Pfaffenhofen
Paradies zwischen zwei Buchdeckeln

30.07.2018 | Stand 25.10.2023, 10:31 Uhr
Den Katalog zur Ausstellung präsentieren die Vorstände des Neuen Kunstvereins Karin Probst, Steffen Kopetzky (links) und Kunstprofessor Wolfgang Ellenrieder. −Foto: Foto: Herchenbach

Pfaffenhofen (PK) Das Paradies auf 130 großformatigen Hochglanzseiten: Zur Finissage, dem feierlichen Abschluss der Ausstellung "MyPrivateParadise" in der Kunsthalle, konnte Steffen Kopetzky, Stadtrat und Schriftsteller, als Vorsitzender des Neuen Pfaffenhofener Kunstvereins den Katalog zur Ausstellung vorstellen: Der erste in der zehnjährigen Vereinsgeschichte, der zur laufenden Schau erschienen ist.

Der hochwertige Bildband stellt die zwölf Künstler und ihre Werke vor, die sie sechs Wochen lang in der Kunsthalle präsentiert haben: Installationen, Bilder, Skulpturen und Objekte, die versuchen, das Paradies greifbar zu machen. Im Hinblick auf die Paradiesspiele hatte sich Kopetzky vor zwei Jahren mit Wolfgang Ellenrieder, Kunstprofessor in Braunschweig, zusammengesetzt und diskutiert, welchen Beitrag der Kunstverein beisteuern könnte. Ellenrieder, in Pfaffenhofen kein Unbekannter, bat seine ehemaligen und bereits als Künstler arrivierten Studenten, sich des Themas anzunehmen. Entstanden ist eine Gruppenausstellung, die für den Kunstverein einen "Höhepunkt" markiert, so Kopetzky nicht ohne Stolz.

Wer den Katalog durchblättert, erkennt, wie kongenial sich die Arbeiten der zwölf Künstler, so unterschiedlich sie auch sind, thematisch zusammenfügen, ergänzen und in der Gesamtschau romanhaft vom Paradies erzählen. Vom ganz irdischen, das Stella Förster wie in einem Panoptikum mit allerlei kitschigem Krimskrams zu einer kunstvollen Wunderwohnwelt zusammengestellt hat - quasi als kleines Paradies in den eigenen vier Räumen. Wobei zwischen der Überfülle von buntem Tand die Frage steht: Kann ein Überreiz an vergänglichen Dingen überhaupt glücklich machen?

Vom verlorenen Paradies erzählt die Installation Fabian Lehnerts; ein begeisterter Naturfreund, wusste Ellenrieder zu berichten, der am letzten Ausstellungstag Besucher durch die Halle führte. Was Lehnert auf seinen Wanderungen fand, das hat er vor einer übergroßen Druckgrafik aufgebaut, die den dschungelartigen Garten Eden voller Getier darstellt. Auf einem mehrstufigen weißen Altar liegen Knochenfunde, skelettierte Köpfe von Rehen und Hasen, Geweihe und viele andere Reliquien. Erinnerungen an das verschlossene Paradies, dessen Eingang von Engeln mit flammenden Schwertern bewacht wird, wie die Bibel berichtet.

Für Flüchtlinge ist Europa das Paradies. Den Zutritt verwehren ihnen allerdings nicht mythologische Erzengel, sondern ganz reale unüberwindbare Rollen aus Nato-Draht. Eine solche hat Daniel Wolff mit Betonmasse entschärft, bei längerem Betrachten sehen die handgekneteten Ummantelungen aus wie Fragmente einer Wirbelsäule. Auch dieses Kunstwerk mit Detail-Aufnahmen zeigt der Katalog eindrucksvoll.

Neben biografischen Angaben zu den Künstlern erklären kurze Texte deren Wirken, weitere Fotos ihrer künstlerischen Arbeit ergänzen die Porträts. Kopetzky hat für den Katalog im Vorwort die Entstehung der Ausstellung beschrieben, Essays der Braunschweiger Kunstwissenschaftlerin Annette Tietenberg und des Münchner Kunsthistorikers Wolfgang Ullrich über das Selbstverständnis von Gegenwarts-Künstlern und den Kunstbetrieb ergänzen den Band. Herausgeber sind die beiden Kunstprofessoren Ellenrieder und Thomas Rentmeister aus Braunschweig. Zu beziehen ist der Band gegen eine Spende beim Neuen Kunstverein.

Albert Herchenbach