Pfaffenhofen
Braune Flecken in der Ehrengalerie

Warum hängen die Porträts der Pfaffenhofener Nazi-Bürgermeister unkommentiert im Rathaus?

15.03.2012 | Stand 03.12.2020, 1:43 Uhr

Brauner Bürgermeister mit Parteiabzeichen am Revers: Otto Bauer, von 1935-1940 Stadtoberhaupt in Pfaffenhofen. Rechts hängt ein Porträt seines Nachfolgers Joseph Mayr. - Foto: Straßer

Pfaffenhofen (PK) Von Rieder bis Prechter: Die Bildergalerie im Rathaus erinnert an die Pfaffenhofener Ex-Bürgermeister. Doch einer passt schon rein äußerlich nicht in die Reihe der honorigen Herren: Otto Bauer – mit blitzendem Nazisymbol am Revers der Jacke. Doch er ist nicht der Einzige mit brauner Gesinnung.

Das erste Mal hat Wolf Janz ihn vor 15 Jahren gesehen: Otto Bauer, Pfaffenhofens Bürgermeister von 1935 bis 1940 und „fanatischer Nationalsozialist“, wie ihn Heimatforscher Reinhard Haiplik (ÖDP) in seinem 2003 erschienenen Buch „Pfaffenhofen unterm Hakenkreuz“ charakterisierte, reiht sich nahtlos in die Riege der Stadtoberhäupter ein, die im zweiten Stock des Rathauses von der Wand lächeln. „Heute hängt er immer noch in seiner Schmuddelecke“, sagt Janz, der mit einer aus Polen stammenden Frau verheiratet ist. „Als sie das zum ersten Mal gesehen hat, ist ihr die Kinnlade runtergefallen“, sagt der Pfaffenhofener.

Das Porträt dieses Bürgermeisters stehe der eigentlich weltoffenen Stadt schlecht zu Gesicht. „Peinlich, das tut nicht Not“, meint Janz. Man müsse sich nur einmal vorstellen, „Frau Knobloch (Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern, d. Red.) kommt zu einem Empfang in den Sitzungssaal“. Seiner Ansicht nach sei ein Tuch über dem Porträt oder zumindest ein Passepartout, das die Nazi-Symbole überdeckt, angebracht. Janz würde sich wünschen, dass sein Vorstoß eine Diskussion in Gang setzt.

Eine solche habe es vor Jahren schon mal gegeben, versichert der aktuelle Bürgermeister Thomas Herker (SPD). „Man hat sich aber darauf verständigt, dass das ein Teil der Stadtgeschichte ist“, erklärt er. Neben Bauer, der wegen „nachgewiesener Unfähigkeit“ und massiver Aufhäufung von Schulden abgesetzt worden sei, seien auch dessen Vorgänger Sebastian Niedermayr (1931-1935 und 1940-1941) sowie der Nachfolger Joseph Mayr (1941-1945) aktive Nazis gewesen. Auch die Rolle von Bürgermeister Jakob Sanwald, der von 1956 bis 1972 die Geschicke Pfaffenhofens lenkte, ist laut Haiplik-Buch zumindest umstritten: Sanwald war im Dritten Reich als NSDAP-Mitglied und Ortsgruppenleiter engagiert.

Aus diesem Grund müsste laut Herker eine erklärende Tafel, die auf Bauers zweifelhaftes Wirken hinweist, ebenso neben den Porträts dieser anderen Bürgermeister angebracht werden. „Ich sehe momentan keinen Handlungsbedarf, aber wenn das Thema im Stadtrat zur Sprache kommt, wird die Verwaltung sicherlich tätig werden.“ Zudem werde die Stadt ihrer Verantwortung im Umgang mit der nationalsozialistischen Vergangenheit mit dem geplanten Denkmal für die Opfer des Nationalsozialismus gerecht. Herker selbst hat nach eigener Aussage kein Problem, wenn sein Porträt einmal in einer Reihe mit Nazi-Vorgängern im Bürgermeisteramt hängt: Die Galerie sei „rein dokumentatorisch.“ Auch für Reinhard Haiplik, den städtischen Referenten für Internationale Kultur, Heimatpflege und Integration, ist das Thema nicht neu. „Ich habe vereinzelte Stimmen gehört, die darüber verwundert waren, dass die Bilder der drei Bürgermeister Bauer, Niedermayr, und Mayr dort hängen“, sagt er. Die neue Kulturmanagerin der Stadt, Eva Berger, sei gar erschrocken gewesen, berichtet Haiplik.

Eine radikale Lösung hält er dennoch nicht für sinnvoll: „Ich hätte Bedenken, die Bilder ganz abzunehmen.“ Haiplik spricht sich für erläuternde Tafeln aus: „Da könnte erklärt werden, dass diese drei Bürgermeister der Diktatur nicht demokratisch gewählt waren.“ Bislang habe er das „sensible Thema“ in den städtischen Gremien aus Angst vor einer „emotionalen Debatte, die in Unsachlichkeit ausartet“, nicht aufgeworfen. Doch jetzt plant Haiplik, im nächsten Kulturausschuss am 22. März einen Vorstoß zu wagen.