Pfaffenhofen
Stadt, Land, Bus

Kostenlos, kürzere Taktung, neue Haltestellen, raus in die Gemeinden: Beim ÖPNV könnte sich was tun

20.02.2018 | Stand 02.12.2020, 16:47 Uhr
Rund 270 000 Fahrgäste nutzen die derzeit acht Pfaffenhofener Stadtbuslinien pro Jahr. Um ihn noch attraktiver zu gestalten, wird das Konzept heuer überarbeitet, ehe die Konzession nächstes Jahr neu vergeben wird. 2020 könnte der Stadtbus womöglich sogar kostenlos fahren, zusätzliche Haltestellen bekommen - und eventuell sogar einige Nachbargemeinden an die Kreisstadt anbinden. −Foto: Ermert

Pfaffenhofen (PK) Kostenloses Busfahren - oder zumindest das Gerede darüber - ist in Mode. Doch während das Thema in den Berliner Koalitionsgesprächen an eine Farce erinnert, um Fahrverbote in Großstädten auszuhebeln, geht es im Landkreis um eine konkrete Aufwertung für den Pfaffenhofener Stadtbus.

Der Ausbau des Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) ist eine wichtige Maßnahme, um Fahrzeuge aus Stadtzentren fernhalten zu können. Nebenbei wertet ein ordentliches Bus-, Tram-, oder U-Bahn-Netz aber auch die allgemeinen Lebensumstände der Bürger auf. Nicht nur Pendler oder Schüler, auch Senioren bevorzugen "die Öffentlichen" gerne, um stressfrei zum Arbeiten oder Lernen, zum Shoppen oder zum Arzt zu kommen. Das gilt für Metropolen wie München im Besonderen schon lange, aber für Kreisstädte wie Pfaffenhofen auch mehr und mehr.

Im Zuge der Debatte rund um die Hauptplatzsperrung in Pfaffenhofen oder zumindest eine gewisse Maßregelung des Verkehrs in der Innenstadt sind diverse "Begleitmaßnahmen" vorgesehen. Eine ganz zentrale Überlegung ist die Aufwertung des Stadtbusnetzes. Und davon könnten im Idealfall auch die umliegenden Südgemeinden wie Schweitenkirchen, Scheyern, Ilmmünster oder Hettenshausen profitieren - zumindest falls sie sich finanziell daran beteiligen.

Ende 2019 läuft die aktuelle Konzession für die Firma Stanglmeier als Betreiber des Stadtbusses aus. Was bedeutet, dass ab dem 1. Januar 2020 das bisherige System durch eine neue Version ersetzt werden könnte - falls sich die Lokalpolitiker im Laufe dieses Jahres auf Veränderungen einigen können. "Heuer müssen die Weichen gestellt werden. Wir haben einen Arbeitskreis, der das vorbereitet, ehe wir uns eine Firma suchen, die das Konzept dann auf die Beine stellt", sagt Johann Sondermeier, der in der Pfaffenhofener Verwaltung für den Stadtbus zuständig ist. Letzten Endes muss der Stadtrat alles absegnen, ehe eine europaweite Ausschreibung folgt, an deren Ende - vermutlich Anfang nächsten Jahres - eine Entscheidung zur Konzessionsvergabe ab 2020 getroffen wird.

Momentan nutzen die sechs Haupt- und zwei Nebenlinien des Stadtbusses pro Werktag zwischen 800 und 1000 Passagiere. Rund 270 000 Pfaffenhofener nehmen pro Jahr in den Bussen Platz - im Winter deutlich mehr als in den Sommermonaten. Als die Fahrten während der Gartenschau vier Monate lang kostenlos waren, stieg ihre Zahl an. "Von Sommer- auf Winterniveau", wie es Bürgermeister Thomas Herker (SPD) zusammenfasst. Es sei ein positiver Testlauf gewesen. "Er hat gezeigt, welches Potenzial der Stadtbus hat - und dass er noch besser angenommen wird, wenn wir den Leuten einen Anreiz geben", fügt er an. Daher hat Herker zuletzt ein kostenloses Stadtbusjahr ab dem 1. Januar 2020 ins Spiel gebracht. Die Chancen stehen gut, da die Regierung von Oberbayern als Zuschussgeber vor Kurzem durchblicken ließ, deswegen keine Fördergelder streichen zu wollen. Sie fördert den Stadtbus jährlich mit knapp 140 000 Euro aus drei Fördertöpfen. "Die ÖPNV-Förderung mit 120 000 Euro bleibt uns erhalten, wenn wir keine Fahrpreise verlangen", so Sondermeier. Lediglich zwei kleinere Förderungen mit insgesamt unter 15 000 Euro fallen weg, wenn die Busfahrten ein Jahr lang kostenlos sind. "Und der Erlös aus den Fahrpreisen natürlich", fügt Herker an. Derzeit bezahlt die Stadt als Defizitausgleich pro Jahr rund 600 000 Euro. "Das wird dann natürlich höher", vermutet Herker. Mit rund 800 000 Euro an jährlichen Kosten rechnet er dann. Falls beispielsweise das Ecoquartier, Weihern oder Heißmanning besser ans Netz angeschlossen werden oder die Taktung konsequent den ganzen Tag hindurch auf halbstündig verkürzt wird - also lauter Maßnahmen, die gerade diskutiert werden - könnte das Defizit sogar noch größer werden. "Aber dafür bekommen wir damit einigen Verkehr aus der Innenstadt raus", so Herker.

