Praxis der Gemeinwohlökonomie

Diskussions- und Vortragsabend der ÖDP in Wolnzach

04.12.2019 | Stand 02.12.2020, 12:27 Uhr

Wolnzach - Unter der Überschrift "Gemeinwohlökonomie (GWÖ) in der Praxis" haben jetzt der ÖDP-Kreisverband und die GWÖ-Regionalgruppe Pfaffenhofen in Wolnzach diskutiert.



"Produktzertifizierung, Qualitätsmanagement, IT-Sicherheit, Iso-Zertifizierungen - in unserem 30-Mann-Betrieb musste ein Hochschulabsolvent ganztags eingestellt werden, nur um die vorgeschriebenen Nachweise zu erbringen. Warum sollten wir freiwillig auch noch das Gemeinwohlzertifikat der GWÖ anstreben? Wie hoch wäre der Aufwand, der zeitliche Rahmen? ", fragte kritisch einer der Teilnehmer.

Im vollen Nebenzimmer des Gasthofs Zur Post waren sich nach dem Vortrag von GWÖ-Berater Jörn Wiedemann alle einig, dass die Gemeinwohlökonomie mehr als eine gute Idee ist. Aber ist sie auch praxistauglich? Der Referent verwies auf die Unternehmen und Gemeinden, die zum Teil bereits seit vielen Jahren eine Gemeinwohl-Bilanz erstellen. Sie alle schreiben nach seiner Darstellung gute Zahlen, hätten kaum Probleme mit der Motivation der Mitarbeiter oder der Zufriedenheit der Kunden und würden zeigen, dass die Gemeinwohlökonomie den Praxistest bestanden hat. Bereits vorliegende Zertifizierungen würden in die Gemeinwohlbilanz einfließen und einen Teil der Fragen abdecken, die für das GWÖ-Testat beantwortet werden müssen. Je nach Betriebsgröße sei mit einem zeitlichen Aufwand zwischen 80 und 200 Stunden zu rechnen, die jedoch - vor allem, wenn sie im Team und mit anderen Unternehmen zusammen geleistet werden - "sogar Spaß und Motivation" bringen könnten.

Wiedemann, ehemals Banker, fing während der Bankenkrise an, am herrschenden Wirtschaftssystem zu zweifeln, gab 2012 seinen Beruf auf und arbeitet seitdem als Berater und Trainer für Personalentwicklungsthemen und nachhaltiges Wirtschaften. Neben dieser selbstständigen Tätigkeit hat er bereits mehr als 20 Unternehmen bei der Erstellung der Gemeinwohl-Bilanz begleitet, derzeit die Energiegenossenschaften Pfaffenhofen und Neuburg Schrobenhausen. Seiner Meinung nach ist die Gemeinwohl-Bilanz "das beste, weil umfassendste Instrument der Unternehmensentwicklung". Immer mehr Verbraucher und Geschäftspartner würden Fragen zur Nachhaltigkeit der Produkte und Dienstleistungen, zu Lieferketten oder zum sozialen Engagement der Unternehmen stellen. Dieser Trend werde sich, auch durch die Fridays for Future-Bewegung, weiter verstärken. Mit einer Gemeinwohl-Bilanz könnte ein Unternehmen dem begegnen, und sich als vertrauenswürdig ausweisen. Die Auditierung durch den unabhängige Auditoren gäbe den Verbrauchen, den Lieferanten und den Mitarbeitern die Garantie, dass die ihnen wichtigen Werte gelebt und unterstützt werden.

Zwei Anwesende entschieden sich nach dem Vortrag spontan, Mitglied bei der GWÖ-Regionalgruppe Pfaffenhofen zu werden, so dass die Gruppe wegen der jetzt erreichten Gruppenstärke voraussichtlich im Januar den Status "aktiv" bekommen wird. Darüber freuten sich auch die anwesenden Gründer und Koordinatoren der Gruppe Judith Neumair und Manfred "Mensch" Mayer.

WZ