Geisenfeld
Noch sind Sirenen unverzichtbar

Kommandant Robert Schaller über die Alarmierung der Bevölkerung und der Feuerwehraktiven

03.09.2021 | Stand 23.09.2023, 20:38 Uhr
Überblick auch im Katastrophenfall: Feuerwehrkommandant Robert Schaller in der Einsatzzentrale im Geisenfelder Feuerwehrgerätehaus. −Foto: Kohlhuber

Geisenfeld - Großbrand bei der GSB in Baar-Ebenhausen, und der Wind trägt den giftigen Raum in Richtung Geisenfeld. Die Bevölkerung muss dringend gewarnt werden! - Nur ein Gedankenspiel, doch würde diese Warnung in der Praxis auch funktionieren? Robert Schaller, Kommandant der Geisenfelder Stützpunktwehr, lässt keinen Zweifel daran, dass den guten, alten Sirenen hier nach wir vor eine zentrale Bedeutung zukommt. Und zum Glück sei die Großgemeinde damit "gut ausgestattet". Mit einer Ausnahme.

Ein Jahr ist er nun her, der bundesweite Warntag - der zu einem blamablen Flop wurde. Eine Überlastung des Systems sowie Missverständnisse bei den Zuständigkeiten ließen vielerorts die Sirenen stumm bleiben. Und auch die Benachrichtigung über Warn-Apps auf dem Smartphone funktionierte nur sehr mangelhaft. "Ich war an diesem Tag in München, und bei meiner Warn-App kam die später gegebene Entwarnung noch vor der Warnung selbst an", erinnert sich Robert Schaller.

Auch im Geisenfelder Gemeindegebiet war im September 2020 keine der Sirenen zu hören. Auch sie hätten damals einen einminütigen Heulton abgeben sollen - das Sirenensignal für einen Katastrophenalarm(siehe Kasten). Der Geisenfelder Kommandant verweist hier zum Unterschied auf den zweimal unterbrochenen Dauerton von einer Minute, der nur für die Aktiven der Feuerwehren von Relevanz ist. Er bedeutet für diese eine Alarmierung zu einem dringenden Einsatz.

In den 1990er Jahren, nach dem Ende des Kalten Krieges, wurden vielerorts die Sirenen demontiert - in der Annahme, dass sie nicht mehr benötigt werden. Nicht so in Geisenfeld. "Im Stadtgebiet haben wir drei funktionstüchtige Sirenen, nämlich auf dem Wasserturm, auf dem Historischen Rathaus und auf dem Feuerwehrgebäude", berichtet Schaller. "Und in den Ortsteilen überall dort, wo sich eine Feuerwehr befindet."

Auch dort hat die Automatisierung Einzug gehalten. Bis vor etwa 15 Jahren sei die Aktivierung der Sirene noch recht umständlich gewesen, erzählt der Geisenfelder Kommandant. "Da wurde im Alarmierungsfall der jeweilige Kommandant angerufen. Der ist dann zur Sirene gefahren und hat den Alarm per Knopfdruck ausgelöst." Jetzt, so Schaller, könne dies die Leitstelle erledigen, "und zwar sowohl einzeln als auch gebündelt".

Die Ausstattung der Großgemeinde mit Sirenen bezeichnet Schaller als "zufriedenstellend" - wobei es aus Feuerwehrsicht jedoch eine Ausnahme gebe, und diese betreffe Zell. "Der Ortsteil ist zu groß für die eine Sirene, die sich auf dem Feuerwehrhaus beim Bauhof befindet." Weil diese Sirene den Bereich Ainau schlecht abdecke, "wäre eigentlich für Zell eine zweite Sirene nötig", so Schaller. "Die dortige Feuerwehr drängt seit Jahren darauf."

Als wichtig empfindet er dies auch deshalb, weil die Sirenen in die Ortsteilen eine Doppelfunktion erfüllen. Mit ihnen wird dort neben der Bevölkerung auch die örtliche Feuerwehr alarmiert - während die drei Sirenen in Geisenfeld nur im Fall der Fälle zur Warnung der Bevölkerung dienen. Um diese möglichst wenig mit dem Sirenenlärm zu stören, werden die Aktiven der Stützpunktwehr ausschließlich per Piepser alarmiert.

Doch befinden sich auch in den Ortsteilen nicht alle Feuerwehraktiven zu jeder Zeit im Umfeld der örtlichen Sirene. Wie bekommen also diese ihre Nachricht, wenn sie nicht vor Ort sind? Um hier Abhilfe zu schaffen, hat die Stadt vor etwa einem Jahr "Geld in die Hand genommen und den Aktiven aller Geisenfelder Wehren eine App mit dem Namen FF-Agent spendiert", so Schaller. Diese App, die jeder Feuerwehrler auf seinem Smartphone habe, wandle das analoge, im Gerätehaus eingehende Funksignal in ein digitales Signal um , das auf dem Handy empfangbar ist. In dieser Hinsicht seien die Geisenfelder Wehren "besser ausgestattet als die Feuerwehren in etlichen anderen Landkreisgemeinden".

Doch auch dieses moderne System hat einen kleinen Haken: Es benötigt mobiles Internet. So lange sich jemand mit seinem Smartphone in einem "Internet-Funkloch" befinde - von denen es ja auch in der Region leider noch einige gebe - "kriegt er von der Alarmierung per FF-Agent nichts mit."

SO IST MAN IM KATASTROPHENFALL STETS INFORMIERT

Wie kann man dafür Sorge tragen, dass man im Katastrophenfall nichts verpasst? Feuerwehrkommandant Robert Schaller gibt Tipps:

Bei Sirenenalarm auf den Signalton achten. Handle es sich um einen auf und abschwellenden Heulton von einer Minute Dauer, sei dies das Signal für einen Katastrophenfall. Bei einem solchen sollte man sich in geschlossene Räume begeben, Fenster und Türen schließen und Radio und TV einschalten.

Auf Lautsprecher-Durchsagen der Feuerwehr achten. Die Möglichkeiten für solche Durchsagen verbessern sich laut Schaller durch die drei Mannschaftstranporter, mit denen die Feuerwehren Geisenfeld, Ilmendorf und Rottenegg nächstes Jahr ausgestattet werden. Diese Fahrzeuge haben alle eine Lautsprecher-Ausrüstung.

Ein Warn-App auf dem Smartphone installieren (wie zum Beispiel Nina oder Katwarn). Viele Handy-Nutzer hätten dies leichtsinnigerweise noch nicht getan, weiß der Geisenfelder Kommandant. Ab dem nächsten Jahr sollte sich die digitale Alarmierung der Bevölkerung nochmals deutlich verbessern, hat Robert Schaller erfahren. Denn dann werde voraussichtlich auch in Deutschland das international bewährte Warnsystem Cell Broadcast eingeführt. Durch dieses könnten alle Handy-Nutzer in einem bestimmten Gebiet von den Behörden mit einer Art Notfall-SMS gewarnt werden.

GZ

Gerhard Kohlhuber