Geschäftsführung bleiben. Das gab der Schweizer bei einer Pressekonferenz bekannt. Über die künftige Besetzung der Firmenspitze will Riethmann nach den Sommerferien informieren. Es werde aber eine interne Lösung geben.

Der Jetzendorfer Wanderschuhhersteller Lowa kann von sich behaupten, mit 95 Jahren noch neue Meilensteine zu setzen. Das war bei einer Pressekonferenz von Gesellschafter-Geschäftsführer Werner Riethmann zu erfahren, der von einem sehr positiven Geschäftsergebnis 2017 berichtete. Es gab einen Umsatzanstieg von elf Prozent. Das Outdoor-Unternehmen, das in Jetzendorf mit 250 Mitarbeitern der größte Arbeitgeber ist, baue seine internationale Marktstellung kontinuierlich aus. Mittlerweile verkauft das Unternehmen eigenen Angaben zufolge etwas mehr als 2,7 Millionen Paar Schuhe, davon 340000 in der Schweiz und 215000 in Österreich.

Wie Riethmann erklärte, sei die zweistellige Umsatzsteigerung vor allem auf das Wachstum im Bereich der sportlichen Mulifunktionsschuhe zurückzuführen. Durch die breite Verteilung der Umsatzsteigerung auf unterschiedliche Produktsegmente und Märkte sei der Schuhhersteller aus Jetzendorf auf einem soliden Wachstumskurs. Das hört Jetzendorfs Bürgermeister Manfred Betzin (CSU) natürlich gerne: Erstens, weil so die Arbeitsplätze im Ort nicht in Gefahr sind, und zweitens, weil die Gemeinde weiterhin mit hoher Gewerbesteuer rechnen kann. Lowa wird vom Jetzendorfer Gemeindechef als Erfolgsgeschichte gesehen, denn der Betrieb ist aus kleinen Anfängen heraus 1923 von Lorenz Wagner gegründet worden. Er begann mit der Produktion von Haferlschuhen. Die hohe Qualität der in reiner Handarbeit hergestellten "Zwiegenähnten" - eine Fertigungsart aus dem Gebirge - machte bereits Ende der 20er Jahre des vergangenen Jahrhunderts den ersten Ausbau des Unternehmens nötig.

In zweiter Generation haben Wagners Tochter Berti, die heute noch in Jetzendorf lebt, und deren verstorbener Mann und Ehrenbürger von Jetzendorf, Sepp Lederer, ab 1955 die Firma Schritt für Schritt ausgebaut. Im Laufe der Jahre zogen nicht nur neue Technologien ein, 1992 hat ein Schweizer, nämlich Werner Riethmann, die Geschäftsleitung übernommen. 1993 übernahm die italienische Firmengruppe Tecnica den Betrieb, aber als Produktionsstandort blieb Jetzendorf dank Riethmann erhalten. Hier ist auch Sitz des Managements sowie der Forschung und Entwicklung.

2010 hatte das Unternehmen ein lange verfolgtes Etappenziel, nämlich den Verkauf von jährlich mehr als zwei Millionen Paar Schuhe, geschafft. Acht Jahre später träumt Riethmann von drei Millionen Paar Schuhen und weil innerhalb eines Jahres über 200000 Paar Schuhe mehr verkauft wurden, könnte aus Riehtmanns Traum vielleicht schon heuer Realität werden. Über 50 Prozent der verkauften Schuhe blieben 2017 im Inland.

Wie Verkaufsleiter Matthias Wanner versicherte, sei der Online-Anteil in Deutschland unter 20 Prozent. Der Leiter der Entwicklung, Alex Nikolai, stellte heraus, dass 100 Prozent der verkauften Schuhe in Europa produziert werden. Lowa sei weltweit an 55 Märkten vertreten. Als Ehrengast auf der Pressekonferenz begrüßte Riethmann den Extrembergsteiger Robert Jasper, der mit Schuhen aus Jetzendorf 1991 die drei größten Nordwände der Alpen - Eiger, Matterhorn und Grandes Jorasses - solo in Rekordzeit durchstieg. 2016 machte er sich mit seinem Lowa-Teamkollegen Stefan Glowacz auf den Weg, eine Big Wall im Sam Ford Fjord von Baffin Island zu klettern - und das komplett autark. Alles, was die Kletterer an Material und Verpflegung für ihre einmonatige Expedition benötigten, transportierten sie aus eigener Kraft - in eine der menschenfeindlichsten Regionen der Erde.
 

Josef Ostermair