Pfaffenhofen
"Wir sind kein Hausmeisterdienst"

Auf ihrer Generalversammlung beklagt die Pfaffenhofener Feuerwehr den Missbrauch des Notrufs

28.01.2018 | Stand 02.12.2020, 16:53 Uhr

"Das Wort Kameradschaft wird bei uns aktiv gelebt": Karl-Heinz Denk, Vorsitzender des Pfaffenhofener Feuerwehrvereins, konnte rund 130 Gäste zur Versammlung begrüßen. - Fotos: Herchenbach, Feuerwehr

Pfaffenhofen (PK) Bei der Pfaffenhofener Feuerwehr brennt nichts an: Eine überaus positive Bilanz zogen Vorstand und Kommandant auf der Generalversammlung. Beklagt wurde allerdings eine bedenkliche Entwicklung: Die Wehr wird zunehmends ohne Not gerufen - und sei es nur wegen eines geknickten Zweigs.

Beeindruckende Zahlen wurden den rund 130 Gästen im Sparkassen-Casino präsentiert: Die Zahl der Aktiven - jetzt 94 - steigt, die Jugendarbeit trägt Früchte, die Kasse mit 20.000 Euro im Plus stimmt auch. Und 235 Einsätze waren im zurückliegenden Jahr zu bewältigen. Letzteres bedeutet auch, dass die Wehrleute dafür insgesamt über 3000 Stunden auf den Beinen waren: Sie wurden zu 146 Bränden gerufen, mussten 87 Mal technische Hilfe leisten und zwei Sicherheitswachen durchführen. Details berichtete Kommandant Roland Seemüller: 38 Personen konnten bei Autounfällen aus lebensbedrohlichen Situationen gerettet werden, für fünf Menschen allerdings kam jede Hilfe zu spät. Ein gequältes Lächeln konnte Seemüller nicht nur den Aktiven im Saal entlocken, als er von Einsätzen berichtete, die sich vor Ort als ein aufgeblasenes Nichts erwiesen. So hatte ein Autofahrer die Feuerwehr alarmiert, weil "ein Baum quer über der Straße liegt". Die Feuerwehr rückte mit zwölf Mann an: Der Baum entpuppte sich dünner abgebrochener Zweig, der einen halben Meter in die Fahrbahn ragte und, so der Kommandant, "mit zwei Fingern hätte entfernt werden können". Oder die Dame, die zu nachtschlafender Zeit über den Notruf 112 einen Wasserschaden meldete und Feuerwehrleute aus den Betten holte. Die stellten dann fest, dass die Bewohnerin von ihrer Toilettenspülung genervt war, die nicht mehr aufhörte zu laufen. Die Bitte der Frau, ob die Männer nicht gleich das Ventil austauschen könnten, wurde abgelehnt. Im Einsatzbericht liest sich das dann ganz nüchtern so: Wasser abgedreht, kein weiteres Eingreifen erforderlich, eingesetzte Kräfte: zwölf Aktive. "Wir helfen jederzeit und jedem, wenn er in Not geraten ist", sagte Seemüller, "aber wir haben kein Verständnis dafür, wenn man uns missbraucht. Wir sind kein Hausmeisterdienst."

Kein Missbrauch liegt vor, wenn automatische Brandmeldeanlagen bei der Feuerwehr Alarm auslösen. Das war im vergangenen Jahr 52 Mal der Fall, in 18 Fällen allerdings völlig unnötig. So schrillten die Sirenen im Sommer bei einem Logistik-Unternehmen. Die Ursache: Draußen war es sehr heiß, und als dann das Tor zur gekühlten Halle geöffnet wurde, bildete sich drinnen Kondenswasser, das die Meldeanlage in Betrieb setze. Ein ähnlicher Effekt bei einem Nahrungsmittelhersteller, wo der Dampf eines Hochdruckstrahlers, mit dem die Räumlichkeiten gesäubert wurden, die Feuerwehr auf den Plan rief. "Wir versuchen dann, die Betreiber vor Ort für die Meldeanlagen zu sensibilisieren", erklärte der Kommandant.

Noch mehr Zeit als für die Einsätze investierten die Feuerwehrleute für Übungen (3351 Stunden) und Lehrgänge (686 Stunden). Insgesamt wurden 250 Übungen im vergangenen Jahr absolviert und 94 Lehrgänge besucht; ein Rekord in der 156-jährigen Vereinsgeschichte. Grund ist auch die neue Drehleiter, für die spezielle Übungen wie der "Korbführerschein" absolviert werden müssen. Die Pfaffenhofener Feuerwehr ist eine Freiwilligen-Organisation, eine Berufsfeuerwehr gibt es erst in Städten ab 100.000 Einwohner. Grund genug für Seemüller, sich bei den Familien und Partnern der Aktiven zu bedanken: "Bitte bleiben Sie engagiert bei der Sache." Entsprechend gab es natürlich so manche Ehrung (Bericht folgt).

Engagiert um Nachwuchs werben die Jugendwarte. Martin Grabmair stellte das neue Konzept vor: Alle Pfaffenhofener Kinder werden zu ihrem zwölften Geburtstag angeschrieben und zu einer "Schnupperübung" eingeladen. Mehr als ein Dutzend Neugierige, freute sich der Jugendwart, können so jeden Monat begrüßt werden.

"Überall ist Bewegung drin", stellte Bürgermeister Thomas Herker mit Respekt fest. "Alle entscheidenden Parameter stehen auf Grün." Er leitete auch die einstimmige Entlastung des Vorstands. Im Rathaus hat die Feuerwehr offensichtlich eine starke Lobby. So viele Stadträte wie heute erlebe er selten bei einer Veranstaltung. Erst kürzlich sei wieder über Geld gesprochen worden, bei den Vorgesprächen zum Haushaltsplan 2018. "Da wird dann diskutiert: Warum braucht er das? Wer ist das überhaupt? Und braucht er wirklich so viel", berichtete der Bürgermeister. Bei den finanziellen Zuwendungen für die Feuerwehr dagegen werde am Tisch gefragt: "Reicht das denn" Immerhin: "Ihr seid Leute, die für andere den Kopf hinhalten." Und deshalb bat Herker: "Kommt immer wieder vom Einsatz zurück - und bleibt, wie ihr seid!"