Rohrbach
Natürliche Kunst

Eine knorrige Weide und einen "Monsterstamm" pflegt Hans Dollinger als Treffpunkt an der Ilm

18.05.2018 | Stand 23.09.2023, 3:17 Uhr
Zum Ratschen und Klettern ist die gefallene Weide wie gemacht. Zwischen Ilm und Ilmkanal in Rohrbach hat Hans Dollinger die Naturschönheiten zu einem Kunstobjekt erhoben, das ganz von alleine wächst und gedeiht. −Foto: Foto: A. Ermert

Rohrbach (PK) Ein Kunstobjekt, das die Natur ganz von allein geschaffen hat, ist in Rohrbach an der alten Wehr zwischen dem Ilmkanal und der Ilm zu finden. Ein idyllisches Plätzchen hat sich die Natur dort ausgesucht für ihre Kunst, um sie im Wechsel der Jahreszeiten immer wieder neu zu präsentieren.

Eine riesige, knorrige Weide entfaltete dort mit den Jahren eine gewaltige, stark verzweigte Blätterkrone - und war schon immer eine Augenweide für die Spaziergänger. Für die Berufstätigen, die zum Zug eilten, Mütter die mit ihren Kindern spazieren gingen, Hausfrauen auf dem Weg zum Einkaufen. Doch zum Kunstwerk machte die Weide erst ein starker Sturm, der sich in der Krone verfing. Der Stamm hielt dem Druck nicht stand, spaltete sich und die Krone neigte sich zu Boden.

Und da kam ein echter Künstler ins Spiel. Hans Dollinger sah den Baum liegen. "Ich sagte mir, das ist ja wunderbar, das ist ein Geschenk, eine natürliche Beschattung unter der umgefallenen Kuppel", erinnert er sich. Und Arbeiter vom Bauhof lieferten dazu noch ein liegengebliebenes Monster von einem Baumstumpf an, das geradezu zum Klettern und Draufsitzen einlädt. "Und so hatten wir zwei wunderschöne Naturobjekte."

Dollinger hat - natürlich in Absprache mit Bürgermeister Peter Keck (SPD) - mit der Motorsäge ein paar Stufen in das Stammstück reingeschnitten. Jetzt kann man da wunderbar sitzen, die Seele baumeln lassen und dabei die Natur genießen. Wenn Spaziergänger vorbeikommen, führt das oft zu einem kleinen Ratsch. Und jeder kann seine Phantasie spielen lassen, was dieser Stamm darstellt. Vielleicht einen Walfisch, ein riesiges Krokodil? Oder einfach nur einen Baumstamm, der langsam vor sich hinrottet. "Mehr soll es auch nicht werden, ich werde keinen Drachen schnitzen. Denn die Natur hat das sehr gut gemacht -- und ich könnte nur etwas kaputtmachen", so Dollinger. Noch überlegt der Rohrbacher Künstler, ob er die Stufen vielleicht mit einem kräftigen Rot hervorheben oder der Natur weiterhin komplett freie Hand lassen soll.

Und wie wird dieses Naturkunstwerk angenommen? "Ich frage die Leute und habe bisher nur Positives gehört", erzählt Dollinger. Eine Spaziergängerin sagte zu ihm: "Ich find' es so schön, dass man das einfach so gelassen hat." Nicht nur die Kinder haben ihre Freude dran. Jung und Alt klettert in der Weide herum: "Es ist ein richtiger Treffpunkt geworden, dass ist eine schöne Sache." Der Platz wird respektiert, es liegt ganz wenig Müll rum, denn Hans Dollinger schaut auf dieses idyllische Fleckchen. Für ihn ist das Ensemble ein lebendiges Objekt, das man besteigen kann. Was auch gemacht wird. "Und wenn die Rinde abfällt, wenn man sich daran festhält oder wenn irgendein Ungeziefer rauskommt - dann ist das doch eine tolle Erfahrung für die Kinder."

Dollinger wünscht sich, dass man an dieses Naturkunstwerk in unserer immer korrekten, frisierten Landschaft einmal anders herangeht, die Natur einfach ruhen lässt - um zu sehen, wie sie sich entwickelt. Denn die umgefallene Weide wächst weiter, das Stammstück wird irgendwann vielleicht verrotten. Wenn es morsch ist, kommt es weg und man sucht nach was Neuem. "Es ist mir ein Anliegen, dass man dieses Objekt jetzt einfach so stehen lässt", sagt der Naturmensch Dollinger.

Anna Ermert