Scheyern
Immer weiter machen

Spanneraffäre: Urteil gegen Scheyerns Ex-Bürgermeister Albert Müller am 17. September erwartet

28.08.2014 | Stand 02.12.2020, 22:18 Uhr

Könnte wieder einmal davonkommen: Scheyerns Ex-Bürgermeister Albert Müller auf dem Weg zum Gerichtssaal. Ob es das Landgericht München I als Beleidigung wertet, dass Müller Frauen unter die Röcke fotografiert hat, wird vermutlich erst in knapp drei Wochen entschieden - Foto: Straßer

Scheyern/München (PK) Die Spanneraffäre ist für den Scheyerer Ex-Bürgermeister Albert Müller noch immer nicht ausgestanden. Die Staatsanwaltschaft und Müllers Anwältin Regina Rick konnten sich bei der Berufungsverhandlung am Landgericht nicht auf einen Deal einigen, die Richterin will weitere Zeugen hören.

Albert Müller ist schon ein Routinier, was Gerichtstermine angeht. Weite Wege, auf denen er Fotografen vor die Linse laufen könnte, vermeidet er mittlerweile. Offensichtlich schon lange vor Prozessbeginn im Münchener Strafjustizzentrum hat er sich in einen Raum schräg gegenüber des Verhandlungssaals zurückgezogen. In Begleitung eines Justizbeamten huscht der 56-Jährige über den Gang, er begrüßt seine Anwältin Regina Rick mit einem Nicken und schon sitzt er auf der Anklagebank. Den Blick stur nach vorne gerichtet. Die voll besetzten Zuschauerplätze würdigt er keines Blickes.

Es war der 20. Juni vergangenen Jahres, um die Mittagszeit. Auf frischer Tat wurde Müller damals ertappt, wie er auf einer Rolltreppe im Stachus-Untergeschoss in München Frauen mit einer Digitalkamera unter die Röcke fotografierte. Ein Zeitungsverkäufer beobachtete den ehemaligen Scheyerer Bürgermeister und alarmierte die Polizei. Die traf Minuten später mit vier Mann ein – und nahm Müller fest. Nicht ohne Widerstand: Müller versuchte nicht nur, seine Kamera zu zerstören, sondern schlug auch um sich. Dabei verletzte er einen Beamten, ehe er überwältigt werden konnte.

Dafür wurde er im März vom Münchener Amtsgericht wegen Beleidigung, Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte und Körperverletzung zu einer Geldstrafe in Höhe von 5250 Euro verurteilt. Gegen dieses Urteil legten sowohl die Staatsanwaltschaft als auch Müllers Anwältin Berufung ein. Regina Rick vertritt weiter den rechtlichen Standpunkt, dass es kein Strafbestand ist, Frauen unter den Rock zu fotografieren. Es könne also nicht angehen, dass ihr Mandant für etwas bestraft werde, was bei anderen als nicht strafbar angesehen wird. Die Staatsanwaltschaft hielt laut Sprecher Thomas Steinkraus-Koch eine höhere Geldstrafe für angebracht, weil Müller damals kein Geständnis ablegte.

Richterin Elisabeth Ehrl wollte gestern in der Berufungsverhandlung alles ganz genau wissen. Befragt wurden die an der Festnahme Müllers beteiligten Polizisten, viel Neues kam dabei allerdings nicht heraus. Regina Rick bat schließlich um ein Rechtsgespräch. Ihre Forderung: Wird die Anklage wegen Beleidigung eingestellt, dann hätten sie und ihr Mandant die Strafe für den Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte und die Körperverletzung wohl akzeptiert, sagte sie nach dem Ende der Verhandlung. Staatsanwalt Peter Preuß wollte sich darauf allerdings nicht einlassen. Sein Angebot: Eine Rücknahme der Berufung. An der Höhe der Geldstrafe hätte sich nichts geändert, Müller wäre allerdings wegen aller drei zur Debatte stehender Delikte verurteilt gewesen. Das wiederum kam für Rick nicht infrage, Richterin Ehrl unterbrach die Verhandlung. Sie möchte weitere Zeugen hören. Eine Entscheidung, ob es nach Meinung des Landgerichts München I strafbar oder straffrei ist, Frauen unter die Röcke zu fotografieren, fällt also voraussichtlich erst am Mittwoch, 17. September.

In welche Richtung das Pendel ausschlagen könnte, ist natürlich Interpretationssache. Ein kleines Detail versteckte sich allerdings in dem, was die Richterin nach dem Rechtsgespräch zu Protokoll gab. Und das – so vermuteten gestern Prozessbeobachter – könnte Albert Müller Hoffnung geben. Elisabeth Ehrl sagte ziemlich unmissverständlich, dass es geltende Urteile des Nürnberger Oberlandesgerichts und des Bundesgerichtshofs gebe, auf die sie sich wohl beziehen will – und dort wurden Angeklagte wegen ähnlicher Vergehen freigesprochen. Dass Albert Müller dann am 17. September – seinem 57. Geburtstag – zumindest vom Vorwurf der Beleidigung freigesprochen werden könnte, erscheint also möglich.