Reichertshausen
Baustellenfrust in Reichertshausen

Einige Anlieger und Geschäftsleute haben mit dem Kreiselumbau ihre liebe Not

03.11.2017 | Stand 02.12.2020, 17:16 Uhr
Ein Nadelöhr an der Kreiselbaustelle bildet die Behelfszufahrt in die Salmadinger Siedlung für die dortigen Anwohner. Die muss auch von Fußgängern und Schulkindern benutzt werden. −Foto: Steininger

Reichertshausen (PK) Beim Umbau des Kreisverkehrs an der B 13 in Reichertshausen ist die Halbzeit erreicht. Noch bis Weihnachten soll die Vollsperrung der Ortsdurchfahrt dauern - inklusive Frust bei Anwohnern, Verkehrsteilnehmern und örtlichen Geschäftsleuten.

Leidgeprüft sind insbesondere die Autofahrer in und um Reichertshausen, die auf der B 13 in nördlicher oder südlicher Richtung pendeln müssen. Sie müssen nach dem Kreuzungsumbau in der Ortsmitte im Jahr 2015 und der wochenlangen Sanierung der B 13 im Abschnitt von Hohenkammer bis zur Landkreisgrenze bei Waal, die erst im Juni dieses Jahres abgeschlossen wurde, erneut große Umwege in Kauf nehmen. Die betragen, den Autobahnanschluss in Allershausen betreffend, je nach Umleitungsstrecke einen Zeitverlust von 20 bis 30 Minuten und etliche Kilometer mehr.

Das allerdings hat Folgen für manche Reichertshausener Geschäftsleute, deren Kundenfrequenz sich teils drastisch verringerte - und mit ihr die Umsätze. So beziffert Kay Krüger, Inhaber des örtlichen Edeka-Supermarktes, seine Umsatzverluste mit rund fünf bis sechs Prozent. Das mag wenig erscheinen, aber bei den geringen Spannen im Einzelhandel ist das schon von Bedeutung. Ziemlich sauer ist Gabriele Maier, Inhaberin der einzigen Tankstelle im Ort. "Der erneute Umbau bedeutet für mich mindestens 2500 Liter verkauftes Benzin pro Tag weniger", ärgert sie sich. Hinzu kämen erhebliche Umsatzverluste im Shop und in der Waschhalle. "Wir sind die Leidtragenden und bekommen keinen Cent Entschädigung", fügt sie hinzu. Über ähnliche Probleme klagt Nicole Hellbacher vom Blumenfachgeschäft. So tragisch wie beim Kreuzungsumbau vor zwei Jahren ist es zwar nicht, trotzdem sei der Kundenrückgang deutlich spürbar. "Und warum erst jetzt, gerade zu Allerheiligen und Weihnachten?", fragt sie sich. "Im Sommer, wenn alle im Urlaub sind, geschah nichts."

Kaum Probleme dagegen haben die örtlichen Metzgereifachgeschäfte Fuchs und Lindermeir. Von "leiderprobten Kunden" spricht Josef Fuchs, aber die Auswirkungen seien "minimal". Das bestätigt auch Ludwig Tant von der Metzgerei Lindermeir, der keine gravierenden Einschränkungen erkennt. Sepp Kratzer vom Baufachzentrum Moser dagegen spürt sehr wohl einen Kundenrückgang aus Richtung München, "aber das war schon mal schlimmer", fügt er hinzu.

Betroffen von der Dauerbaustelle sind auch die Bürger der Salmadinger Siedlung sowie der Ortsteile Salmading und Kammerer Berg. Für sie, und nur für sie, wurde eine Behelfszufahrt geschaffen, um sie nicht gänzlich von der Zivilisation abzuschneiden. Das ist aber auch anderen Autofahrern nicht entgangen, die die Durchfahrtsverbote schlichtweg ignorieren. Da wird es öfter mal eng auf der Behelfszufahrt, auf der gerade mal ein Auto Platz findet. Da stehen sich die Pkw oft frontal gegenüber, gekracht hat es auch schon und "fast wäre das in Handgreiflichkeiten ausgeartet", hat Petra Kistler aus unmittelbarer Nachbarschaft beobachtet. Selbst von Lastwagen wird die Behelfseinfahrt genutzt, die donnern mitten durch die Siedlung und weiter den Waldrand entlang und belegen die gesamte Fahrbahn auf der unübersichtlichen Wegstrecke. Die ist durchgängig auf 30 Kilometer pro Stunde beschränkt, wobei sich ein Großteil der Kraftfahrer nach Aussage der Anlieger vernünftig verhält. Aber eben nicht alle, besonders in der Nacht und am frühen Morgen nicht, wenn die Pendler zur Arbeit fahren, beschwert sich Anlieger Karl Kaiser. Von den seitens der Polizeiinspektion Pfaffenhofen vorgesehenen Kontrollen hat dem Vernehmen nach noch niemand etwas bemerkt.

