Pfaffenhofen
Fliederfarbene Versuchung

Pfaffenhofener Rentnerin bekommt fragwürdiges Schreiben - Verbraucherzentrale gibt Tipps für solche Fälle

14.02.2018 | Stand 02.12.2020, 16:49 Uhr
"Wichtige Mitteilung" und "Achtung: vertraulich!" steht auf der Postkarte, die eine 77-Jährige Pfaffenhofenerin bekommen hat. Dahinter steckt mitnichten ein amtliches Schreiben. −Foto: Kraus

Pfaffenhofen (PK) Mal sind es halbseidene E-Mails, mal SMS-Sendungen eines angeblichen Inkasso-Dienstes. Diesmal sorgt eine fliederfarbene Postkarte eines Hamburger Unternehmens für Irritationen: Eine Pfaffenhofener Rentnerin hat eine ebensolche Sendung in ihrem Briefkasten gefunden, die optisch den Eindruck eines amtlichen Schreibens oder vertraulichen Dokuments erwecken soll.

 Suggeriert wird eine Renten-Angelegenheit, die den Empfänger offenbar zu einem Anruf bei einer Hotline bewegen soll. Auf den zweiten Blick geht es tatsächlich um ein Gewinnspiel - und der Blick ins Kleingedruckte verrät schließlich, dass Werbe- oder Verkaufsabsichten hinter dem Schreiben stecken dürften. "Im Anschluss an die Registrierung erhalten Sie auf Wunsch exklusive Informationen zu attraktiven entgeltlichen Offerten der GKL", heißt es.

Die 77-jährige Pfaffenhofenerin war skeptisch. Die Rentnerin bewahrte das Schreiben allerdings ein paar Tage auf - unsicher, ob sie vielleicht nicht doch darauf reagieren müsse. Ihr Sohn hat sich schließlich an unsere Zeitung gewandt, um andere Betroffene zu informieren: "Ältere Leute erliegen vielleicht doch mal der Versuchung, auf so ein Schreiben zu reagieren und anzurufen", sagt er.

Der Verbraucherzentrale Bayern ist die konkrete Hamburger Firma nicht aus aktuellen Fällen bekannt. "Allerdings kennen wir diese Masche mit wechselnden Firmen bereits aus unserem Beratungsalltag", berichtet Esther Jontofsohn, Fachberaterin für Verbraucherfragen, auf Anfrage unserer Zeitung. Die Absender solcher scheinbar amtlichen Schreiben wollen wahrscheinlich eine Gesetzeslücke ausnutzen: "Seit August 2009 gilt das Gesetz zur Bekämpfung unerlaubter Telefonwerbung, seit Oktober 2013 das Anti-Abzocke-Gesetz", erklärt Jontofsohn die rechtlichen Hintergründe. "Ruft ein unbekanntes Unternehmen zu Werbezwecken an, ist der Telefonanruf unzulässig." Wer unerlaubt zu Verkaufszwecken telefonischen Kontakt mit Verbrauchern aufnimmt, riskiert sogar hohe Geldstrafen. Nicht allerdings, wenn der Betroffene selbst bei der Hotline anruft: "Der eigene, aktive Anruf ist leider als Einverständnis des Verbrauchers zu einem Gespräch zu werten", erklärt die Expertin die Masche. Und wie reagiert man als Empfänger vermeintlicher Behörden- oder Rentenschreiben richtig? "Wir empfehlen, solche amtlich aussehenden Schreiben sehr genau unter die Lupe zu nehmen und sich nicht von vermeintlichen Gewinnen blenden zu lassen", rät die Fachberaterin. Im Zweifel könne man auch die Verbraucherzentrale bitten, das Anschreiben zu prüfen.

Es gibt eine Vielzahl ähnlicher Maschen - und die Verbraucherzentrale gibt Tipps, wie man sich wehren kann, wenn man nach einem Anruf mit angeblich abgeschlossenen Verträgen oder Geldforderungen konfrontiert wird: Im konkreten Fall lässt das Kleingedruckte erahnen, dass wohl Abos von Spielgemeinschaften für das deutsche Lotto verkauft werden sollen - das warnt zumindest die Verbraucherzentrale Mecklenburg-Vorpommern, die ähnliche Fälle in Rostock kennt. Sie verweist auch darauf, dass die "persönliche Referenz-Nummer" auf dem Schreiben als Gewinncode gelte, doch Gewinnchancen und Überwachung des Ablaufs der Ziehung ungeklärt seien.

Die bayerischen Kollegen wissen Rat: "Verträge über Gewinnspieldienste sind inzwischen nur dann wirksam, wenn sie schriftlich, per Fax oder per E-Mail geschlossen werden", erklärt Jontofsohn. Ein Vertragsabschluss am Telefon reiche nicht mehr aus. Doch das gelte nur für Anrufe, bei denen es um Gewinnspieldienste geht. "Versucht der Anrufer etwas anderes anzubieten, zum Beispiel die Eintragung in eine Sperrliste zum Schutz vor Telefonwerbung, so bleibt ein wirksamer Vertragsschluss am Telefon nach wie vor möglich", warnt sie. Dann stehe dem Verbraucher aber auf jeden Fall ein Widerrufsrecht innerhalb einer Frist von 14 Tagen zu. Erfolgt keine Widerrufsbelehrung, erlösche das Widerrufsrecht spätestens zwölf Monate und 14 Tage nach Vertragsschluss. Die Beweispflicht über die ordnungsgemäße Belehrung liege beim Unternehmen.

Und im konkreten Fall? "Rein vorsorglich empfehlen wir, einen Vertragsschluss zu widerrufen und ihn wegen arglistiger Täuschung anzufechten", so die Expertin. "Die Verbraucherzentrale bietet dazu ein kostenloses Musterschreiben an."