Pfaffenhofen
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Agnes Krumwiede präsentiert Ideen für ein neues Urheberrecht

19.06.2012 | Stand 03.12.2020, 1:22 Uhr

Den grünen Weg in Sachen Urheberrecht stellte die Bundestagsabgeordnete Agnes Krumwiede in Pfaffenhofen vor - Foto: Paul

Pfaffenhofen (PK) Der Erfolg der Piratenpartei hat dazu beigetragen, dass das Thema „Urheberrecht“ auch bei den etablierten Parteien auf der Agenda weit nach oben gerückt ist. Wie der grüne Weg in dieser Frage aussehen soll, erläuterte jetzt Agnes Krumwiede bei einer Informationsveranstaltung mit dem Titel „Copy (Right)“ in Pfaffenhofen.

Die Abgeordnete aus Ingolstadt ist kulturpolitische Sprecherin ihrer Fraktion im Bundestag.

Ein anwesendes Parteimitglied gab eine Geschichte zum Besten, die alle Eltern pubertierender Sprösslinge gruseln lässt: Der Sohn eines Bekannten hatte munter Musiktitel heruntergeladen, kopiert und an seine Freunde weiterverschickt. Einige Wochen später flatterte ein Brief ins Haus. Über 10 000 Euro wollte eine Anwaltskanzlei. Zwar gelang es dem verzweifelten Vater, die Summe noch ein wenig herunterzuhandeln – aber auf dem Großteil des Betrages blieb die Familie dennoch sitzen.

„Das zeigt: Die Gesellschaft ist momentan von den Möglichkeiten des Internets noch moralisch überfordert“, ist Krumwiede überzeugt. Wobei die Jugendlichen sich angeblich schon eher mit den Bezahlmodellen anfreunden, sagt zumindest die Statistik. Und die Älteren bleiben aufgrund technischer Defizite ohnehin außen vor. Doch von der Generation dazwischen, den 30- bis 40-Jährigen, betrachten viele künstlerische Werke im Netz als Selbstbedienungsladen.

Ihre Überlegung wäre trotzdem, eine erste Abmahnung tatsächlich nur als „Warnschuss“ zu verschicken, ohne Geldstrafe. Erst wer danach nicht einsichtig wird, der sollte zur Kasse gebeten werden, schlägt Krumwiede vor. In Gesprächen mit der Verbraucherzentrale habe sie sich unter anderem mal schlau gemacht, ob nicht die Chance für ein Verbrauchertelefon besteht – nach dem Motto: das darf ich im Netz, jenes nicht. Wie die Finanzierung ausschauen soll, dass weiß sie freilich auch nicht.

Doch gehandelt werden muss, denn für viele Künstler wird das Internet mit seinen technischen Möglichkeiten, preiswert oder gänzlich kostenlos an Werke heranzukommen, zur ernsten wirtschaftlichen Bedrohung ihrer Existenz. Die Einnahmeverluste bei Musiktiteln betrugen im vergangenen Jahr 524 Millionen Euro, bei den Filmen waren es immerhin 156 Millionen Euro.

Was Krumwiede über das Einkommen der meisten freischaffenden Künstler verriet, das klang arg nach Hartz-IV-Niveau. Durchschnittlich zwischen 9000 und 12 000 Euro verdienen die Dichter, Maler und Musiker – pro Jahr. Die Frau weiß, wovon sie spricht, bevor ihr der Sprung ins Parlament gelang, arbeitete sie als Konzertpianistin.

Es sind aber nicht nur die egoistischen Konsumenten, auch die Kulturindustrie selbst beutet das kreative Volk oft rücksichtslos aus. Ein Beispiel dafür sind die Buyout-Verträge. Da bezahlt ein Verlag oder Sender einem Autor oder Schauspieler einmal einen Betrag – und heimst dann die Einnahmen ein, wenn das Werk ein Erfolg wird.

In grünen Kreisen wird derzeit intensiv über eine Kulturflatrate diskutiert. Das funktioniert ein wenig wie die GEZ für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk: Jeder Haushalt zahlt einen festen monatlichen Beitrag, damit er sich aus dem Netz bedienen kann. Freilich tangiert die Idee gleich zwei heilige Kühe der Grünen, nämlich die soziale Ausgewogenheit (für den Manager ist es ein Klacks, für die Putzfrau ein Batzen Geld) und den Datenschutz. Dass Herr Meyer Pornofilme und Frau Müller Esoterik-Musik bevorzugt ließe sich dann nämlich kaum noch geheim halten.

Man kann den Grünen zugutehalten, dass sie sich momentan intensiv mit dem Problem beschäftigen und etwa die Defizite aufzeigen, die bei Rechteverwertern wie der GEMA schon seit längerem bestehen. Aber wer Agnes Krumwiede länger zuhört und erfährt, welche Ausnahmen, Sonderregelungen und Rücksichtnahmen da zu beachten seien, der beginnt zu ahnen, dass das neue deutsche Urheberrecht am Ende womöglich viel gemeinsam haben könnte mit dem deutschen Steuerrecht. Das ist womöglich sogar das gerechteste in der ganzen Welt. Aber auch das mit Abstand umfangreichste. Und: Verstehen tut es schon lange niemand mehr.