Pfaffenhofen
Die Furcht vor der Leere

Geschäftsleute, Gastronomen und Ärzte können sich einen autofreien Unteren Hauptplatz eher nicht vorstellen

13.08.2014 | Stand 02.12.2020, 22:21 Uhr

Der Hauptplatz in Pfaffenhofen.

Pfaffenhofen (PK) Viele Kommunalpolitiker können sich einen autofreien Unteren Hauptplatz in Pfaffenhofen durchaus vorstellen. Doch wie reagieren Gastronomen, Geschäftsleute, Ärzte? Wäre eine weitere Verkehrsberuhigung eine Chance – oder der Tod vieler Geschäfte? Wir haben uns umgehört.

Wer sich mit den Anliegern des Hauptplatzes unterhält, stößt immer wieder auf das gleiche Argument: Kaum einer glaubt daran, dass eine komplette Sperrung einen positiven Effekt hätte. Denn ohne Autos sei der Platz einfach zu groß und in einer Kleinstadt wie Pfaffenhofen nicht mit Leben zu füllen.

 

Hans Bergmeister von der gleichnamigen Bäckerei findet, dass sich der Hauptplatz in den vergangenen Jahren prächtig entwickelt hat. „Nicht zuletzt, weil man auf Radikallösungen verzichtet, und auf Kompromisse gesetzt hat“, sagt er. Gerade bei schlechterem Wetter sieht er Probleme: „Wären hier keine Autos, wäre es sehr, sehr ausgestorben. Innenstadtkunden wollen nahe Stellplätze und die Geschäfte brauchen sie.“ Zwar könnte Bergmeister bei einer Verkehrsberuhigung mehr Kaffeetische rausstellen – „aber ich bin nun mal vorrangig Bäcker und will das auch bleiben.“

Bergmeisters Branchenkollege Hans Hipp von der Konditorei ein paar Häuser weiter ist ebenfalls nicht für die große Lösung. „Es ist wichtig, dass wir die Orte, die wir stilllegen, auch beleben.“ Und das gehe nur langsam, mit Rücksicht auf die Kunden. „Ich könnte mir höchstens vorstellen, ein paar Parkplätze zu streichen.“ Aber eben mit Bedacht und nicht sofort. „Es muss alles wachsen.“

 

Annemarie Böse von der Parfümerie Bergner glaubt nicht an einen positiven Effekt für die Innenstadt, sollten die Autos komplett verbannt werden. „Das wäre negativ fürs Geschäft“, sagt sie. „Es gibt viele Leute, die nicht so gut zu Fuß sind.“ So wie er jetzt ist, sei der Hauptplatz schon in Ordnung. „Wir brauchen aber eine Regelung, damit die Leute nicht kreuz und quer über den Platz laufen und die Autofahrer wie bescheuert durcheinander fahren.“

Andrea Burghard vom Inneneinrichtungsgeschäft Einrichten mit Stoffen ist wie die meisten ihrer Innenstadtkollegen für eine Beibehaltung der bisherigen Regelung. „Ich finde, die Parkplätze, die noch vorhanden sind, sollten erhalten werden – für die Leute, die einfach schnell was einkaufen wollen.“

 

Vor allem für die Laufkundschaft sieht Katrin Miller von der Markt-Apotheke ein Problem. „Wo sollen die Kunden denn parken, man findet ja jetzt schon kaum einen Platz.“ Persönlich würde Müller eine Verkehrsberuhigung schon gefallen. „Vor allem, weil ich selber oft mit dem Radl reinfahre.“

Claudia Schultes, die zusammen mit ihrem Mann die St.-Johannis-Apotheke leitet, spricht sich ebenfalls gegen einen autofreien Hauptplatz aus. „Davon halte ich nichts. Das bringt für die ansässigen Geschäftsleute nichts“, so Schultes. Zudem warnt sie vor Problemen für die älteren Mitbürger: „Gerade für uns als Apotheke ist es wichtig, dass auch Leute, die nicht mehr so gut zu Fuß sind, kommen können.“

 

Diesem Argument schließen sich auch die am Hauptplatz ansässigen Ärzte an. „Für eine Arztpraxis wäre dieser Vorschlag schlichtweg nicht umsetzbar“, sagt Michael Riedel. Man solle bedenken, dass auch gehbehinderte Menschen und Rollstuhlfahrer die Praxis erreichen müssen. „Der Weg von der Bushaltestelle wäre für viele Patienten einfach zu weit.“

Roland Wastl ist der gleichen Meinung. „Von einem Hauptplatz ohne Autos halte ich ganz klar überhaupt nichts. Die Patienten müssen hier parken können, um in die Praxis zu kommen.“ Eine saisonale Verkehrsberuhigung, etwa in den Sommermonaten, schließt der Neurologe ebenfalls aus: „Es soll so bleiben wie es im Moment ist – ohne Einschränkungen.“

In der Zahnarztpraxis von Sigrid Lechner befürwortet man ebenfalls die momentane Regelung. „Wenn das so umgesetzt wird, dann stirbt der Hauptplatz komplett aus.“, befürchtet die Zahnärztin. Auch ihr Mann, Joachim Zinke, kann sich eine Neuregelung nicht vorstellen: „Dann müsste man damit rechnen, dass nach und nach alle Geschäfte aus der Innenstadt wegziehen. Zwei autofreie Tage in der Woche durch den Markt reichen völlig aus.“

 

