Pfaffenhofen
"Viele Viertklässer erkennen Bienen nicht"

Kathrin Euringer koordiniert das Projekt "Pfaffenhofen summt"

07.03.2016 | Stand 02.12.2020, 20:07 Uhr

Bienen sollen sich in der Region wohl fühlen: Kathrin Euringer setzt sich mit der Aktion "Pfaffenhofen summt" für die Insekten ein und kämpft für ihren Schutz. - Fotos: Wolf, Paul

Pfaffenhofen (PK) Sie sind unverzichtbar für Mensch und Natur: die Bienen. Um die Insekten zu schützen und ihr Überleben zu sichern gibt es die bundesweite Aktion "Deutschland summt", die erste Initiative entstand 2010 in Berlin. Seit vergangenem Jahr will sich nun auch Pfaffenhofen stärker für die Bienen einsetzen, nun heißt es also auch "Pfaffenhofen summt". Die Koordination der Aktion übernimmt im Landkreis Kathrin Euringer.

 

Frau Euringer, wie häufig summt es denn noch im Landkreis Pfaffenhofen? Lässt sich die Zahl der Bienen beziffern?

Kathrin Euringer: Wir machen das jetzt nicht an genauen Zahlen fest, die haben wir auch gar nicht. Der Bestand gerade an Wildbienen ist, anders als bei Honigbienen, die von Imkern betreut werden, auch sehr schwer zu schätzen. Allgemein kann man einen starken Rückgang vieler Insektenarten in den vergangenen Jahrzehnten beobachten. Da muss man sich nach einer längeren Autofahrt nur die Windschutzscheibe ansehen, die lange nicht mehr so oft geputzt werden muss wie etwa in meiner Kindheit.

 

Wo liegt das Problem?

Euringer: Es fehlt vor allem an blühender, artenreicher Landschaft, die den Bienen über das Jahr hinweg ausreichend Nahrung bietet. In den Innenstädten spricht man ja häufig von Grünanlagen - aber ein Rasen hilft der Biene wenig, sie braucht pollen- und nektarreiche Blüten. In unserer Kulturlandschaft ist die Artenvielfalt auf Wiesen vor allem durch Düngung zurückgegangen. Deswegen blüht oft nur noch der Löwenzahn. Nach der Mahd und wenn die Raps- und die Obstblüte vorbei sind, ist für die Bienen dann häufig nicht mehr genügend da.

 

Wo könnten zusätzliche Blumenrabatten oder Blühflächen entstehen?

Euringer: Möglich wären unter anderem Straßen- und Feldränder, oder auch der Innenbereich von Verkehrskreiseln. Aber auch in den privaten Gärten besteht Potenzial. Hier gibt es im Sommer oft noch das beste Nahrungsangebot für Bienen. Viele Menschen wissen gar nicht, welche Pflanzen für Bienen geeignet sind. Und Wildbienen benötigen dann auch noch geeigneten Wohnraum.

 

Könnten Sie und Ihre Mitstreiter da entsprechend beraten?

Euringer: Konkret wurden wir von Privatleuten noch nicht angefragt - aber grundsätzlich gern, ja. Unter unseren Mitstreitern ist auch ein Landschaftsgärtner. Interessierte sind herzlich zu unserem Stammtisch am ersten Montag im Monat eingeladen und können sich auf unserer Homepage www.pfaffenhofen-summt.de informieren. Darüber hinaus bieten wir auch Bildungsarbeit an. Kindergärten und Schulen können sich Material bei uns leihen oder über das Grüne Klassenzimmer der Bund-Naturschutz-Kreisgruppe einen Kurs buchen. Die Bildungsarbeit ist mir besonders wichtig.

 

Inwiefern?

Euringer: Es gibt tatsächlich viele Viertklässler, die wissen nicht, wie eine Biene ausschaut beziehungsweise können diese nicht von einer Wespe unterscheiden. Das gilt auch für Erwachsene. Nicht selten werden Wildbienen für entflogene und bösartige Honigbienen gehalten, dabei gibt es in Deutschland über 500 verschiedene Wildbienenarten.

 

Was wirkt sich außerdem noch bedrohlich auf den Bestand aus?

Euringer: Speziell für die Honigbiene ist die Varroamilbe gefährlich. Die muss man sich als eine Art Bienen-Zecke vorstellen. Sie legt ihre Eier gleich in die Brutwaben des Bienenstocks. Ganze Völker können nach starkem Befall sterben. Die Wildbienen sind durch diese Milbe nicht gefährdet, weil sie nicht in Völkern leben und auch nicht als solche überwintern.

 

Nun heißt es aber, dass die Zahl junger Imker wieder zunimmt - das müsste doch den Bestand an Bienen stabilisieren, oder?

Euringer: Nicht unbedingt. Da reden wir ja ausschließlich über die Honigbiene. Ich selbst bin auch Jungimkerin und habe vier Bienenvölker. Wildbienen haben erstmal gar nichts davon, wenn es mehr Imker gibt. Und nur weil es wieder mehr Imker gibt, steigt damit nicht automatisch auch die Zahl der Bienenvölker - wobei die reine Zahl dann auch nichts darüber aussagt, wie es den Honigbienen geht. Um den Bestand aller Bienenarten zu stabilisieren, wäre es unerlässlich, die Lebensgrundlagen der Bienen zu verbessern und das geht eigentlich nur über eine Extensivierung in der Landwirtschaft. Bedrohlich für die Tiere ist vor allem das Zurückgehen der Nahrungsgrundlage. Und nicht jede Biene konsumiert jeden Nektar.

 

Die Tiere sind da tatsächlich so wählerische Feinschmecker?

Euringer: Oh ja! Die Malven-Langhornbiene beispielsweise, eine sehr seltene Wildbienenart, benötigt unbedingt die Rosenmalve. Ist diese nicht mehr ausreichend vorhanden, ist die Bienenart bedroht. Im Bereich der Ortsgruppe Reichertshofen des Bund Naturschutz wird dieser Zusammenhang sehr gut untersucht.

 

Wie schädlich sind die Auswirkungen von Pestiziden? Aus der Landwirtschaft heißt es ja immer, die Bienen würden davon nicht getötet?

Euringer: Vielleicht nicht unbedingt sofort getötet, über die konkrete toxische Wirkung streitet sich die Wissenschaft ja. Aber Neonicotinoide haben Verhaltensänderungen zur Folge, sodass die Honigbienen verwirrt werden, orientierungslos umherschwirren und nicht mehr den Weg zum Stock zurückfinden. Das ist dann indirekt tödlich.

 

Nun gibt es ja diesen gruseligen Satz, der Albert Einstein zugeschrieben wird: Wenn die Biene ausstirbt, stirbt vier Jahre später auch der Mensch. Wie ernst ist die Lage tatsächlich?

Euringer: Durchaus ernst, in anderen Ländern, beispielsweise in China, schon viel schlimmer als bei uns. Dort gibt es in manchen Regionen schon fast keine Bienen mehr und die Menschen müssen selbst losziehen und die Pflanzen bestäuben. So weit wollen wir es in Deutschland doch nicht kommen lassen.