Geisenfeld
Verschwundene Schönheiten

Vierter Teil der Serie befasst sich mit prägenden Bäumen, deren Rodung eine Lücke hinterlassen haben

07.11.2017 | Stand 02.12.2020, 17:15 Uhr
Die frühere Kastanienallee an der Münchener Straße in Geisenfeld −Foto: (Heimatbuch Weinmayer)

Geisenfeld (GZ) Wer sich mit den Baumschönheiten in Geisenfeld und der Umgebung beschäftigt, kommt zwangsläufig mit dem Thema Vergänglichkeit in Berührung. Optisch bedeutet ein Kahlschlag dabei fast immer einen Verlust.

Auch Eiche, Linde und Co. werden alt, anfällig für Krankheiten und Schädlinge - und müssen irgendwann sterben. Manchmal sind sie dann wegen morscher Äste oder gar eines Stammes mit Kernfäule möglicherweise eine Gefahr für Mensch, Tier oder Gebäude. Das haben in den vergangenen Wochen erst eindrücklich die Stürme bewiesen, die über Deutschland hinwegfegten.

Manchmal fallen Bäume aber auch städte- und straßenplanerischen Erwägungen zum Opfer - oder schlicht Profitdenken und Unwissenheit. Wie nachvollziehbar (oder auch nicht) die Gründe sein mögen: Sieht man einmal von den Folgen für die Umwelt ab, ist ein Kahlschlag meist auch optisch ein herber Verlust.

Dies belegt die Gegenüberstellung von historischen und aktuellen Fotos. In den 1960er und 1970er Jahren hatte Naturschutz-Urgestein Andreas Blüm zahlreiche Baumschönheiten im Landkreis fotografisch festgehalten. Als Gründervater des BN im Landkreis setzte Hermann Kaplan diese Aufgabe nach dessen Tod fort. Zu seinem Bedauern musste Kaplan dabei feststellen, dass schon ein Jahrzehnt später viele der grünen Hingucker nicht mehr vorhanden waren. Zwei herausragende Beispiele dafür finden sich auch im Raum Geisenfeld. Zum einen handelt es sich um die Baumgruppe, darunter eine prächtige Kastanie und ein Birnbaum, die den Gasthof Steinbräu noch 1964 einrahmten. Oder auch eine stattliche Eiche auf einem Hof in Parleiten, die zum Zeitpunkt der Eingemeindung des Ortsteils 1972 noch stand. Wenige Jahre später waren die schmucken Bäume aber auch schon Geschichte.

Ein schöner Anblick und ein beliebtes Fotomotiv war die Kastanienallee an der Münchener Straße in Geisenfeld - mit dem Kirchturm und dem ehemaligen Klostergebäude im Hintergrund. Die 18 Kastanienbäume waren in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts in der leichten Kurve zwischen der (nicht mehr bestehenden) inneren Brücke und der äußeren (Egl-) Brücke über die Ilm gepflanzt worden. Da die Bäume angeblich krank und morsch geworden waren, somit eine Gefahr für Anwohner und Passanten darstellten, wurden sie trotz heftiger Parteinahme aus weiten Teilen der Bevölkerung in den Jahren 1968 und 1969 einfach gerodet.

Der letzte Baum im Raum Geisenfeld, dessen Abholzung für hitzige Diskussionen sorgte, war die frühere Dorfeiche von Eichelberg. Auslöser für die Fällung des auf Stadtgrund stehenden Baumes war ein entsprechender Antrag eines Eichelberger Bürgers, der auf eine Dachfläche in der Nähe der Eiche eine Photovoltaikanlage gebaut hatte. In der Planungsphase hatte sich herausgestellt, dass der Baum Schatten auf die PV-Module werfen und die Anlage beeinträchtigen würde.

Die Stadt segnete die Entfernung der Eiche letztendlich ab, nachdem die Untere Denkmalschutzbehörde am Landratsamt den Baum dort aufgrund seines noch recht geringen Alters von rund 80 Jahren nicht als schützenswert eingestuft hatte. Zudem verpflichtete sich der Antragsteller, wieder zwei Bäume zu pflanzen, von denen einer eine Eiche sein müsse. Im Dorf und darüber hinaus sorgte der Fall damals für sehr kontroverse Diskussionen. Während die einen Verständnis zeigten, bezeichneten es andere als Unding, einen derart Ortsbild prägenden Baum - noch dazu die einzige Eiche in Eichelberg - einfach umzusägen. "Jetzt heißen wir nur noch Berg", murrten einige Bürger mit Galgenhumor.