Pfaffenhofen
Kein Traumpartner in Sicht

Kreisvorsitzende der Bundestagsparteien spekulieren über Koalitionsmöglichkeiten

23.09.2013 | Stand 02.12.2020, 23:38 Uhr

Handschlag auf Schwarz-Grün? Hier gratuliert Grünen-Kandidat Michael Stanglmaier (rechts) Wahlsieger Erich Irlstorfer (CSU). Die Kreisvorsitzenden der beiden Parteien glauben allerdings nicht, dass es zu einem Bündnis kommt - zu Koalitionsverhandlungen dagegen schon - Foto: Lehmann

Pfaffenhofen (PK) Zur absoluten Mehrheit hat es für die Union knapp nicht gereicht, Angela Merkel braucht einen neuen Koalitionspartner zum Regieren. Wir haben uns mit den Kreisvorsitzenden der Bundestagsparteien unterhalten, welche Möglichkeiten sie sich vorstellen können.


Mit dem Ergebnis der Unionsparteien ist der CSU-Kreisvorsitzende Ludwig Wayand hoch zufrieden. Trotzdem hatte der Wahlabend für Wayand abseits des starken Ergebnisses der Union auch einige Tiefschläge parat. Den Baar-Ebenhausener Bürgermeister schmerzt nicht nur da Ausscheiden der FDP. „Weil wir in Deutschland die liberale Mitte einfach brauchen.“ Nein, auch die ersten Aussagen der Grünen-Spitze klangen überhaupt nicht so, wie sie Wayand gerne gehört hätte.

„Auf beiden Seiten sind doch Menschen, die vernünftig miteinander reden könnten – und die nicht gleich alles verteufeln sollten“, fordert er ein Umdenken der Verantwortlichen. Das schwarz-grüne Bündnis wäre Wayand grundsätzlich lieber als die nun allgemein erwartete Große Koalition mit der SPD. „Ich hoffe immer noch. Hier muss einfach geredet und ein Kompromiss gefunden werden“, fügt er an. Einen grundlegenden Appell richtet er dabei vor allem an die Grünen. „Am Betreuungsgeld allein kann nicht gleich alles scheitern. Man muss sich halt entgegenkommen.“

Harte Verhandlungen erwartet der CSU-Kreischef allgemein. Vor allem die Maut-Frage habe es in sich und müsse erst einmal gelöst werden. Richtiggehend Angst hat Wayand vor einem rot-rot-grünen Bündnis. „Da passt einfach etwas nicht zu unserem Menschheitsbild“, erläutert er, weshalb er die Linken in der Regierung fürchtet. „Raus aus der Nato, Finger weg von Auslandseinsätzen der Bundeswehr – generell ist das einfach zu extrem“, sagt der ehemalige Soldat.

SPD-Kreischef Markus Käser kann sich prinzipiell alle Möglichkeiten vorstellen. „Pragmatisch gesehen liegt eine große Koalition nahe“, sagte Käser. Bei einer Regierungsbeteiligung könne die SPD selbst Themen setzen. Die Parteispitze dürfe sich aber nicht zu billig hergeben. „Die Union muss Kompromisse eingehen. Zu einem niedrigen Preis würde ich es nicht machen.“ Vor allem vom Mindestlohn dürfe seine Partei nicht abrücken. Die Zuständigkeit für eine Regierungsbildung liege allerdings bei Kanzlerin Angela Merkel (CDU). Käser kann sich prinzipiell auch ein schwarz-grünes Bündnis vorstellen. „Das kann es geben. Freilich.“ Oder vollzieht die SPD-Spitze gar eine Kehrtwende und schmiedet mit den Grünen und der Linken selbst ein Regierungsbündnis? „Die SPD könnte das machen“, sagt Käser. Aber weil Glaubwürdigkeit und Verlässlichkeit für ihn das höchste Gut sind, würde er persönlich es nicht in Erwägung ziehen. „Vielleicht war es aber ein taktischer Fehler sowas grundsätzlich auszuschließen.“ Wie auch immer, für die SPD sei jetzt wichtig sich zu erneuern. „Es geht für mich auch darum, wie sich die Partei entwickeln kann.“

Erst der Dämpfer bei der Landtagswahl, nun die Bestätigung des Abwärtstrends im Bundestag. „Wir schmeißen jetzt sicher keine Party“, fasst Grünen-Kreischefin Kerstin Schnapp das Abschneiden zusammen. Für die Region sei vor allem das Ausscheiden von Agnes Krumwiede aus dem Bundestag ein herber Verlust. „Wir werden personell einfach immer schlechter vertreten – und das über alle Parteigrenzen hinweg.“ Die Partei müsse die begangenen Fehler jetzt zwar aufarbeiten, aber dürfe nicht alles zerlegen. „Das ist der Wählerentscheid. Der ist nicht anzufechten.“ Nun sei es Usus, dass mit allen Parteien Gespräche über die Regierungsbildung geführt würden. „Ich kann mir aber nicht vorstellen, das mit der Union tatsächlich etwas rauskommt“, sagt Schnapp. „Ich sehe da keine echte Basis.“ Tendenziell liege die Linke programmatisch den Grünen schon deutlich näher, weshalb eine Dreierkoalition des linken Lagers kein völliges Tabu sei. Aber wirklich vorstellen kann sich Schnapp diese Regierung auch nicht. „Die Linken aus dem Westen sind voll o. k.. Aber mit den alten Kadern, der CSU des Ostens, da kann ich halt gleich gar nichts mit anfangen. Also bleibt unter dem Strich wohl nur die Große Koalition.“

Andreas Peter, Pfaffenhofens Ortsvorsitzender der Linken und Mitglied des Landesvorstands, genießt es zwar, die drittstärkste Kraft im Bund zu sein. „Aber wirklich zufrieden können wir trotzdem nicht sein“, fügt er ohne zu beschönigen an. Am härtesten trifft ihn nicht nur das schwache Abschneiden der Partei im Freistaat, sondern auch das starke Ergebnis und der Vertrauensvorschuss, den die Bürger der Union entgegenbringen. „Da passiert seit Jahren gar nichts – und dann so etwas. Das kann ja kaum sein“, entfährt es Peter.

Ans Aufstecken ist für ihn aber nicht zu denken. „Wir bleiben aktiv, lassen uns nicht abschrecken und werden den Leuten weiterhin zeigen, wofür es sich zu kämpfen lohnt.“ Beim Blick auf die Koalitionsverhandlungen wird es dem Pfaffenhofener keineswegs warm ums Herz. Peer Steinbrücks Aussage, wonach nun die Kanzlerin am Zug sei, wertet der Linke so: „Ich glaube nicht an Rot-Rot-Grün – weil ich nicht glaube, dass Sigmar Gabriel den Steinbrück jetzt so einfach abschießt.“ Das Bündnis der Schwarzen mit den Sozialdemokraten schätzt Peter allerdings nicht wirklich. Erstens bedeute es Stillstand, zweitens einen erneuten Kraftakt, aus dem die SPD erneut geschwächt hervorgehen werde. „Die reiben sich in den vier Jahren komplett auf und nichts springt für sie heraus. So war es beim letzten Mal, und so wird es wieder sein.“