Die Baustelle birgt Konfliktpotenzial. Und einige Anlieger äußern Unverständnis gegenüber dem Ingolstädter Straßenbauamt. Ob etwa schlechte Ingenieursplanungen die Ursache dafür seien, dass der gar nicht so alte Kreisel neu gebaut werden muss, fragt sich etwa Anliegerin Anett Marquardt. Außerdem sei die Behelfseinfahrt sehr notdürftig. Warum man die Baumaßnahmen nicht durch einseitige Sperrung mit Bauampeln habe regeln können, sei eine andere Frage.

Hauptproblem für die Anlieger ist aber der Ausweichverkehr. Auf dem Straßenstück vor der Behelfsein- und -ausfahrt ist aus gutem Grund Schritttempo vorgeschrieben. Doch das wird oft ignoriert, wie Helmut Schnapp, ebenfalls Anlieger, beobachtet hat. Einig sind sich alle betroffenen Bürger darin, dass ausgerechnet in der Siedlung oft zu schnell und ohne Rücksichtnahme gefahren werde, insbesondere von Lieferfahrzeugen mit auswärtigen Kennzeichen - und das von Salmading kommend direkt über die Markierung, die die Siedlung als 30er-Zone ausweist. Das bestätigen auch Ulrike und Achim Kraus, "das sind fast immer Fremde und keine Anlieger." Lob aber haben sie für die Gemeinde übrig, die die Schlaglöcher bei der Behelfseinfahrt umgehend nach Anruf beseitigt hat.

 

Voll im Zeitplan

Die Großbaustelle des Staatlichen Bauamts Ingolstadt in Reichertshausen ist zur Hälfte geschafft: "Die Fahrbahnsanierung der B 13 zwischen der Landkreisgrenze bei Salmading und dem Kreisverkehr ist schon abgeschlossen", berichtet Baurat Arne Schönbrodt, zuständiger Abteilungsleiter der Straßenbaubehörde. "Jetzt wird aktuell der Kreisverkehr am Kammerer Berg umgebaut" - inklusive der Anschlussbereiche der Bundesstraße. "Dabei liegen wir voll im Zeitplan." Auch die veranschlagten Kosten in Höhe von 850 000 Euro, die übrigens vom Bund getragen werden, können wohl gehalten werden. "Das Projekt läuft sehr gut", urteilt Schönbrodt. "Vor allem auch die Zusammenarbeit mit der Gemeinde, der ausführenden Firma und dem Ingenieurbüro."

Die reinen Erdarbeiten für den Kreiselumbau sind schon erledigt. Anfang kommender Woche soll die Gabionenwand errichtet werden, mit der die Böschung zum Kammerer Berg abfangen wird, damit der neue Gehweg dort Platz findet. Parallel wird derzeit der Unterbau der Fahrbahn vorbereitet. Ende November oder Anfang Dezember sollen laut Staatlichem Bauamt dann die Asphaltierungsarbeiten folgen. "Die Sperrung dauert voraussichtlich noch bis Weihnachten, das genaue Datum hängt aber von der Witterung ab", sagt Abteilungsleiter Schönbrodt.

Er will auch noch einmal klarstellen, warum der Kreisel umgebaut wird: "Der Kreisverkehr, der Anfang der 2000er Jahre gebaut wurde, war für den Schwerverkehr schwierig befahrbar", sagt er - und das gefährde auch andere Verkehrsteilnehmer. Durch die Umgestaltung und Verlegung der Zufahrten sollen Lastwagen besser einfahren können, und trotzdem soll der auf der B 13 in den Ort einfahrende Verkehr abgebremst werden. "Es geht um mehr Verkehrssicherheit für alle", so Schönbrodt. | mck