Pfaffenhofen
Jede Menge Luft nach oben

Zwischenbilanz zur Energiewende bringt interessante Erkenntnisse für alle Landkreisgemeinden

17.10.2017 | Stand 02.12.2020, 17:21 Uhr
Kraftwerk über den Dächern von Geisenfeld: Die Photovoltaik-Anlage auf der Anton-Wolf-Halle besteht auf etwa 1500 Quadratmetern aus über 750 Einzelmodulen. Bei der Eröffnung begutachteten sie Bürgermeister Christian Staudter (von links), Hannes Hetzenecker und Eduard Zach. −Foto: Ermert

Pfaffenhofen (PK) Bei der Umsetzung der Energiewende steht der Landkreis ganz ordentlich da. Aber Luft nach oben gibt es noch genug. So lautet das Fazit von Klimaschutzmanagerin Doris Rottler, deren Neuauflage der Energiebilanz für alle 19 Landkreisgemeinden fast fertig ist.

"Wir sind auf einem guten Weg", bilanziert Rottler. "Aber das heißt nicht, dass man nicht noch einiges anstoßen kann." Viel Zeit haben Rottler und ihre Mitarbeiter damit verbracht, den Energieverbrauch im Landkreis systematisch zu erfassen. Bis Jahresende wird jede Gemeinde Post von Rottler bekommen. Im Umschlag befindet sich dann eine Übersicht, wie viel Energie in jeder Kommune verbraucht, aber im Gegenzug auch auf regenerative Weise erzeugt wird.

"Genau ins Detail können wir beim Strom gehen", sagt Rottler. Dessen Verbrauch und Erzeugung sei einfach auszuwerten. Etwas komplexer sieht es hingegen bei der Wärme aus. Und richtig kompliziert wird es beim Verkehr. Hier fährt Rottler zweigleisig. Sie stellt zum einen fest, wie viele Autos in den Kommunen zugelassen sind, aber untersucht auch den Energieverbrauch der Fahrzeuge, die einzelne Gemeinden passieren, hier aber nicht zugelassen sind. "Gerade entlang der Autobahn und an den Zuggleisen ist der Energieverbrauch dieser Autos natürlich enorm", sagt sie.

Die ersten Ergebnisse liegen schon vor. Über 4,2 Millionen Megawattstunden werden landkreisweit pro Jahr verbraucht. Ein Viertel davon in Privathaushalten, ein Drittel in Gewerbebetrieben, sage und schreibe 40 Prozent auf der Straße. Den Rest verbrauchen kommunale Liegenschaften.

Die Stromerzeugung aus regenerativen Quellen ist seit dem Jahr 2011, als es jährlich unter 100 000 Megawattstunden waren, bis 2015 auf über 150 000 Megawattstunden gestiegen. Der Stromverbrauch ist im Gegenzug von unter 600 000 auf fast 900 000 Megawattstunden emporgeschnellt. "In der Relation sind wir schlechter geworden", meint Rottler. Allerdings nicht, ohne anzufügen, dass die Privathaushalte dafür rein gar nichts können. "Den sprunghaften Anstieg haben wir seit 2014 der Inbetriebnahme des Audiwerks in Münchsmünster zu verdanken."

Immerhin 29 Prozent des verbrauchten Stroms wird regenerativ erzeugt. "Damit stehen wir recht gut da. Vor allem, weil wir einen Landkreis mit sehr viel Gewerbe haben", meint Rottler. Der Bayern-Schnitt liegt mit 34,3 Prozent aber deutlich höher. Auf einzelne Gemeinden heruntergebrochen, wird das Bild sehr heterogen. Gerolsbach produziert mehr grünen Strom (160 Prozent) als verbraucht wird, Hohenwart (155 Prozent) ebenso, Schweitenkirchen (93) annähern - jeweils dank der Windräder. Das klösterliche Heizkraftwerk ermöglicht Scheyern (102) eine perfekte Bilanz. In Geisenfeld (81) sieht es wegen der PV-Freiflächenanlagen sehr gut aus. Viele PV-Anlagen auf den Dächern und "insgesamt ein guter Mix", so Rottler, lässt aber auch Pfaffenhofen (67), Rohrbach (64) oder Jetzendorf (62) gut dastehen. Richtig mau sieht es hingegen an den Industriestandorten im Norden aus - also in Manching (9), Vohburg (4) oder Schlusslicht Münchsmünster (1). "Audi, Petrochemie, Kraftwerke und Raffinerien sorgen für Wohlstand und Arbeit, aber eben auch für eine schlechte Energiebilanz", meint Rottler.

Der Stromverbrauch je Einwohner liegt landkreisweit übrigens bei gut 1200 Kilowattstunden pro Jahr. Macht für einen Vier-Personen-Haushalt rund 5000 Kilowattstunden. "Man sollte zwar besser etwas weniger brauchen. Aber in der Realität kommt das in den meisten Haushalten vermutlich hin", so Rottler.

Weitaus schwieriger ist es ihren Mitarbeitern gefallen, den Energieverbrauch bei der Wärme zu erfassen. 18 Prozent der Heizenergie wird auf regenerative Weise erzeugt, vier Prozent über Fernwärme. "Das macht 78 Prozent über fossile Energieträger - und das ist im Bayernvergleich etwas besser als der Schnitt", so Rottler. Weniger optimistisch stimmt sie die Zahl der zugelassenen Pkw. "Bei uns sind es 615, deutschlandweit hingegen nur 550 pro tausend Einwohner", meint sie. Die Gesamtzahl der zugelassenen Fahrzeuge - Lastwagen und Bulldogs eingerechnet - liegt sogar bei 816. "Unser Landkreis ist wohlhabend und ländlich geprägt. Beides führt dazu, dass es hier wahnsinnig viele Autobesitzer gibt." Die Zahl der Elektroautos ist dennoch verschwindend gering. Nur 59 waren vor zwei Jahren gemeldet. "Ihre Zahl nimmt zwar zu, ist aber marginal - und es wird bei dem Tempo auch noch sehr lange so bleiben", sagt Rottler.

Angesicht des enormen Energieverbrauchs durch die Fahrzeuge setzt hier auch ein Hebel an, wie sich die Bilanz weiter aufhellen ließe. "Öfters überlegen, bevor man ins Auto steigt", rät Rottler. Auf öffentliche Verkehrsmittel ausweichen. Oder aufs Rad. Und nebenbei alte Immobilien aus den 60er bis 80er Jahren weiter modernisieren. "Für Neubauten gibt es Auflagen. Aber beim Altbestand haben wir jede Menge Potenzial, um Energie zu sparen oder sie weitaus effizienter zu nutzen."

ENERGIEBILANZ IM LANDKREIS

Die bisherige Energiebilanz wurde anhand von Gemeindedaten aus dem Jahr 2010 erstellt. Für die Fortschreibung entschied sich Klimaschutzmanagerin Doris Rottler, die Infos aus dem Jahr 2015 selbst zu erheben. Dazu forderte sie statistische Daten an und ergänzte sie durch Auskünfte der Energieversorger, der Kaminkehrer und vom Kraftfahrtsbundesamt. Neben den Bereichen Strom und Wärme beleuchtet Rottler auch den Verkehr. Ihre Erkenntnisse verrät sie beim Vortrag auf der Energie-für-alle-Woche am Montag um 17 Uhr im Stockerstadel. | pat