Pfaffenhofen
"Ich möchte mir etwas beweisen"

Radsportprofi Björn Thurau im Interview über seinen Vater und Ziele bei der Bayern-Rundfahrt

22.05.2013 | Stand 03.12.2020, 0:07 Uhr

 

Pfaffenhofen (DK) Björn Thurau hat einen berühmten Nachnamen. Als Sohn von Dietrich „Didi“ Thurau hat es der 24-Jährige aber nicht immer leicht. Die Ansprüche sind hoch, Vergleiche an der Tagesordnung. Mit dem Team Europcar tritt Björn Thurau bei der Bayern-Rundfahrt an und spricht mit DK-Redakteur Manuel Holscher über kurzfristige Ziele, seinen Vater und die Dopingdiskussion im Radsport.

Herr Thurau, mit dem Team Europcar sind Sie bei der Bayern-Rundfahrt dabei. Was rechnen Sie sich aus?

Björn Thurau: Ich würde mir wünschen, bei einer Etappe aufs Podium zu kommen. Bei der zweiten Etappe heute von Mühldorf nach Viechtach sind die Voraussetzungen gut. Das Feld ist aber stark und planen lässt sich so etwas nicht. Mit Davide Malacarne und Pierre Rolland haben wir zudem zwei hervorragende Fahrer für die Gesamtwertung.

Wer gehört für Sie zu den Favoriten?

Thurau: Das Team sky Procycling ist immer gut aufgestellt. Aber auch mit ag2r La Mondiale und FDJ ist zu rechnen. Für viele Teams ist die Bayern-Rundfahrt ein Test für die Etappenrennen Critérium du Dauphiné oder die Tour de Suisse.

Sie sind seit 2012 im Team. Haben sich Ihre Erwartungen erfüllt?

Thurau: Auf jeden Fall. Ich habe einen Leistungssprung gemacht, habe mich sehr gut eingelebt und bin in diesem Jahr für die Klassiker gesetzt. Bei der Türkei-Rundfahrt habe ich zuletzt auch überzeugt. Ich werde in Dauphiné dabei sein und vielleicht klappt es auch mit der Tour de France.

Sie sind seit 2008 Profi und jetzt 24 Jahre alt. Was hat sich seit damals für Sie verändert?

Thurau: Bei den Profis fängt jeder bei null an. Sicherlich sind die Erfolge als Nachwuchsfahrer eine Empfehlung, eine Rolle spielen diese aber kaum noch. Am Anfang war ich ein bisschen nervös und musste mich zurechtfinden. Das wird aber von Jahr zu Jahr besser. Viele ältere Fahrer haben mir auch geholfen und Erfahrungen weitergegeben.

Ist es ein Vor- oder Nachteil, Sohn des ehemaligen Radsport-Topfahrers Dietrich „Didi“ Thurau zu sein?

Thurau: Leistungstechnisch ist es zunächst ein Nachteil, weil viele sagen, dass mein Vater viele Erfolge hatte und mich vergleichen. Das kenne ich aber schon seit meiner Kindheit. Es ist aber so, dass ich meinen Weg selber gehen möchte. Am Ende bringt mir der Name nichts, wenn ich keine Leistung bringe. Wenn ich dann in einem Team bin, kann das auf der anderen Seite unterstützend sein.

Ihr Vater äußerte damals Zweifel an Ihren Ambitionen, Radsportprofi zu werden. Wie ist Ihr Verhältnis mittlerweile zu ihm?

Thurau: Wir haben ein gutes Verhältnis. Meinen Weg im Radsport gehe ich aber ohne ihn. Er kann seine Meinung haben, ich sehe das eben ein bisschen anders. Sicherlich habe auch ich früher Fehler gemacht. Aber ich wollte zu einem Topteam und habe es geschafft. Ich habe jetzt genug Leute um mich herum, die mich gut beraten.

Wie weh tut es, vom eigenen Vater infrage gestellt zu werden?

Thurau: Ich habe es am Ende so gemacht, wie ich es wollte und damit ist das für mich gut gelaufen und in Ordnung.

Wie erklären Sie sich seine Zweifel?

Thurau: Väter wollen oft mehr aus ihren Söhnen herausholen und nicht, dass sie die gleichen Fehler machen. Da sind Spannungen vorprogrammiert. Er kann eine Stütze sein, ich muss aber meinen eigenen Weg gehen. Dann muss ich mich auch nicht auf den Namen verlassen.

Ist jeder Erfolg für Sie jetzt als Profi auch Genugtuung?

Thurau: Die Leute reden immer viel. Es geht nicht darum, meinem Vater etwas zu beweisen. Ich möchte mir etwas beweisen.

Ihr Vater hat mehrfach und regelmäßig gedopt. Der gesamte Radsport gerät immer wieder in die Schlagzeilen. Wie gehen Sie als junger Fahrer damit um?

Thurau: Ich bin nicht in der Generation gefahren, kann und möchte dazu gar nicht so viel sagen. Der Radsport befindet sich auf einem guten Weg. Es gibt viele Kontrollen. Das Thema Doping gibt es aber nicht nur im Radsport. Das wird politisch-medial gesteuert. Die Verantwortlichen sollten alle Sportarten mit einbeziehen.

Gibt es aus Ihrer Sicht nach wie vor ein Dopingproblem im Radsport?

Thurau: Doping wird es immer geben, nicht nur im Radsport. Trotzdem betreibe ich eine der saubersten Sportarten. Es ist sicherlich möglich, die Problematik weiter einzudämmen, ganz verschwinden wird Doping aber nie.

Was können die Verantwortlichen tun, damit sich das Image des Radsports wieder verbessert?

Thurau: Bei den Rennen sind immer noch sehr viele Fans. Ich überlasse das aber den Personen, die davon etwas verstehen, und konzentriere mich auf meine eigene Leistung.

Welches große Ziel haben Sie mittel- bis langfristig?

Thurau: Beim Klassiker Paris–Roubaix war ich schon dabei. Das Rennen liegt mir und dort auf dem Podium zu stehen, wäre schon großartig. Ansonsten denke ich an die Gegenwart und weniger an Träume.