Auch die Mode- und Schuhhändler sehen Probleme: „Wir brauchen eine schnelle Erreichbarkeit für unsere Kunden“, sagt Kathrin Zirngibl vom gleichnamigen Schuhgeschäft. Sie sei schon beim bisher letzten Umbau skeptisch gewesen – hat ihre Meinung aber mittlerweile revidiert. „So wie es jetzt ist, ist es wunderbar.“

Hermann Urban vom Kaufhaus gegenüber trauert den schon verlorenen Parkplätzen etwas nach. „Es sind leider schon viele verschwunden“, sagt er. Eine komplette Sperrung wäre für ihn katastrophal. „Der Platz ist von den Ausmaßen her so groß, dass wir einfach mehr Leute bräuchten, um ihn zu beleben.“

 

Die Gastronomen sind die Einzigen, die von einem Hauptplatz ohne Autos wirklich profitieren könnten – könnte man meinen. Stefan Wolff vom Othello ist da aber anderer Meinung. „Das wäre eine Katastrophe. Die Leute müssen ja irgendwo parken können. Die Innenstadt würde nicht interessanter werden, wenn alle Parkplätze nach außen verlegt werden.“

Diana Scheiter, Wirtin des Jungbräus, hat ebenfalls Angst vor einem zu leeren Platz. „Wir haben hier einfach nicht so viele Leute wie Ingolstadt oder München.“ Und viele ihrer Gäste möchten auch in der Nähe parken. Die Stammgäste weniger, eher die Auswärtigen. „Die wollen im Anschluss oft gleich die Stadt anschauen.“

Die Größe der Stadt sieht auch Bernd Weinhart, Geschäftsführer des Hotels Müllerbräu, als Hauptproblem. „Für eine Kreisstadt wie Pfaffenhofen wäre die Innenstadt als reine Fußgängerzone einfach zu groß“, so Weinhart. Vorteile für seine Wirtschaft hätte er dadurch nicht. „Den Außenbereich könnte ich deshalb auch nicht weiter vergrößern“, sagt er. Zudem müssten Parkflächen außerhalb des Zentrums bereitgestellt werden. „Dann wären wiederum mehr Stadtbusse nötig, um die Leute in die Stadt zu bringen. Aber selbst das jetzige Busangebot halte ich schon für übertrieben“, sagt Weinhart.

 

Die Dienstleistungsbranche befürchtet ebenfalls Schwierigkeiten. „Wir wollen auf keinen Fall einen autofreien Hauptplatz“, erklärt Günther Kern vom Tui-Reisebüro. „Viele Leute parken am Hauptplatz und überlegen dann, in welches Reisebüro sie gehen“, sagt er. Seines sei dann die erste Adresse. Außerdem gebe es viele Leute, die nur schnell was abholen wollen.

Keinen Grund etwas an der aktuellen Aufteilung des Unteren Hauptplatzes zu ändern sieht auch die Hallertauer Volksbank. „Für unsere Kunden ist das Parken unmittelbar vor dem Haupteingang unserer Filiale sehr bequem und wird gerne genutzt“, sagt Marketingleiter Günter Staud. Für längere Termine empfiehlt die Bank ihren Besuchern ohnehin bereits das neue Parkhaus oder weitere ausgewiesene Parkflächen in der näheren Umgebung zu nutzen. „Das unterstützen wir mit entsprechenden Parkhaus-Wertbons“, erklärt Staud.

Der Vorstand der Volksbank Raiffeisenbank Bayern Mitte, Richard Riedmaier, fürchtet, dass ein so großer Platz nicht mit Leben gefüllt werden könnte. „Die Kunden schätzen die Möglichkeit, direkt vor der Filiale parken zu können.“ Und auch für Läden sei eine Verkehrsberuhigung nicht immer das Beste. „In Städten wie Köln oder Hamburg sind die angesagtesten Läden mittlerweile außerhalb der verkehrsberuhigten Zone.“

Das gleiche Problem sieht auch Rechtsanwalt Stefan Heinl, aus der Kanzlei Ritt-Mayer, Heinl und Rohrmann. „Dadurch würden die Geschäfte immer weiter aus dem Zentrum verdrängt werden.“ Die derzeitige Lösung sei vernünftig. „Im Moment halte ich die Regelung für einen guten Kompromiss. Andernfalls befürchte ich, dass der Hauptplatz nicht mehr belebt werden könnte“, sagt Heinl.

Friseur Rüdiger Falkenberg will ebenfalls keine Änderung. Er verweist auf die ohnehin schon autofreien Markttage. „An denen ist es merklich ruhiger.“

 

Fabian Stahl ist in zweierlei Hinsicht von dem Vorschlag betroffen. Er ist nicht nur Geschäftsführer der Stahl Computertechnik GmbH und somit selbst Anlieger am Hauptplatz, sondern auch Präsident der Interessengemeinschaft Lebendige Innenstadt Pfaffenhofen. „Komplett ohne Autos kann ich es mir eigentlich nicht vorstellen. Es wäre vielleicht zu überlegen, die autofreie Fläche des Unteren Hauptplatzes noch etwas auszuweiten“, schlägt Stahl vor. Grundsätzlich müsse eine entsprechende Idee allerdings mit allen Anliegern abgesprochen und nicht einfach umgesetzt werden. „Solange es aber noch kein klares Parkplatzkonzept gibt, sollte man die aktuelle Regelung beibehalten“, sagt Stahl.