All diese Überlegungen verfolgen die umliegenden Gemeinden gespannt. Schweitenkirchen hat sogar schon ganz offiziell bei Johann Sondermeier angefragt, ob die Gemeinde ab 2020 am Stadtbussystem partizipieren könnte. "Wir haben allergrößtes Interesse. Es wäre eine Riesensache für uns", bestätigt Bürgermeister Albert Vogler (CSU) dieses Ansinnen. Eine regelmäßige Busanbindung von Schweitenkirchen an den Pfaffenhofener Bahnhof und die Innenstadt würde sich die Gemeinde auch einiges kosten lassen. "Nicht soviel, dass ich allen Fahrgästen dafür auch ein Taxi zahlen könnte", meint Vogler. Aber mit einem knapp sechsstelligen Betrag könnten er und seine Gemeinderäte wohl leben. Zweimal vormittags, mittags und zweimal abends - so sollte der Bus verkehren, um Schüler und Pendler bedienen zu können, verrät Vogler. "Das wäre für uns ein perfekter Einstieg."

Schon während des Stadt-Umland-Projekts Efre wurde der ÖPNV rund um Pfaffenhofen diskutiert. Rohrbach ist seither aus den Stadtbusüberlegungen raus. Grund dafür ist die Bahnlinie. "Die Rohrbacher kommen mit dem Zug prima in die Stadt. Die brauchen im Norden keinen zusätzlichen Bus", sagt Sondermeier. Für Reichertshausen gilt das im Süden im Grunde genauso.

Anders ist die Lage in Scheyern, Ilmmünster und Hettenshausen. Ihre Bürger sind ebenfalls klar in Richtung Pfaffenhofen orientiert, die ÖPNV-Anbindung ist jedoch stark ausbaufähig. Scheyerns Bürgermeister Manfred Sterz (Freie Wähler) macht keinen Hehl daraus, dass ihm die von der Regionalbahn Augsburg (RBA) eigenwirtschaftlich betriebenen Buslinien zu wenige sind. "Alle zwei Stunden sollte ein Bus fahren. Und vor allem täglich", sagt er. Die Anbindung an den Stadtbus sei der einzige Weg, der ihm auf diesem Ziel einfällt. "Wir würden dafür gerne Geld in den Haushalt einstellen. Aber natürlich muss es finanzierbar bleiben", so Sterz.

Die Gemeinden Ilmmünster und Hettenshausen haben die RBA-Linien um eine zusätzliche Vormittagsfahrt erweitert, die sie selbst bezahlen. "Die Anbindung an den Stadtbus wäre trotzdem ein Gewinn", äußert sich Hettenshausens Gemeindechef Hans Wojta (Unabhängige Wählergemeinschaft) eindeutig. Einen Stundentakt würde er sich am meisten wünschen. "Ich werde sicher bei Herrn Sondermeier anrufen", fügt er an, "und das alles prüfen lassen." Etwas zurückhaltender äußert sich sein Ilmmünsterer Amtskollege Anton Steinberger (CSU). Er sieht seine Gemeinde durch die RBA und die Zusatzlinie recht gut versorgt. "Das ist zum jetzigen Zeitpunkt ausreichend", meint er. Die Anbindung an den Stadtbus schätzt er als recht teuer ein. "Ich kann mir gerade schwer vorstellen, dass sich das günstig ausgeht", so Steinberger. "Aber wenn es finanziell vertretbar ist, lässt sich über alles reden - und dann wäre das natürlich eine tolle Sache."

Kommentar von Patrick Ermert

Das künftige Stadtbuskonzept ist eine Zukunftschance für Pfaffenhofen und den südlichen Landkreis. Freilich werden die meisten Bürger nicht von heute auf morgen auf ihr Auto verzichten und nur noch den Bus nutzen. Dafür ist es zu bequem, daheim einzusteigen und bis vor die Ladentür zu fahren. Der Wohlstand unserer Region ist zwar ein Segen, für den ÖPNV aber ein Problem. Wenn sich die meisten Familien zwei oder gar drei Autos leisten können, fährt halt keiner öffentlich. Dass im Landkreis mehr Autos zugelassen sind als Menschen leben, ist dafür das beste Indiz.

Aber es gibt auch jetzt schon viele und künftig vermutlich immer mehr Bürger, die sich das nicht leisten können oder wollen: Senioren mit schmaler Rente, Familien mit nur einem Ernährer oder auch ganz einfach nachhaltig denkende Menschen, denen der Umweltschutz am Herzen liegt. So mancher Schweitenkirchener, Scheyrer oder Hettenshausener würde bei guter Taktung und zu erschwinglichen Preisen den Stadtbus dem Auto vorziehen. Manche Familien kommen dann vielleicht mit einem Wagen aus - oder jemand kann gleich ganz auf ein Auto verzichten. Das spart Geld, schont die Umwelt und macht die Welt ein Stückchen besser.