Manching
Nerb: Dezentrale Lösungen statt Polder

PFC: Manchings Bürgermeister sieht im Hochwasserfall ein "unkalkulierbares Risiko"

22.11.2018 | Stand 23.09.2023, 5:03 Uhr

Manching (PK) Nach dem Aus für die Polder bei Bertoldsheim und bei Regensburg bekräftigt Manchings   Bürgermeister Herbert Nerb (FW) seine Forderung nach einem   generellen Umdenken beim Hochwasserschutz - gerade im Hinblick auf die PFC-Belastung durch den Flugplatz Manching. Statt Poldern plädiert er für dezentrale Lösungen.

Eine Kette von Poldern entlang der Donau sollte  verhindern, dass bei den immer häufiger werdenden extremen Hochwassern Städte wie etwa Deggendorf im Jahr 2013 regelrecht überschwemmt werden. So zumindest sah es in den vergangenen Jahren der Plan des Umweltministeriums vor. Doch nach der Landtagswahl wurden die Karten nicht zuletzt von den Freien Wählern neu gemischt. Das Ergebnis: Im Koalitionsvertrag wurde das Aus für die umstrittenen Polder in Bertoldsheim und bei Regensburg festgeschrieben.

Manchings Rathauschef sieht sich damit bestätigt. Denn Nerb hat nach eigenen Angaben bereits bei der Polder-Auftaktveranstaltung in Deggendorf, - nach dem extremen Hochwasser vom Juni 2013 mit der damaligen Umweltministerin Ulrike Scharf (CSU) - bei der alle Bürgermeister der Donau-Anliegergemeinden eingeladen waren, gefordert, statt riesiger Polder auf kleinere, dezentrale Lösungen zu setzen. Also Rückhaltebecken, wie es sie beispielsweise bereits im Donaumoos gibt, mit kleineren Dämmen und Wehren, die auch optisch nicht so hervorstechen. Wie Nerb sagt, sei er sich in dieser Sache einig mit dem früheren Landrat von Neuburg-Schrobenhausen und jetzigem Staatssekretär im Wirtschaftsministerium, Roland Weigert (FW). Er habe erst vor Kurzem bei einer Landesversammlung der Freien Wähler nochmals mit ihm darüber gesprochen.

Als Argument führt Nerb in erster Linie die Geografie ins Feld. Denn  die Brautlach und die Sandrach werden von den Gräben im Donaumoos gespeist. Hinzu kommt die 134 Kilometer lange Paar, die  immer wieder über die  Ufer tritt, wie etwa in den Jahren  1994, 2006 und 2013, als in Manching Pegelstände von 2,80 Metern und mehr gemessen wurden  - derzeit liegt der  Wasserstand bei einem halben Meter.  "Das kommt alles bei uns zusammen", betont Nerb, der von einem Einzugsgebiet von rund 750 Quadratkilometern spricht.

Nerb bezweifelt, ob hier riesige Polder eine Lösung sind. "Keiner weiß, ob Brunnengalerien und Polder funktionieren." Die Böden würden bei einer Flutung der Flächen geschädigt, und  man würde  große Dämme und Deiche sowie  enorme Pumpen zur Binnenentwässerung benötigen.  Ein- und Auslassbauwerke müssten außerdem mit der Paar verbunden respektive in die Deiche integriert werden. Der nutzbare Rückhalteraum für den Polder Großmehring beträgt nach Angaben des Wasserwirtschaftsamts  elf Millionen Kubikmeter, die  geflutete Fläche beträgt  480 Hektar. Die veranschlagten Investitionskosten lägen bei 40 Millionen Euro plus Unterhalt und Entschädigung im Flutungsfall. Der Polder Katzau würde  ein Volumen von 7,2 Millionen Kubikmetern umfassen. 

Und genau hier sieht Nerb ein neues Problem: "Wir haben jetzt auch noch die PFC-Belastung. Das ist ein unkalkulierbares Risiko." Der Manchinger Bürgermeister fordert, alle geplanten Polder im Hochwasserfall im Hinblick auf eine mögliche Kontamination mit PFC  nochmals zu überprüfen. Wie mehrfach berichtet,  sind Boden und Grundwasser in den Ortsteilen Westenhausen und Lindach durch den Einsatz PFC-haltiger Löschschäume  belastet.

Stattdessen setzt Nerb auf dezentrale Lösungen, ein Staustufenmanagement und auf die Renaturierung von Flüssen, was übrigens auch im Koalitionsvertrag im Kapitel "Nachhaltiges Bayern" angesprochen wird. "Das bringt genauso viel für den Hochwasserschutz", ist der Bürgermeister überzeugt. Jede betroffene Gemeinde, jede Gebietskörperschaft sollte eine gewisse Fläche dafür zur Verfügung stellen. Für den Markt hat Nerb auch schon ein Areal ins Auge gefasst. "Im Gemeindeholz bei der Kläranlage haben wir einige Hektar mehr Rückhaltefläche als wir für den Hochwasserschutz brauchen." Wie mehrfach berichtet, wird in Manching seit zwei Jahren daran gearbeitet. Elf Abschnitte sind vorgesehen: westliches Paarufer bis Trachtenheim, der Abschnitt bei Quickmix, Deich am Schillert, Anschlussbereich Urferbrücke an der Niederfelder Straße (wird bis Ende des Jahres fertig), rechte Paarseite bis Paarstraße, entlang der Paarstraße bis zur Kläranlage, Erhöhung des Damms beziehungsweise des Flurwegs, Wand und Geländemodellierung bei der Sternau, Urfer sowie der Retentionsraum im Gemeindeholz im Norden des Marktes.

Allerdings hat eine dezentrale Lösung, wie von Nerb und den Freien Wählern auf Landesebene favorisiert, auch Gegner. So haben jetzt mehrere einflussreiche CSU-Politiker aus Niederbayern den teilweisen Stopp des Polderprogramms kritisiert. 50 Millionen Quadratmeter und damit ein Drittel der bislang geplanten Polderfläche fiele damit weg. 

Bernhard Pehl