Pfaffenhofen
Zwischen Tierwohl und Tradition

Stadtratsreferent Richard Fischer über die Gratwanderung eines nachhaltigen Volksfests

05.09.2019 | Stand 02.12.2020, 13:08 Uhr
Auf einen Ratsch beim Volksfestaufbau: Der Volksfestreferent des Stadtrats, Richard Fischer (links), diskutiert mit Schausteller-Urgestein Fritz Thalkofer. −Foto: Kraus

Pfaffenhofen (PK) Volksfestreferent zu sein ist für ÖDP-Stadtrat Richard Fischer immer ein bisschen Gratwanderung: Einerseits sieht er sich seiner politischen Überzeugung nach den Traditionen des Festes verpflichtet, andererseits dem Umwelt- und Tierschutz.

Beides muss aber kein Widerspruch sein, wie er im Interview erklärt.

Herr Fischer, das Volksfest soll Jahr für Jahr ökologischer werden. Wie zum Beispiel?

Richard Fischer: Wir steigen natürlich nicht von heute auf morgen auf ein Bio-Volksfest um. Sondern wir setzen Schritt für Schritt um, was in den vergangenen Jahren beschlossen wurde. Da gibt es zum Beispiel das städtische Nachhaltigkeitskonzept für Veranstaltungen, das wir nun peu à peu auf dem Volksfest umsetzen. Da leistet die Verwaltung großartige Arbeit - sowohl das Organisationsteam aus dem Hauptamt, als auch die Nachhaltigkeitsbeauftragten.

Und wie wirkt sich das auf die Praxis aus?

Fischer: Konkret bedeutet das zum Beispiel, dass Imbiss und Gastronomie plastikfrei sein müssen. Natürlich mit Ausnahmen: Lebkuchenherzerl dürfen zum Beispiel eingeschweißt bleiben - sonst werden sie bockhart und würden nicht mehr gekauft. In der Gastronomie muss Mehrweg immer bevorzugt werden. Und ist Einweggeschirr oder -besteck wirklich nicht vermeidbar, dann muss es aus nachwachsenden Rohstoffen wie Holz oder Papier sein. Da reden wir zum Beispiel von der Pommesgabel oder vom Strohhalm. Jetzt geht's also um den Teller, nachdem schon seit Jahren geregelt ist, was auf den Teller kommt. Denn da muss ja schon seit längerem jeder Festwirt mindestens ein Biogericht anbieten.

Bio schön und gut, aber Tierwohl und Hähnchenbraterei sind doch widersprüchlich.

Fischer: Grundsätzlich ist natürlich auch ein Bio-Hendl nicht begeistert davon, auf dem Bratspieß zu landen. Aber man kann natürlich dafür sorgen, dass ein Tier bis zur Schlachtung ein möglichst artgerechtes Leben führen kann. Neben der artgerechten Haltung und einer regionalen Erzeugung wäre es aber grundsätzlich wichtig, den Fleischanteil an den Gerichten zu reduzieren - so wie es früher bereits war.

Halbe Hendl als Klassiker sehen Sie also kritisch?

Fischer: Es ist keineswegs so, dass ein Fleischberg mit einer Alibi-Semmel, der bis vorletztes Jahr noch als Standard galt, ein traditionsreiches Gericht ist. Im Gegenteil: Wenn man in die Verzehrstatistiken im Stadtarchiv schaut, dann dominierten bis in die frühen 60er Jahre hinein Würstel mit Kraut, Käse, Fisch und Brezen den Speiseplan auf dem Pfaffenhofener Volksfest. Semmeln gab es kaum bis gar nicht. Und Hendl gab es zwar - anders als Schweinshaxen oder Braten, die noch später erst aufgekommen sind. Allerdings weisen die Zahlen darauf hin, dass sich früher immer mehrere Personen ein Hendl geteilt haben und mehr Beilagen dazubestellt haben - allein schon aus finanziellen Gründen. Denn erst die industrielle Massentierhaltung hat es ermöglicht, dass Fleisch günstig in solchen Massen angeboten werden kann. Mit einem Volksfestessen, das zwar Fleisch beinhaltet, aber mehr auf Beilagen setzt, kann ein traditionelle Weg beschritten werden, der Tierwohl und Genuss vereint.

Erklärt das auch die für 2018 beschlossene Umbenennung der "Hendlmarken", die zum Beispiel zum Seniorennachmittag ausgegeben wurden, in "Wertmarken"?

Fischer: Genau. Das konventionelle Hendl sollte einerseits seitens der Stadt als Veranstalter nicht als Standardessen vorgegeben werden. Andererseits trägt das auch dem Umstand Rechnung, dass die Gesellschaft vielfältiger geworden ist. Jeder soll doch den Gegenwert eines Hendls nach seinem Gusto verwenden können. Das ging zwar natürlich vorher auch schon - aber das wusste oder traute sich nicht jeder, beziehungsweise nicht jede Bedienung war da gleich flexibel.

Das Gespräch führte

Michael Kraus.