Pfaffenhofen
Schnelltests für den Weihnachtsbesuch

Rotes Kreuz startet Aktion zur Entlastung der Pflegeheime - Käser und Skoruppa hoffen auf Fortführung

18.12.2020 | Stand 23.09.2023, 16:04 Uhr
Der Doktor und sein Kreistagskollege: Stefan Skoruppa demonstriert den Anti-Gen-Schnelltest bei Markus Käser. −Foto: privat

Pfaffenhofen - Rein ins Heim, um Angehörigen einen Weihnachtsbesuch abzustatten, kommen Besucher aktuell nur mit einem negativen Coronatest. Weil es aber gar nicht so einfach und im Normalfall noch dazu gar nicht billig ist, zumindest zu einem Anti-Gen-Schnelltest zu kommen, hat sich der Pfaffenhofener Kreisverband des Roten Kreuzes für vier Tage in der kommenden Woche einen speziellen Service einfallen lassen, mit dem das Pflegepersonal in den stationären Einrichtungen während der Weihnachtsfeiertage entlastet wird. "Ehrenamtliche opfern ihre Freizeit und übernehmen die Testung von Personen, die ihre Angehörigen in Pflegeheimen besuchen wollen", berichtet BRK-Kreisgeschäftsführer Herbert Werner. Diese Tests sind ausschließlich für Landkreisbürger gedacht, die ihre Angehörigen zu Weihnachten in einem Pflegeheim besuchen wollen - aber für diesen Personenkreis sind sie dafür komplett kostenfrei.

 

Iris Morgenstern und Tatjana Lang haben den Vorschlag initiiert und leiten die Aktion auch. Da ein solcher Schnelltest 72 Stunden lang gültig bleibt, werden alle Feiertage über Weihnachten abgedeckt. Wie Morgenstern berichtet, nehmen die eigens geschulten Helfer, die aus allen Bereichen des Roten Kreuzes wie den Bereitschaften, der Wasserwacht, der Rettungshundestaffel oder dem Kriseninterventionsdienst stammen. mit einem flexiblen Stächen eine Probe aus der Nase - und benetzen damit ein Proberöhrchen. "Von der Anmeldung bis zum Ergebnis vergeht etwa eine halbe Stunde", versichert Herbert Werner. Die Probanden erhalten danach eine Bescheinigung, die in den Einrichtungen anerkannt wird. Sollte ihr Test allerdings positiv ausfallen, wird ihnen ein PCR-Test sowie der freiwillige Gang in die Quarantäne geraten.

Getestet wird in Pfaffenhofen und Geisenfeld an insgesamt vier Tagen in der kommenden Woche. Den Ort und den genauen Termin erhalten die Angehörigen direkt nach Absprache mit einem der insgesamt 15 Alten- und Pflegeheime im Landkreis. "Also einfach dort anrufen, wo die Angehörigen wohnen, zügig einen Termin vereinbaren - und dann ab zum Schnelltest", sagt Werner. Insgesamt hat das Landratsamt dem Roten Kreuz 2500 Schnelltests ausgehändigt, die der obersten Kreisbehörde vom Freistaat zur Verfügung gestellt wurden. "Das reicht für diese Woche", vermutet Werner, "aber recht viel länger nicht." Auch personell könnte das BRK diesen ehrenamtlichen Einsatz über die kommende Woche hinaus nicht stemmen. "Da bräuchte es eine andere Lösung, wenn das Angebot fortgesetzt werden soll", so Werner.

Dass die Testmöglichkeiten nach Weihnachten nicht abreißen, hofft Landrat Albert Gürtner (FW). Er setzt darauf, dass Bund oder Freistaat rasch tätig werden und eine Möglichkeit schaffen, Schnelltests für Heimbesucher dauerhaft zu ermöglichen. In die selbe Richtung geht die Forderung der Kreisräte Markus Käser (SPD) und Stefan Skoruppa (ÖDP), die eine Beibehaltung der Schnelltests für Heimbesucher als "notwendigen Akt der Menschlichkeit? bezeichnen". Schnelltests seien oft die einzige Option, um Verwandte im Pflegeheim besuchen zu können. Kommerzielle Anbieter würden sich die Dienstleistung teuer vergüten lassen, Tests zum Eigengebrauch in der Apotheke zu kaufen, sei kaum möglich und wenig sinnvoll, meinen Skoruppa und Käser. Viele Heime seien personell mit den Testungen überfordert, was die Isolation der Bewohner steigere. Entsprechend wichtig sei es, das Angebot dauerhaft aufrecht zu erhalten: "Das müssen uns unsere Alten wert sein."

PK

WENN ABSTAND EINSAM MACHT;

Die Hürden für Angehörige sind mit Besuchsbegrenzungen, Zeitlimit und Hygieneregeln zurzeit hoch, wenn sie Bewohner der Seniorenheime im Landkreis Pfaffenhofen während des Lockdowns besuchen wollen. In der Klinik sind Besuche generell ganz verboten. Die Betroffenen kämpfen deshalb mit Einsamkeit und Frustration.

 

"Der Lockdown war für unsere Bewohner ein harter Schlag", sagt Stefanie Keil, Pflegedienstleiterin im Pfaffenhofener Seniorenheim St. Franziskus. Mittlerweile seien viele Senioren von den Einschränkungen ziemlich frustriert. Die kriegen sie nämlich jeden Tag zu spüren: "Leider sitzen die Senioren im Speisesaal allein am Tisch, doch zumindest im selben Raum, dass sie sich unterhalten können - auf Abstand." Letzterer stört auch in der täglichen Pflege: "Wir können den Senioren nicht mal über die Hand streichen", so Keil. Gruppenangebote gibt es nicht mehr, auch an Weihnachten muss die Feier ausfallen. "Wir versuchen, es mit Deko und Musik leichter zu machen", so Keil. An Weihnachten sollen jedem Bewohner persönlich Geschenke überbracht werden.

Angehörige der 109 Bewohner dürfen seit dem Lockdown nur noch eingeschränkt kommen. Die Besuchszeit, die Anzahl der Besuche und die Kontaktpersonen sind beschränkt. Zudem müssen die Besucher einen Schnelltest nachweisen, der höchstens 48 Stunden alt ist oder einen PCR-Test, der höchstens drei Tage alt ist. Keil weiß von Angehörigen, die vor jedem Besuch 20 bis 30 Euro für den Schnelltest beim Hausarzt hinlegen. Allerdings werde der kostenlose PCR-Test aus dem Testzentrum an der Klinik auf jeden Fall angenommen, so Keil (weitere Infos siehe Hauptartikel). Dass sie selbst die Angehörigen testen, sei ausgeschlossen, "wir haben nicht das Personal". Denn die Tests an den eigenen Mitarbeitern und die Schulungen werde auch von selbigen erledigt, so dass ihnen wiederum Zeit in der Pflege abgehe.

Überhaupt keine Besuche sind zurzeit in der Pfaffenhofener Ilmtalklinik möglich, so Sprecherin Bianca Frömer. Ausnahmen gebe es nur bei Geburten oder Palliativfällen. Gerade bespreche man, ob es Ausnahmen über die Feiertage gebe, das werde dann am Montag bekannt gegeben. Gegen die Einsamkeit verteilen die Mitarbeiter gespendete Tablets, über die die Patienten Kontakt mit Angehörigen halten können.

dbr

 

 

Patrick Ermert